Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
Schoß. Sie blickte auf und lächelte. „Großartig, danke. Wir haben hier schon einmal ein verletztes Fohlen versorgt, und davon war noch Milchpulver übrig. Das habe ich angerührt und ihm gegeben. Es hat ordentlich getrunken und schläft nun.“
Sie hob eine Zweiliter-Plastikflasche hoch, über die sie einen Gummihandschuh gezogen hatte. Die Finger waren abgebunden, sodass der Daumen eine provisorische Zitze ergab.
Mak schüttelte nur den Kopf. Nach allem, was seit seiner Ankunft passiert war, kam es ihm kaum mehr verrückt vor, dass hier ein Jungkamel über einen Gummihandschuh gefüttert wurde.
„Sie sollten auch schlafen“, empfahl er Neena, obwohl er selbst kurz vorm Umfallen war. Doch das hätte er vor dieser energiegeladenen Frau nie zugegeben.
„Gleich. Gehen Sie ruhig ins Bett. Falls Sie Hunger haben, bedienen Sie sich im Kühlschrank. Sonst können Sie nicht einschlafen.“
„Und Sie?“
„Ich halte hier ein kleines Nickerchen. Das mache ich seit Beginn der Schwangerschaft. Ich kann überall eindösen. Und ich möchte nicht, dass Albert aufwacht, und keiner ist da.“
„Albert?“
Als sie ihn mit ihrem bezaubernden Lächeln ansah, verspürte Mak wieder dieses seltsame Ziehen tief in seinem Innern. Es hat nichts zu bedeuten, sagte er sich. Du bist einfach übermüdet!
„Ich finde, er hat so einen vornehmen Ausdruck, und Albert ist doch ein vornehmer Name, oder?“ Neena blickte auf das Tier hinunter. „Wenn Ned aufgestanden ist, kann er für ihn etwas zusammenbauen, so eine Art Futterautomaten, an dem Albert sich bedienen kann, wenn er Hunger hat. Bis dahin bleibe ich hier. Es gibt hier Stroh und Säcke, ich habe es also auf jeden Fall bequem.“
Was gab es da noch zu sagen? Er würde sie nicht umstimmen können, davon war Mak überzeugt. Also wandte er sich ab und ging. Doch das Bild von Neena Singh, wie sie auf dem Fußboden des Stalls saß, in zerknitterter, schmutziger Kleidung, mit zerzausten Strähnen, die sich aus ihrem blauschwarzen Haarzopf gelöst hatten, den Kopf des kleinen Kamels im Schoß … es ging ihm nicht mehr aus dem Sinn.
Vielleicht nie mehr?
Der Gedanke jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
Neena blickte Mak nach, ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. Ein Mann, der am frühen Morgen Informationen über Kamelmilch zusammentrug, obwohl er sich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten konnte, war bestimmt kein schlechter Mensch. Aber wenn sie nun doch Grund hatte, ihm zu misstrauen? Sie wollte sich – und ihr Baby – nicht von der besitzergreifenden Familie Cassimatis vereinnahmen lassen.
Sei vorsichtig, ermahnte sie sich. Lass dich nicht von ein paar netten Gesten blenden. Und doch erschienen ihr diese Gesten im Moment ungeheuer wichtig, so erschöpft und fertig, wie sie war.
Mit tränenverschleiertem Blick blickte sie auf das drollige Kamelfohlen hinunter und versuchte sich einzureden, dass an ihrer Gefühlsduseligkeit die Schwangerschaft schuld war.
Seufzend streckte sie sich und streichelte sanft ihren gewölbten Bauch. Leise sprach sie mit ihrem Baby, dachte daran, wie es wäre, eine richtige Familie zu haben. Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass jedes Kind eine Familie verdient hatte.
Aber Theos Familie?
Morgen ist auch noch ein Tag, dachte sie müde. Mak Stavrou würde für einen Monat hier sein. Bis er wieder abreiste, würde sie eine Lösung finden. Aber jetzt musste sie schlafen.
Doch jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, sah sie Maks Gesicht vor sich … die markanten Züge, die dichten schwarzen Augenbrauen über den grünbraunen Augen, die gerade Nase, den wohlgeformten Mund mit der vollen, sinnlichen Unterlippe.
„Ist das zu glauben?“, sagte sie zu dem schlafenden Kamelfohlen. „Im sechsten Monat schwanger und träumt von einem Fremden … einem von Hellenic Enterprises geschickten Fremden!“
Als hätte ihr einer nicht gereicht!
Schützend legte sie die Hände auf ihren Bauch. „Keine Sorge“, flüsterte sie. „Wir schaffen das schon. Zusammen sind wir stark.“ Da es sich leider nicht besonders überzeugend anhörte, fügte sie hinzu: „Und wenn nicht, haben wir immer noch Ned und alle eintausendvierhundertzweiundvierzig Einwohner von Wymaralong. Wer braucht da eine Familie?“
Und dann schlief sie endlich ein.
„Wie konnten Sie es zulassen, dass sie das Tier mit nach Hause bringt?“, schimpfte Ned, als Mak nach vier Stunden erfrischendem Schlaf hungrig wie ein Wolf die Küche betrat.
„Hätten Sie sie
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