Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
Birnen.
Da lächelte er, ein Lächeln, bei dem seine Augen aufleuchteten, sodass in ihrem Bauch Schmetterlinge tanzten. Hätte ich bloß nicht gefragt, dachte sie.
„Ich hatte dir doch erzählt, dass ich mich in der Küche auskenne.“ Er grinste.
„Das hast du“, brachte sie heraus und aß mit gesenktem Blick ihr Müsli.
„Was steht heute Aufregendes an?“, fragte er, und da musste sie ihn wieder ansehen.
„Das Gleiche wie immer. Ich würde dir gern sagen, dass der Donnerstag hier bei uns Abwechslung bietet, aber wie du selbst erkannt haben wirst, gibt es nur dann Abwechslung, wenn Notfälle eintreten, und davon hätte ich gern so wenig wie möglich.“
„In dem Fall mache ich heute keine Sprechstunde, sondern besuche die Ambulanzstation und fahre danach zur Baustelle. Ist das für dich in Ordnung?“
Nein, wollte sie protestieren und wunderte sich über sich selbst. Vorhin hatte ihr noch davor gegraut, in Maks Nähe sein zu müssen, und jetzt fand sie es viel schlimmer, ihn den ganzen Tag nicht zu sehen!
„Natürlich“, antwortete sie mit Verzögerung und hoffte, er würde sich nichts dabei denken.
Schweigend frühstückte sie zu Ende, stellte Becher und Teller in die Spülmaschine und ging ins Bad, um sich die Zähne zu putzen und etwas Lippenstift aufzulegen, ehe sie in die Praxis fuhr.
„Also, ich gehe jetzt“, rief sie vom Flur aus.
„Mach das“, sagte er nur. Die lässige Antwort traf sie wie ein Pfeil ins Herz.
Die Vertrautheit war verschwunden, hatte sich aufgelöst wie Wolkenfetzen in der Mittagshitze. Wie Theo war es Mak also nur darum gegangen, sie ins Bett zu bekommen. Tiefe Niedergeschlagenheit erfüllte sie plötzlich, doch dann fiel ihr Blick auf die weihnachtlich geschmückte Veranda, und sie schob die düstere Stimmung beiseite. Sie war eine starke, unabhängige Frau, auch wenn sie sich kurz hatte verleiten lassen, von Zweisamkeit und Nähe zu träumen. Weil ein Mann sie mit Küssen verführt hatte, so sinnlich, dass ihr bei dem Gedanken daran warm wurde.
Oder lag es an der Sommersonne, die auf ihrer Haut brannte und den Boden unter ihren Füßen erhitzte? Wenn ich mich beeile, kann ich noch im Krankenhaus vorbeischauen, bevor ich die Praxis öffne, dachte Neena, um sich abzulenken.
Als sie den Eingang erreichte, kam ihr eine Schwester aus Richtung des Seniorenheims entgegen. In dem Rollstuhl, den sie zur Notaufnahme schob, saß Maisie.
„Ich hatte bei Ihnen angerufen, aber nur Dr. Stavrou erreicht. Er meinte, Sie wären schon aus dem Haus, und da dachte ich mir, dass Sie vorbeikommen würden“, erklärte die Schwester.
Neena beugte sich bereits über Maisie und sprach ruhig mit ihr, während sie ihren Puls prüfte. Der alten Dame fiel das Atmen hörbar schwer.
„Darf ich dir wenigstens Sauerstoff geben?“, fragte Neena, und Maisie nickte schwach.
Sie brachten die alte Dame ins Krankenhaus und auf ein Zimmer, wo eine zweite Schwester half, Maisie ins Bett zu heben.
„Es ist Zeit für mich zu gehen, Neena“, flüsterte Maisie.
Neena drängte die aufsteigenden Tränen zurück. „Unsinn! Doch nicht vor Weihnachten, du würdest allen das Fest verderben. Und mein Baby … das musst du doch noch sehen.“
Maisie lächelte, schloss aber die Augen, und auch als Neena ihr einen Nasenschlauch legte, atmete sie zwar ein wenig freier, öffnete die Augen aber nicht wieder. Sie schien in den Schlaf zu gleiten, vielleicht war es auch ein leichtes Koma.
„Ich rufe Ned an, er ist draußen bei Wilf Harris“, sagte Neena. Sie strich sanft über Maisies Arm und verließ das Zimmer. Sosehr sie sich danach sehnte, ihr in den letzten Stunden die Hand zu halten, so hatte sie doch ihre Pflichten.
Ned versicherte ihr, so schnell wie möglich zu kommen. Kaum hatte sie aufgelegt, klingelte wieder das Telefon.
„Dr. Stavrou für dich“, sagte Lauren und reichte ihr den Hörer.
„Neena?“ Es klang vorsichtig. „Lauren hat mir von Maisie erzählt.“ Seine tiefe Stimme kam so klar durch die Leitung, als ob er neben ihr stehen würde. Sofort fing ihre Haut an zu prickeln. „Du möchtest bestimmt bei ihr bleiben. Ich übernehme die Sprechstunde. Zur Baustelle und zu den Sanitätern kann ich auch später noch.“
Ihr Hals war wie zugeschnürt, und es dauerte einen Moment, bis sie sprechen konnte. „Danke.“
„Das ist doch selbstverständlich“, erwiderte er in sachlichem Ton, sodass sie sich fragte, ob sein Angebot ihm nicht die willkommene Gelegenheit bot, ihr aus dem Weg
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