Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
zu gehen.
Sie kehrte zu Maisie zurück, setzte sich an ihr Bett und nahm ihre Hand. Dann redete sie mit ihr, erzählte von früher, von gemeinsamen Erlebnissen und schönen Momenten. Die ganze Zeit ließ sie Maisies Hand nicht los. Sie ahnte, dass die alte Frau sie wahrscheinlich gar nicht mehr hörte. Aber sie würde fühlen, dass sie bei ihr war.
„Du weißt, dass sie nicht will, dass du weinst.“ Ned hatte das Zimmer betreten.
Erst jetzt bemerkte Neena, dass ihr die Tränen über die Wangen liefen.
„Maisie hat mich immer weinen lassen. Das vertreibt den Schmerz, hat sie gesagt.“
Ned nickte nur, setzte sich an die andere Bettseite, gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange und sagte ihr auf seine knurrige Art, dass er da sei. Bald veränderte sich Maisies Atmung, und schließlich tat sie ihren letzten Atemzug.
„Sie war eine gute Frau, die beste“, sagte Ned leise und blickte Neena an. „Alles in Ordnung?“
Sie holte tief Luft und nickte. „Ich komme klar.“ Es war wie ein Versprechen, das sie sich selbst gab – und Maisie. Ihr Leben war ein bisschen aus der Spur geraten, es wurde Zeit, dass sie wieder Ordnung hineinbrachte. Maisie würde das auch so sehen. Sie hatte Neena schließlich gelehrt, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
„Ich kümmere mich um die Formalitäten“, ertönte eine vertraute männliche Stimme hinter ihr.
Neena fuhr herum und sah Mak an der Tür stehen. „Was machst du denn hier?“
„Ich hatte Lauren gebeten, mich zu informieren, wenn es so weit ist. Und keine Sorge, es ist Mittag, ich muss dafür keine Patienten warten lassen.“
Überwältigt vor Dankbarkeit brachte Neena keinen Ton heraus.
„Danke, Mak“, sagte Ned. „Komm, kleines Mädchen, ich bringe dich nach Hause.“
Diesmal schaffte Neena es, schwach zu lächeln. „So hast du mich schon lange nicht mehr genannt, Ned.“ Wieder liefen ihr die Tränen übers Gesicht. „Wenn ich mich richtig erinnere, hieß es in letzter Zeit eher dumme Frau .“
„Was auch stimmte“, erinnerte er sie und legte den Arm um sie, um sie wegzuführen. „Doch selbst Mum war der Meinung, dass jeder das Recht auf ein paar Dummheiten hat. So, nun komm.“
Zu Hause besprachen sie Maisies Wünsche. Sie wollte keine Beerdigung, keine Totenfeier, sondern nur eingeäschert werden, und ihre Asche sollte auf dem Hügel mit den Statuen verstreut werden.
„Wir werden dort Abschied von ihr nehmen“, erklärte Ned.
Und sie dachten an Maisie, redeten von ihr, der Frau, die sie beide großgezogen hatte. Als es dämmerte und die Schatten im Raum länger wurden, erinnerte Ned Neena daran, dass er Wilfs Tiere noch versorgen musste.
„Fahr nur.“
Der alte Mann zögerte und wirkte auf einmal seltsam unsicher. „Dieser Mak … Der stört dich doch nicht, oder?“
Fast hätte Neena laut gelacht. Stören? Als würde das auch nur annähernd beschreiben, was Mak mit ihr anstellte. Oh, er mochte sie necken, sie verführen, sie frustrieren und ihr Leben auf den Kopf stellen, aber stören?
„Nein, ganz bestimmt nicht“, antwortete sie.
Der Mann, der sie nicht störte, kam nach Hause, als Neena die letzte silberweiße Kugel in den Tannenbaum hängte, der, von der Straße gut sichtbar, im Erkerfenster des Wohnzimmers stand. Dort hatte Maisie ihn immer aufgestellt, und Neena setzte diese Tradition fort.
„Ich habe Pizza mitgebracht“, erklärte Mak. Ein verlockender Duft nach geschmolzenem Käse stieg Neena in die Nase. „Man hat mir versichert, dass du die mit Anchovis am liebsten magst.“
„Danke“, sagte sie leise. „Fürs Essen, für heute im Krankenhaus, und auch dafür, dass du meine Arbeit mit übernommen hast.“
„Keine Ursache“, wehrte er ab. „Dafür bin ich doch hier. Aber die Stadt braucht wirklich noch einen zweiten Arzt, selbst ohne die zusätzlichen Arbeiter auf der Baustelle. Was ist, wenn du mal Urlaub machen willst? Steht dann eine Praxisvertretung zur Verfügung? Oder übernimmt das jemand von den Fliegenden Ärzten?“
Er schien sich immer mehr aufzuregen, während er seine Fragen abschoss, aber Neena konnte nur mit dem Kopf schütteln.
„Können wir essen, während ich antworte?“
Einen Moment lang wirkte er verblüfft, fing sich jedoch schnell wieder. „Entschuldige, aber auch wenn es heute keinen einzigen Notfall gegeben hat, so wurde mir erst jetzt richtig bewusst, wie aufreibend es für dich sein muss, die Praxis allein zu führen. Und sobald das Baby da ist, wird es unmöglich
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