JULIA ARZTROMAN Band 26
auch Medizin studiert?“
Jemand tippte ihm auf die Schulter.
„Sekunde, Maggie“, sagte er und wandte sich um.
Der Mann hinter ihm blickte ihn verlegen an. „Doc, ich wollte Ihnen nur sagen, dass wir unsere Geräte abgeschaltet haben, damit Sie sich ungestört unterhalten können. Sie werden nur unterbrochen, wenn jemand von außen uns auf dieser Frequenz erreichen will, okay?“
„Danke.“ Adam hoffte, dass sein Gesicht im Schatten lag, damit der andere nicht sah, wie ihm das Blut ins Gesicht gestiegen war. „Ich werde jeden Funkruf an Sie weitergeben.“
„Oh, entschuldige, Adam.“ Maggie stöhnte auf. „Ich habe wirklich nicht daran gedacht, dass die ganze Welt zuhört. Ich wollte nur …“
„Sie hören nicht mehr zu“, erklärte er hastig, damit sie die Verbindung nicht wieder abbrach. „Wir sind unter uns. Du und ich allein, wie damals an einem Freitagnachmittag in der Bibliothek, weißt du noch?“
Ihr helles Lachen erinnerte ihn an die sechzehnjährige Maggie. „Bis der Rektor hereinkam und uns erwischte. Wenn du keine Kerzen angezündet hättest, hätte er nichts gemerkt.“
„Wir konnten deinen Geburtstag doch nicht feiern, ohne die Kerzen auf dem Kuchen anzuzünden.“ Adam wusste noch, wie ihn die Angst gepackt hatte, als er den Gesichtsausdruck des griesgrämigen Mannes sah. Er hatte fest damit gerechnet, dass er von der Schule fliegen würde. Und das kurz vor dem Abitur.
Dann hatte Maggie, seine unerschrockene Maggie, mit ihrer zarten Mädchenstimme gefragt: „Möchten Sie ein Stück von meinem Geburtstagskuchen, Sir? Er ist aus Schokolade, mit echtem Schokoguss.“
Aus dem Funkgerät kamen genau dieselben Worte, und Adam lachte laut auf. „Nur du konntest es wagen, dem alten Drachen ein Stück Kuchen anzubieten, wenn er drauf und dran war, Feuer zu speien.“
„Mr. Pendragon war eine Naschkatze, die keinem Stück Schokolade widerstehen konnte.“
„Das habe ich gesehen. Fast die Hälfte hat er allein gegessen, und der Kuchen sollte doch für dich sein.“
„Die Geste zählt, Adam“, sagte sie sanft, und ihre Worte gingen im Knacken des Funkgeräts beinahe unter. „Mum war furchtbar traurig, dass sie an meinem Geburtstag bis spätabends arbeiten musste. Ich hätte mir aber nie träumen lassen, dass du deshalb in der großen Pause zum Bäcker gehen und einen Kuchen für mich in die Bibliothek schmuggeln würdest.“
Er war selbst überrascht gewesen. Aus den höheren Klassen wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, für eine sechzehnjährige Mitschülerin Kuchen zu kaufen. Geschweige denn, sich mit ihr zum Lernen in der Bibliothek zu treffen, wenn er den unterrichtsfreien Nachmittag hätte nutzen können, um früher ins Wochenende zu starten.
Doch es gab etwas, was seine hormongesteuerten Klassenkameraden bestimmt interessiert hätte. An ihrem sechzehnten Geburtstag, im Schatten der hintersten Regalreihen der Schulbibliothek, fand Adam heraus, wie Maggie Pascoe küsste.
„Es war mein erster Kuss“, sagte sie da. Anscheinend hatte sie denselben Gedanken gehabt wie er.
Sie war so jung und unschuldig gewesen, als er sie kennenlernte. Mit ihrem lebhaften, fröhlichen Wesen hatte sie ihn auf Anhieb verzaubert. Nun war sie sechzehn geworden und kein kleines Mädchen mehr. Natürlich erwartete Adam ein bisschen mehr als einen kurzen Kuss mit spitzen Lippen.
Was dann geschah, hätte er sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen ausgemalt. Ihre Lippen waren weich und süß, und sie presste sie mit einer Inbrunst auf seine, dass ihm heiß wurde. Er spürte, wie sie die Arme um ihn schlang und ihren schlanken Körper an seinen schmiegte.
Es hatte ihn sämtliche Willenskraft gekostet, seine Erregung zu beherrschen und nicht noch einen Schritt weiterzugehen. Als direkt über ihren Köpfen die Pausenglocke schrillte, bedauerte sein Körper das Ende der verführerischen Liebkosung, aber sein Verstand war erleichtert.
Zu Hause duschte er erst einmal eiskalt und nahm sich fest vor, Maggie nicht zu bedrängen. Und wenn er sich unter der Dusche Frostbeulen holen sollte. Nur weil er älter war, durfte er von ihr keine Intimitäten erwarten, zu denen sie im Grunde noch nicht bereit war. Küsse und Umarmungen mussten genügen, bis sie ihm zeigte, dass sie mehr wollte.
Beide ahnten nicht, dass innerhalb eines Jahres alles anders werden würde. Das milde Klima an Cornwalls Küste bescherte ihnen einen herrlichen Sommer, und sie verbrachten jede freie Minute miteinander. Sie
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