Julia Arztroman Band 62
schön.“ Er stellte das Tablett zwischen sie beide und reichte Paige ein Glas Wein. „Willst du ihr sagen, wer ich bin?“
Mechanisch nahm sie das Glas. Ein durchaus sinnvoller Vorschlag. Eigentlich hatte sie McKenzie erst beim Schlafengehen erzählen wollen, dass nicht Dr. Harry ihre Operation durchführen würde. Doch da McKenzie offensichtlich sehr von Valentino angetan war, schien jetzt ein guter Zeitpunkt zu sein.
„McKenzie?“ Paige berührte ihre Tochter am Arm. „Das hier ist Dr. Lombardi.“
McKenzie sah ihn an.
„Valentino“, ergänzte er, wobei er die entsprechenden Buchstaben formte.
„Dr. Valentino“, korrigierte Paige gereizt. „Dr. Harry musste zu seinem Enkelsohn, weil der sehr krank ist. Deshalb kann er die Operation nicht machen. Stattdessen wird Dr. Valentino die Operation machen.“
McKenzie schaute von ihrer Mutter zu Valentino und wieder zurück. „Dr. Valentino macht, dass ich hören kann?“
Er warf einen Seitenblick auf Paige, die zuversichtlich nickte, obwohl er ihr die Sorge anmerkte. „Ja.“
McKenzie drehte sich zu ihm und sah ihn mit ihren großen blauen Augen ernst an. Nach einem Moment wandte sie sich wieder ihrer Mutter zu. „Okay“, formte sie mit ihren Fingern und nahm sich dann ein Stück Baguette.
Paige war verblüfft. Dass es so leicht werden würde, hätte sie nicht gedacht. McKenzie liebte Harry. Sie vertraute ihm. Seit ihrer Diagnose auf der Neugeborenen-Intensivstation vor über drei Jahren war er ihr Facharzt, und sie freute sich immer, wenn er sie im Krankenhaus besuchte. Paige begegnete dem Blick von Valentino, der ihr sein schönstes Grübchen-Lächeln schenkte.
Sie verspürte ein merkwürdiges Gefühl im Magen. Sollte es wirklich so einfach sein?
McKenzie zog sie am Arm. „Kann ich die ‚Wiggles‘ anschauen?“, gebärdete sie. Das war eine Kindersendung, die sie gerne mochte.
Paige nickte. „Na klar.“
Die Kleine krabbelte vom Stuhl, und Paige ging mit ihr ins Wohnzimmer, um die DVD einzulegen. Sie war heilfroh über die Spezial-DVDs der „Wiggles“ für gehörlose Kinder, bei denen unten auf dem Bildschirm ein Übersetzer für die australische Gebärdensprache „Auslan“ eingeblendet war.
McKenzies blonde Locken wippten, als sie über etwas lachte, was der rote Wiggle gesagt hatte, und Paige lächelte. Doch hinter ihrem Lächeln lag eine tiefe Traurigkeit darüber, dass McKenzie nicht einmal ihr eigenes Lachen hören konnte. Nur der Gedanke an den morgigen Tag, an dem ein ganz neues Kapitel beginnen würde, riss sie aus ihrer düsteren Stimmung.
Paige kam auf die Terrasse zurück, setzte sich und trank geistesabwesend einen Schluck aus ihrem Weinglas. Valentino hatte einen trockenen Pinot Grigio ausgewählt, der wie er selbst aus einer Region in der Nähe seines Geburtsortes in Norditalien stammte. Aber in Paiges Miene ließ nichts darauf schließen, dass sie die wunderbare frische Geschmacksnote des Weins überhaupt wahrnahm.
Valentino hielt sich den Teller mit den Oliven unter die Nase und atmete tief ein. „Mm. Riechen die nicht einfach herrlich?“
Ohne großes Interesse blickte Paige auf den Teller. „Ich hab keinen Hunger“, meinte sie abwehrend.
Er lächelte. Es würde sicher Spaß machen, ihren Appetit wieder zum Leben zu erwecken. „Wer behauptet denn, dass man zum Essen hungrig sein muss?“ Er nahm eine ölglänzende, mit Schafskäse gefüllte Olive und steckte sie sich in den Mund. „Essen sollte Genuss sein, Bella . Keine Überwindung.“
Paige beobachtete, wie die Olive zwischen seinen vollen Lippen verschwand und einen kleinen Fleck darauf hinterließ. Ein faszinierender Anblick.
„Probier mal eine“, forderte Valentino sie auf.
Auf einmal wusste Paige, wie Adam sich gefühlt haben musste, als Eva ihm den Apfel präsentierte. „Wenn ich es tue, gehst du dann?“
Er lachte. „Bald.“ Aufmunternd schob er ihr den Teller herüber.
Entnervt verdrehte sie die Augen. Aber alles, was dabei half, ihn und seine verflixten Grübchen aus ihrem Haus zu kriegen, war einen Versuch wert. Sie suchte sich eine Olive derselben Sorte aus, steckte sie in den Mund und kaute zweimal. „Zufrieden?“
„Ts ts“, machte Valentino tadelnd. „Du musst sie genießen, Bella . Das Aroma inhalieren.“ Er nahm eine Olive und sog deren Duft ein. „Roll sie im Mund herum.“ Mit einem zufriedenen „Pfft“ saugte er die Olive ein. „Behalte sie auf der Zunge.“ Er schloss die Augen, während das salzige Aroma seine
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