Julia Arztroman Band 62
weiche Rundung ihrer Brust unter ihrem schlichten T-Shirt. Sie trug keinen BH. „Du willst es doch.“
So aus der Nähe sah er noch besser aus, und sein Duft war einfach göttlich. Dennoch legte Paige den Stift hin und setzte eine gelangweilte Miene auf. „Ich erwarte nicht von dir, dass du das verstehst. Es ist eben deine Art, jede Nacht mit einer anderen Frau zu verbringen. Aber ich bin Mutter. Am Ende eines Arbeitstages gehe ich nach Hause zu meinem Kind. Ich freue mich darauf, so wie alle Eltern.“
Valentino runzelte die Stirn. Paige irrte sich. Er verstand sie sehr wohl. Einmal, vor langer Zeit, hatte es ein Mädchen gegeben. Und für kurze Zeit auch ein Baby.
Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie du willst.“
Sie nickte. Seine Grübchen und die lässige Haltung waren plötzlich verschwunden, und sein Gesichtsausdruck hatte sich verdüstert. Das wirkte dunkel und sexy zugleich. Als sich das Schweigen zwischen ihnen dehnte, fragte sie spitz: „Musst du nicht los?“
„Ich wollte fragen, ob du dir noch einmal Gedanken wegen McKenzies Operation gemacht hast.“
Paige hatte den ganzen Tag an kaum etwas anderes gedacht. Sie konnte die Operation nicht noch einmal verschieben, nur wegen einer solchen Lappalie im Vergleich zur Taubheit ihrer Tochter. Noch dazu, wenn ihr ein erstklassiger Chirurg zur Verfügung stand.
Trotzdem fiel es ihr schwer, sich zu überwinden. Denn ihr Stolz war das Einzige, was ihr im Moment noch blieb. „Ja“, antwortete sie gepresst. „Ich werde sie nicht absagen.“
Valentino merkte, welche Überwindung es sie kostete, das zu sagen. „Gut. Dann sehen wir uns wohl Montagmorgen.“ Er wandte sich zum Gehen.
„Warte.“
Er drehte sich wieder um.
Paige war aufgestanden und sah ihn mit einem flehenden Ausdruck in den Augen an. „Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.“
Valentino spürte, wie unbehaglich sie sich dabei fühlte. „Okay.“
„Ich will mit im OP sein. Bei McKenzie.“
Er suchte nach den richtigen Worten, um seine Weigerung etwas abzumildern. „Paige …“
„Ich will mich nicht einmischen oder so. Nur in ihrer Nähe sein.“
Forschend schaute er in ihre großen grauen Augen, in denen Angst und Sorge geschrieben standen. „ Bella , du weißt genau, dass ich das nicht erlauben darf.“
Paige schloss die Augen. Das war so unfair. Harry hätte es ihr bestimmt gestattet. Sie stand kurz davor, in Tränen auszubrechen. Aber sie war fest entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen. „Nenn mich nicht Bella .“
„Am Montag braucht McKenzie dich als Mutter“, entgegnete er.
„Harry hätte es erlaubt“, erklärte sie herausfordernd.
„Nein, das glaube ich kaum.“
Sie sah ihn an. „Bitte.“
Am liebsten hätte Valentino sie in seine Arme genommen, aber sein Mitleid hätte sie sicher nicht gewollt. Deshalb blieb er, wo er war. „Vertraust du mir nicht?“
Paige bemühte sich, den dicken Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken. „Doch, natürlich.“ Bei Valentino war McKenzie in guten Händen, das wusste sie. Aber noch nie hatte sie ihre Tochter im Krankenhaus alleingelassen. Sie waren immer gemeinsam durch alle Höhen und Tiefen gegangen.
„Dann lass mich meine Arbeit tun. Und wenn ich fertig bin, kannst du deinen Job machen.“
Zu ihrem Schrecken rollte ihr eine Träne über die Wange. Schon lange nicht mehr hatte sie sich einem Mann so ausgeliefert gefühlt. Nicht seit Arnie.
Valentino kam auf sie zu. „Paige.“
Ärgerlich wischte sie sich die Träne ab und hielt die Hände hoch, um ihn abzuwehren. „Geh. Verdammt noch mal. Geh einfach.“
Abrupt hielt er inne. Es war eindeutig, dass sie sich nur mit Mühe aufrecht hielt, und vor ihm zusammenzubrechen war sicher das Letzte, was sie wollte.
Er nickte. „Wir sehen uns am Montag.“
Paige wartete, bis er gegangen war, bevor sie auf ihren Stuhl zurücksank und in Tränen ausbrach.
3. KAPITEL
Paige und McKenzie beschäftigten sich gerade mit Fingermalerei, als es am Sonntagnachmittag an der Tür klingelte.
Wer konnte das denn sein?
Abgesehen von ihren Eltern, die vor ein paar Stunden gegangen waren, bekam Paige so gut wie nie Besuch. Falls jemand kommen wollte, musste sie vorher Bescheid wissen. Selbst Nat meldete sich telefonisch an, ehe sie Giuliano zum Spielen brachte.
Paige versuchte, die Zahl der Besucher so weit wie möglich zu kontrollieren, ohne ihre Tochter zu einer Gefangenen zu machen. Je mehr Außenkontakte, desto größer war jedoch das Risiko für
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