Julia Arztroman Band 62
Geschmacksknospen anregte.
Als er die Augen wieder öffnete, sah er, dass Paiges Blick auf seinen Mund geheftet war. Die schwarzen Pupillen in den Tiefen ihrer grauen Augen hatten sich geweitet, und plötzlich hatte er Mühe zu atmen.
Valentino schob den Teller weiter zu ihr hin.
Paige schüttelte den Kopf. „Kommandierst du andere immer so herum?“
Er schaute ihr in die Augen. „Du bist schön, aber du musst mehr essen.“
Sie senkte den Blick auf die Oliven. Das Kompliment machte sie verlegen. Schon seit Ewigkeiten hatte sie sich nicht mehr schön gefühlt. „Ich habe einfach keinen Hunger mehr seit …“ Sie brach ab.
Valentino vermutete, dass Paige seinen Verlust vor langer Zeit vielleicht nur als kleines Tief bezeichnen würde. Er hatte sich damals mit Wein, Weib und Gesang betäubt. Trotzdem konnte er verstehen, wie sie sich fühlte. „Seit deine Tochter gestorben ist“, ergänzte er.
Paige nickte langsam und schaute wieder auf. „Alessandro?“
„Er hat es erwähnt.“
Valentino wirkte so einfühlsam, seine dunklen Augen weich wie Samt. Als wüsste er … Aber woher sollte er? „Ich hätte nicht gedacht, dass du es verstehst.“
„Ein bisschen schon.“
Er hielt ihren Blick sekundenlang fest, ehe er auf den Teller sah und eine weitere Olive nahm. „Bei der musst du vorsichtig sein, die ist nicht entsteint.“ Leicht strich er Paige damit über die Lippen. „Lass dich von der Schlichtheit nicht täuschen. Der buttrige Geschmack ist sensationell. Cremig. Verführerisch.“
Ohne zu protestieren, saugte sie die Olive in den Mund. Dann fing sie an zu kauen, doch Valentino legte ihr den Finger an die Lippen. „Nein. Nicht. Das ist kein Popcorn. Behalte sie im Mund, nimm das Aroma auf. Roll sie herum, und sag mir, was du dabei schmeckst.“
Paige wich leicht zurück. „Es ist doch bloß Essen.“ Achselzuckend fügte sie hinzu: „Es schmeckt wie etwas zu essen.“
Er seufzte kopfschüttelnd. „Mach die Augen zu.“
„Was? Nein.“
Am liebsten hätte er sie geschüttelt. „Mach einfach die Augen zu.“ Er legte ihr die Hand auf die Lider.
Paige hätte ihm zu gern gesagt, dass er verschwinden sollte. Aber seine vom Olivenöl fettig-feuchten Finger dufteten unglaublich lecker.
„Jetzt sag mir, was du schmeckst“, forderte er sie auf.
Da sie wusste, dass er nicht lockerlassen würde, konzentrierte sie sich auf die Olive. Sie schob sie sich auf die Zunge, wie er gesagt hatte, und achtete auf den Geschmack. „Salzig, aber weich. So wie dicker Schmand.“ Von sich selbst überrascht, öffnete sie die Augen.
Valentino lächelte. „Das ist die richtige Einstellung.“ Sofort hielt er ihr eine andere Olive hin, diesmal eine schwarze Kalamata-Olive in Kräutermarinade. „Was ist mit der hier?“
Wieder schloss Paige die Augen und atmete den Geruch ein. Welches Gewürz war das? Rosmarin? Auf einmal knurrte ihr der Magen.
Valentino schob ihr die Olive zwischen die halb geöffneten Lippen. Dabei breitete sich unwillkürlich ein Hitzegefühl in seinem Unterleib aus. Das Öl befeuchtete Paiges Lippen, und er musste den Impuls unterdrücken, der Spur der Olive mit seinem Mund zu folgen.
Paige biss in das Olivenfleisch und stieß ein leises „Oh!“ aus, als die grandiose Mischung verschiedenster Aromen ihren Gaumen traf. Rosmarin, Schnittlauch und noch irgendetwas Würzigeres. Sie machte die Augen auf. Valentino war ganz nah.
„Mm.“ Als sie sich die Lippen leckte, entfaltete sich das ganze Aroma noch einmal. „Das ist gut.“
Valentino stockte der Atem. Sie hatte ja keine Ahnung. Nur zu gern hätte er ihr das Olivenöl vom Mund geküsst. Ihre Blicke begegneten sich, und plötzlich war die Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht wieder da.
„Das ist noch gar nichts“, meinte Valentino. „Du musst mal diesen Camembert probieren. Er ist fantastisch. So sahnig und gehaltvoll.“
Er strich den Käse dick auf ein Stück Baguette und reichte es ihr. „Wusstest du, dass man Käse nie auf Kräckern servieren sollte? Man muss ihn immer mit Brot essen.“
Hungrig nahm Paige das Stück entgegen und aß einen Bissen.
„Denk dran: langsam“, sagte Valentino. „Lass ihn auf der Zunge schmelzen.“ Aufmerksam beobachtete er sie.
Als sie flüchtig die Augen schloss, lachte er. „Gut, stimmt’s?“ Dann machte er sich selbst ein Stück Brot zurecht. „Der Geschmack ist geradezu berauschend, oder?“
Sie musste ihm zustimmen. Berauschend. Ja. So wie er. Aber dennoch war ihr bewusst, dass
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