Julia Arztroman Band 62
Uhr wurde Lily müde. Sie hatte sich nach dem Essen auf dem Spielplatz noch einmal richtig ausgetobt, und Marco wusste, dass der Klang ihres fröhlichen Lachens sich für immer in sein Herz eingebrannt hatte. Dieser Nachmittag war eine Erinnerung, die ihm niemand mehr nehmen konnte, ein Meilenstein in seinem Leben.
Dabei war es nicht nur Lily, die diesen Tag so besonders gemacht hatte, sondern auch Gina. Sie hatte ihm mehr Freiheiten mit Lily gestattet, als er zu hoffen gewagt hatte. Sie hatte zugelassen, dass er mit Lily schaukelte und mit ihr Karussell fuhr – eben all die Dinge, die ein richtiger Vater so tat. Plötzlich befiel ihn ein Gefühl ungeheurer Dankbarkeit, dass sie ihm dieses Treffen so leicht gemacht hatte. Er wandte sich ihr zu und sah die Frage in ihrem Blick, als er den Buggy, den er schob, unvermittelt zum Stehen brachte.
„Ich möchte dir für diesen Tag danken, Gina.“ Zärtlich betrachtete er seine schlafende Tochter. „Es war falsch von mir, dir vorzuwerfen, du würdest Lily gegen mich einnehmen, denn das hast du heute wirklich nicht getan.“
„Ich will nur, dass sie glücklich ist. Das ist mein einziges Ziel, Marco.“
„Das verstehe ich.“ Er beugte sich zu Gina, drückte ihr spontan einen Kuss auf die Wange und spürte, wie sein Puls sich beschleunigte. Nur widerwillig rief er sich zur Vernunft. Der Tag war so gut verlaufen. Es wäre ein Fehler, Gina zu verunsichern, indem er sie spüren ließ, was er für sie empfand.
Unwillkürlich hielt er die Luft an, als er bemerkte, wie stark seine Gefühle für sie waren … Dass er sie immer noch genauso begehrte wie vor drei Jahren. Abrupt richtete er sich auf und zwang eine Leichtigkeit in seine Stimme, von der er hoffte, dass sie seine Gefühle verbarg. Er konnte ihre Affäre nicht wiederaufleben lassen. Selbst wenn sie ihn auch wollte, was er bezweifelte, konnte er das Risiko nicht eingehen.
„Ich glaube, ich lasse euch jetzt nach Hause gehen. Mir scheint, die Kleine wird heute Nacht gut schlafen.“
„Da bin ich mir ganz sicher“, erwiderte Gina mit einem kurzen Lächeln und ging weiter. Am Ausgang des Parks blieb sie stehen. „Wir nehmen die U-Bahn, deshalb verabschieden wir uns hier von dir. Vielen Dank für das Mittagessen. Das war sehr nett von dir.“
„Ich danke dir, dass du diesem Treffen zugestimmt hast“, sagte er förmlich, beugte sich über die schlafende Lily und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. „ Ciao, tesoro, mein Herzblatt. Bis bald“, flüsterte er und fühlte sich merkwürdig verlassen, jetzt, da die Zeit des Abschieds gekommen war. „Ich hoffe, wir können das bald einmal wiederholen. Ich habe den Tag sehr genossen, Gina.“
„Lily auch, denke ich.“ Gina lächelte ihn an, dann schob sie den Buggy durch das Tor. Ohne sich noch einmal umzublicken, ging sie davon.
Mit einem Gefühl der Enttäuschung trat auch Marco den Heimweg an. Was machte es schon, dass Gina ihm keinen Hinweis darauf gegeben hatte, ob auch ihr dieser Tag Spaß gemacht hatte? Zumindest hatte sie die Möglichkeit einer Wiederholung nicht ausgeschlossen, und das war das Wichtigste. Er konnte nun wirklich nicht erwarten, dass sie davon begeistert war, ihre Freizeit mit ihm zu verbringen. Nicht, nachdem er sie damals so plötzlich verlassen hatte.
Er seufzte. Vermutlich hatte sie genauso viel Angst vor ihm wie er vor ihr, wenn auch aus anderen Gründen.
8. KAPITEL
Gina hatte die nächsten zwei Tage frei. Sie würde Marco erst Mitte der Woche wiedersehen, worüber sie froh war. Viel zu oft dachte sie an den Tag im Park zurück, den sie wie eine ganz normale Familie verbracht hatten. Und obwohl ihr dieses Bild gefiel, wusste sie, dass es trog. Sie und Marco mochten ja Lilys Eltern sein, doch abgesehen davon gab es nichts, was sie verband. So schnell, wie Marco in ihr Leben getreten war, konnte er auch wieder verschwinden, und darauf musste sie vorbereitet sein.
Als Gina am Dienstagabend ihren Dienst antrat, machte Schwester Eileen Thomas gerade die Übergabe. „Puh, bin ich froh, dass ich für heute fertig bin. Über Langeweile haben wir uns hier ja nie zu beklagen, aber das momentane Bettenproblem hält uns noch zusätzlich auf Trab.“
„Weiß man schon, wie lange die Reparaturen dauern?“, erkundigte sich Gina.
„Offenbar gibt es ein Problem mit dem Hauptdach“, erklärte Eileen und griff nach ihrer Tasche. „Wenn das Dach erneuert werden muss, kann sich das noch ewig hinziehen.“
„Na, prima“, seufzte Gina,
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