Julia Bestseller Band 142
behandelt werden. Ich werde mal sehen, ob einer der Ärzte frei ist.“
Einige Minuten später kam Ian in Hollys Sprechzimmer und fragte, wo das Problem liege. Holly erklärte ihm die Symptome und schlug vor, ihr Antibiotika zu geben.
Nachdem Ian Helens Ohr untersucht hatte, stimmte er Hollys Vorschlag zu und unterschrieb das vorbereitete Rezept. Der Mutter riet er, eine Wärmflasche in ein weiches Handtuch zu wickeln und sie an das kranke Ohr zu halten. „Helen wird das mögen“, sagte er, „und wenn es in zwei Tagen nicht besser wird, dann kommen Sie bitte wieder her!“
Alison bedankte sich und ging davon, doch Ian blieb in Hollys Zimmer stehen.
„Sie sehen blass aus, Holly“, bemerkte er. „Wollen Sie mir nicht sagen, was Sie bedrückt?“
Holly errötete. „Ich weiß nicht, was Sie meinen.“
„Warum möchten Sie denn am Donnerstag freihaben?“, fragte Ian.
Holly wusste nicht, was sie antworten sollte. Immerhin war Ian der oberste Chef. Aber dann rückte sie doch mit der Sprache heraus. „Es tut mir leid, dass ich Ihnen das antun muss, aber ich bin zu einem Vorstellungsgespräch gebeten worden.“
„Ich verstehe. Weiß Mark davon?“
Holly schüttelte den Kopf. „Nein. Noch nicht.“
„Haben Sie denn Probleme miteinander? Ich will mich nicht einmischen, aber ich habe schon seit einiger Zeit bemerkt, dass es Spannungen zwischen Ihnen gibt.“
Holly nickte nur. Sie wagte nicht zu sprechen aus Angst, dass sie in Tränen ausbrechen könnte.
„Lieben Sie ihn noch?“
„Von ganzem Herzen“, antwortete Holly.
„Und wann haben Sie ihm das zum letzten Mal gesagt?“
Holly sah ihn nur an, kein Wort kam ihr über die Lippen.
„Holly, ich weiß nicht, was zwischen Ihnen vorgefallen ist“, sagte Ian, „doch eines weiß ich in meinem Alter mit Gewissheit: Nichts wird jemals durch Davonlaufen gewonnen. Sprechen Sie sich mit Mark aus! Sagen Sie ihm genau, was Sie fühlen, dann kann es kein Missverständnis zwischen Ihnen geben! Wenn die Dinge sich nicht wieder zusammenfügen lassen, dann muss man es dabei belassen, aber dann weiß jeder von Ihnen den Grund der Entfremdung.“
Holly sollte Mark sagen, was sie fühle? Dann müsste sie ja eingestehen, dass sie ihn liebe, und genau das hatte sie ihm ja von Anfang an verschwiegen. Aber warum sollte sie es ihm nicht sagen? Das würde zumindest Klarheit zwischen ihnen schaffen. Was hatte sie denn zu verlieren?
Als Mark an diesem Abend nach Hause kam, spürte Holly auf den ersten Blick, dass etwas nicht stimmte.
„Was zum Teufel ist los?“, fragte er, während er unruhig auf dem Balkon auf- und abging.
„Was soll los sein?“
„Ian hat mir erzählt, dass du von hier weg willst. Du hast ein Vorstellungsgespräch in einer anderen Praxis.“
„Ian hatte nicht das Recht, dir das zu sagen“, bemerkte Holly.
„Holly, hier giltst du als meine Verlobte. Er hatte also durchaus das Recht dazu.“
„Ich dachte, es wäre Zeit, das Schauspiel zu beenden“, erwiderte Holly ruhig.
„Wir haben unsere Rollen anscheinend so überzeugend gespielt, dass alle nur darauf warten, uns zu verheiraten. Ian fragte mich, wie ich ein Mädchen wie dich laufen lassen könne. Warum tun wir das also? Warum bewirbst du dich um einen anderen Job?“
„Ich dachte, ich mache es leichter für dich. Du brauchst keine Verlobte mehr. Wir haben erreicht, was wir erreichen wollten. Und jetzt ist es vorbei damit.“
„Aber wir brauchen immer noch eine Praxisschwester …“
„Das muss ja nicht ich sein. Praxisschwestern gibt es wie Sand am Meer. Du wirst eine neue finden.“
„Aber ich will keine neue finden.“ Plötzlich wirkte Mark unendlich müde, und Holly fragte sich, warum er sich so schwer mit diesem Problem tat.
„Ich kann nicht bleiben, das steht außer Frage.“
Mark ging auf sie zu und drehte sie zu sich um. „Wegen der Nacht, die wir zusammen verbracht haben?“
„Nein, nicht nur deswegen.“
„Warum dann?“
„Weil sich zwischen uns alles verändert hat, und das kann ich nicht ertragen. Wir waren so viele Jahre lang gute Freunde, Mark, und jetzt kannst du es nicht einmal ertragen, dich im gleichen Zimmer mit mir aufzuhalten.“
„Das ist doch nicht wahr!“
„Wenn ich einen Raum betrete, gehst du hinaus. Du bleibst bis tief in die Nacht in der Praxis. Jede freie Minute verbringst du auf dem Segelboot. Wir gehen nie mehr miteinander aus. So kann ich nicht weiterleben.“
„Und was wird aus unserer Freundschaft?“
„Ich weiß es nicht.
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