Julia Bestseller Band 142
bereitete Grace Unbehagen. Andererseits war sie Rafaels vermeintlich doppeldeutigen Wortspielen schon seit der Ankunft ausgesetzt. Vielleicht irrte Grace sich. Sie nickte nur und zeigte mit einem warmen Lächeln, dass sie sich ebenfalls freute.
Das brasilianische Paar führte sie unter eine Baumgruppe und sprach dabei auf Portugiesisch auf sie ein. Hilfe suchend wandte Grace sich an Rafael. Dabei versuchte sie zu ignorieren, wie sich seine Muskeln unter dem feuchten T-Shirt abzeichneten.
„Der Kaffee wird im Schatten des Waldes angebaut“, übersetzte Rafael. „Auf diese Weise wird der Dschungel nicht zerstört. Die Bäume geben Stickstoff in den Boden ab, darum gedeihen die Kaffeepflanzen besonders gut. Außerdem verhindern die Bäume eine Erosion und schützen den empfindlichen Kaffee vor dem extremen Wetter. Dadurch erhöht sich der natürliche Zuckeranteil in der Bohne, und der Geschmack verbessert sich.“
„Und die abgestorbenen Blätter versorgen die Pflanzen mit Nährstoffen und halten die Feuchtigkeit im Boden.“ Grace lächelte und nickte. „Bitte sag ihr, dass ich die Vorteile dieser Anbaumethode kenne. In jedem Café gibt es eine Wand, die darüber informiert. Die Menschen genießen ihre Tasse Kaffee, weil sie wissen, dass sie damit ein Stück Regenwald schützen.“
„Ein marketingtechnischer Geniestreich, da bin ich mir sicher.“ Kurz blitzten Rafaels Augen verächtlich auf, dann sprach er wieder mit der Frau. Sie antwortete mit weit ausholenden Gesten. Ihre Stimme wurde lauter, doch plötzlich hielt sie sich erschrocken eine Hand vor den Mund und schüttelte den Kopf. Tränen schimmerten in ihren dunklen Augen.
„Was ist los?“, fragte Grace zutiefst besorgt. „Was geht hier vor sich?“
Nachdem sie ihrem Ehemann einen entschlossenen Blick zugeworfen hatte, trat Filomena vor. „Você toma um cafezinho?“
Cafezinho war das portugiesische Wort für Kaffee, das wusste Grace. Sie nickte begeistert. „Lädt sie mich ein, den Kaffee zu probieren?“, fragte sie Rafael.
„Sie bietet dir ihre Gastfreundschaft an.“ Im Sonnenlicht glänzten seine schwarzen Haare, er hatte die Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst. „Unter den gegebenen Umständen ist das mehr, als du verdienst.“
Mehr, als sie verdiente? „Welche Umstände? Warum ist sie so aufgeregt?“
„Sie bietet dir Gastfreundschaft – in der Hoffnung, du zahlst sie ihr mit Ehrlichkeit zurück.“ In seinen Augen spiegelte sich kaum verhohlene Wut. „Das Spiel ist aus, Miss Thacker.“
Spiel? Was für ein Spiel? Doch ihr blieb keine Zeit zu fragen, denn er begleitete Filomena und Carlos bereits zu einem der Häuser. Grace blieb nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen.
Entnervt von ihren vergeblichen Versuchen, Rafaels Kommentare zu verstehen, wandte sie ihre Aufmerksamkeit der üppig wachsenden Natur zu. Überrascht entdeckte Grace Obstbäume und Blumen. „Das ist ja wunderschön. Bauen sie noch andere Pflanzen außer Kaffee an?“
„Eine Vielzahl an Früchten und Gemüse. Eine gute Art, Schädlinge zu minimieren.“
„Es ist sicher nicht leicht, so von der Umwelt abhängig zu sein.“
Sie hatten das kleine Häuschen erreicht. Rafael blieb stehen und gestattete ihr, dem Ehepaar ins Innere zu folgen. „Nicht alle Gefahren kommen aus der Natur.“
Nachdem sie sich an einen Tisch gesetzt hatten, nahm Grace dankbar eine Tasse heißen Kaffee entgegen. Sie stieß ein glückliches Seufzen aus, als ihr die reichen Aromen in die Nase drangen. „Er ist köstlich und schmeckt sogar noch besser als zu Hause.“
Stille kehrte ein. Schließlich begann Filomena mit solcher Leidenschaft in der Stimme zu sprechen, dass ihr Ehemann eine Hand auf ihren Arm legte. Anscheinend wollte er sie damit zum Schweigen bringen.
Grace stellte die Tasse zurück auf den Tisch. „Was ist los?“, wandte sie sich an Rafael.
„Sie will wissen, warum du, wenn du doch denn Kaffee so magst, nicht bereit bist, einen fairen Preis dafür zu bezahlen.“
Schweigend dachte sie über seine Worte nach. Warum behauptete er so etwas? „Wir zahlen einen fairen Preis, weit über dem üblichen Marktpreis. Du kannst die Zahlen in den Büchern kontrollieren.“
Sein Blick wurde härter. „Das habe ich getan. Warum, glaubst du, verweigere ich deiner Firma die Verlängerung des Kredits?“
„Weil wir noch keine Gewinne erzielen. Weil …“, sie unterbrach sich, als sie verstand, was er wirklich meinte. „Willst du damit sagen, dass deine
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