Julia Bestseller Band 144
seiner Rüstung verschanzt – um jegliche Erinnerungen aus der Vergangenheit abzuwehren.
„Wirst du nach Melbourne zurückkehren?“ Er wollte sie aushorchen, wollte einer möglichen Gefahr vorbeugen.
„Das steht in den Sternen. Aber lass das nicht deine Sorge sein. Ich werde nicht noch einmal deine Kreise stören. Jim Neilson ist vor mir völlig sicher.“
Er überhörte ihre spöttische Zusicherung und bohrte weiter: „Wohin gehst du von hier? Heute, meine ich.“
Beth seufzte gereizt. „Nirgendwohin, was dich interessieren könnte. Ich fahre zurück ins Tal. Unsere alte Farm steht heute Nachmittag zur Versteigerung. Falls ich sie kaufen kann, werde ich es tun. Für meinen Vater. So merkwürdig es für dich auch erscheinen mag, er hat sein Herz dort zurückgelassen.“ Ein schwaches, spöttisches Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Und ich meins vielleicht auch.“
Jim erwiderte nichts, sah sie nur an, als wäre sie ein Albtraum, den er lieber nicht geträumt hätte.
„Adieu, Jim Neilson“, sagte sie fest und ging zum Aufzug. Die hohen Absätze ihrer Pumps hallten unwirklich laut auf den Fliesen des eleganten Foyers wider.
Der private Aufzug wartete mit geöffneten Türen. Beth trat ein und drückte auf den Abwärtsknopf. Die Gipfel der Berge sind einsame Orte, dachte sie wehmütig und fragte sich unwillkürlich, wie viel Jim Neilson seine Isolation bedeutete und ob sie ihm gefiel.
Doch das ging sie nichts an.
Die Türen des Fahrstuhls schlossen sich lautlos.
Sie fuhr wieder nach unten. Sie würde in das alte Tal zurückkehren, in dem Generationen ihrer Familie einst gelebt hatten. Zurück zu ihren Wurzeln. Obwohl ihr klar war, dass sie dort immer einem Geist begegnen würde. Es war für sie unmöglich, sich nicht an Jamie zu erinnern … dort unten im Tal.
Beth.
Es schrie in ihm, ihr zu folgen, sie einzuholen und festzuhalten. Jim musste seine ganze Willenskraft aufbringen, um diesem unvernünftigen Impuls zu widerstehen, den Schrei zu ersticken, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass der Bruch nicht mehr zu heilen war.
Er war nicht mehr Jamie. Und sie war nicht mehr die Beth, die er idealisiert hatte. Vielleicht war sie es nie gewesen …
Sie hatte einmal Farbe in ein Leben gebracht, das von Schwarz und Grau beherrscht gewesen war, und er hatte sich einen perfekten Traum ausgemalt, in dessen Zentrum sie gestanden hatte: seine Beth. Aber sie war diesem Traum nicht gerecht geworden, daran ging kein Weg vorbei. Auch wenn er kein Recht haben mochte, sich von ihr verraten zu fühlen, saß der Stachel doch zu tief. Er konnte es nicht ertragen, mit ihr zusammen zu sein.
Bei dem Gedanken daran, wie er sie in der vergangenen Nacht genommen hatte, stöhnte Jim gequält auf und schreckte vor der Erinnerung an den anklagenden Ausdruck in ihren Augen zurück. Langsam ging er zum Fenster zurück, blickte auf den weit entfernten Horizont und fragte sich, ob es ihm je gelingen würde, das alles aus seinem Gedächtnis zu streichen.
Welche Ironie, dass sie mit einer Farbe, dem leuchtenden Gelb ihrer Kleidung, seine Aufmerksamkeit erregt hatte! Doch am Ende war es viel mehr als nur das gewesen. Sie hatte ihn wirklich tief beeindruckt. Keiner anderen Frau war das je gelungen.
Beth. Sie kannte ihn von früher, hatte dies benutzt … zu welchem Zweck?
Warum hatte sie ihn ausgerechnet jetzt aufgesucht?
Die Farm. „Falls ich sie kaufen kann“, hatte Beth gesagt.
Sie war sich nicht sicher, ob sie genügend Geld hatte. Das musste der Grund sein.
Jim scheute sich davor, in das Tal zurückzukehren, in dem alle Erinnerungen wieder lebendig werden würden, aber die Delaney-Farm war einmal seine einzige Zufluchtsstätte des Glücks gewesen. Beths Familie war sehr gut zu ihm gewesen, hatte ihm das Gefühl gegeben, zu ihr zu gehören. Das hatte ihn jene Jahre überstehen lassen.
Nein, das war Beths Verdienst gewesen. Ihre Familie hatte er immer nur als einen Teil von ihr betrachtet. Sein Fehler, entschuldbar vermutlich durch seine besondere Lage, dass er an ein besonderes Band zwischen ihnen geglaubt hatte. Es hatte ihr nicht dasselbe bedeutet.
Wieder drohte der Schrei in ihm übermächtig zu werden, und er unterdrückte ihn heftig.
Es galt, eine Schuld zu begleichen, die einzige wirkliche Schuld, die auf ihm lastete. Nun, da er daran erinnert worden war, konnte er sie nicht ignorieren. Zu der Auktion zu gehen, bedeutete, dass er Beth wiedersehen würde, aber er konnte sich dagegen wappnen … noch ein einziges
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