Julia Bestseller Band 144
hatte … dass sie, Beth, bei Jamie das finden würde, was sie gesucht hatte. Vielleicht war der Bruch mit Gerald Auslöser dieser Hoffnung gewesen, bestärkt durch ihren spontanen Wunsch, Jim Neilson in der Galerie zu treffen. Gestern nach der Versteigerung hatte sie ihrer Tante angesehen, dass deren Überlegungen in diese Richtung gegangen waren. Es wäre ein schönes, romantisches Happy End auf jeder Ebene gewesen.
Beth hatte jede Chance dazu ergriffen. Das Ergebnis war null und nichtig. Schlimmer als das. Und Tante Em war feinfühlig genug, diese Tür endgültig zu schließen. Keine Zeitungsausschnitte über Jim Neilson mehr. Was brachte es ein, an frischen Wunden zu rühren?
„Schön, damit ist der Weg frei für etwas Neues, stimmt’s?“, bemerkte Beth betont unternehmungslustig.
„Ja, genau“, bekräftigte ihre Tante rasch. „Es ist sicherlich am besten, es so zu sehen.“
Mit diesem etwas erzwungenen Optimismus ließen sie das Gespräch ruhen. Als der kleine Mazda vor dem Flughafenterminal vorfuhr, sahen Tante Em und Beth sich lange an. So vieles war unausgesprochen geblieben.
„Pass gut auf dich auf, Beth. Und auf Tom.“
„Das werde ich.“
Sie umarmten und küssten sich. Beth nahm ihr Gepäck und winkte ihrer Tante zum Abschied. Dann betrat sie das Flughafengebäude, kümmerte sich um ihre Bordkarte und die Gepäckabfertigung. Sie war froh, als sie endlich im Flugzeug saß und merkte, wie die Maschine von der Startbahn abhob. Die Geschehnisse der vergangenen Tage lagen nun wirklich hinter ihr. Sie war auf dem Weg in eine andere Stadt, zu anderen Zielen.
Während des Flugs versuchte Beth, ihre Gedanken auf die Zukunft zu richten. Sie besaß die Mittel, mit ihrem Vater aus Melbourne wegzuziehen. Aber wohin? Würde irgendeine andere Farm denselben Zweck erfüllen? Die verlockende Aussicht, vielleicht den alten Familienbesitz zurückkaufen zu können, hatte sie bislang davon abgehalten, andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Sie hatte sich so gewünscht, ihren Vater damit überraschen zu können. Nun war es vermutlich das vernünftigste, mit ihm offen über die Zukunft zu sprechen und zu versuchen, ihn für etwas Neues zu begeistern.
Beth war es egal, wo sie lebte. Für ihre schriftstellerische Tätigkeit benötigte sie nur ihren PC und einen Drucker. Ihre Fantasie begleitete sie überallhin. Und nachdem sie mit Gerald Schluss gemacht hatte, gab es nichts mehr, was sie in Melbourne hielt.
Sie hatte nie Zeit dafür gehabt, wirklich enge Freundschaften zu knüpfen. Zuerst hatte sie sich um ihre Brüder und Schwester kümmern müssen, am Abendcollege studiert und in jeder freien Stunde gelernt. Später hatte Gerald sie in seine Gesellschaftskreise hineingezogen, aber das war mehr seine als ihre Welt gewesen. Im Lauf der Zeit hatte sie es irgendwann verpasst, auf den richtigen Zug aufzuspringen, und sie wusste nicht, wie sie das noch ändern sollte. Ihr war natürlich klar, dass sie viel zu sehr in ihrer eigenen Welt lebte.
Vielleicht war es dieses Außenseitergefühl gewesen, das in ihr den Wunsch genährt hatte, Jamie würde auch nach all den Jahren immer noch für sie da sein. Die Beziehung zu Jamie war für sie etwas ganz Besonderes gewesen. Ein Ideal, das sie mit keinem anderen Menschen erreichen konnte. Wahrscheinlich hatte sie die Idealisierung übertrieben.
Beth versuchte, ihre Enttäuschung zu verdrängen, als ihr Flugzeug auf dem Ultramarine Airport landete. Ihr Wagen wartete auf dem Flughafenparkplatz. Müde fuhr sie nach Hause. Als sie ihr Gepäck über den Gehweg zu dem schmiedeeisernen Tor vor dem Reihenhaus schleppte, in dem ihre Familie in den vergangenen fünfzehn Jahren gewohnt hatte, überlegte sie unwillkürlich, wie wenig es Jim Neilson beeindrucken könnte. Kein Vergleich zu seinem Luxuspenthouse. Und dennoch gab es hier eine Herzlichkeit und Wärme, die mehr wert war als Jim Neilsons ganzer materieller Reichtum.
Sie öffnete das Tor, betrat die vordere Veranda und schloss die Haustür auf. Kaum hatte sie die kleine Diele betreten, hörte sie ihren Vater auch schon rufen: „Beth, bist du das?“
„Ja, Dad. Ich bin wieder zu Hause“, rief sie und machte die Haustür hinter sich zu.
Zu ihrer Überraschung kam ihr Vater aus dem Wohnzimmer herbeigeeilt, um sie zu begrüßen. Offenbar hatte ihre Rückkehr ihn aus seiner Teilnahmslosigkeit gerissen. Sein Gesicht strahlte. Er muss mich wirklich vermisst haben, dachte Beth.
„Lass das Gepäck stehen. Ich trage es
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