Julia Bestseller Band 146
nach einem Stapel Papiere, die für ihn bereitlagen.
Als Natasha ihren eigenen Gurt schließen wollte, fiel ihr Blick auf ihre Jacke, die achtlos auf dem Boden lag. Rasch hob sie sie auf und schlüpfte hinein. Und natürlich schloss sie die Knöpfe bis zum Hals.
Sie war sich nicht sicher, was genau sie damit beweisen wollte. Aber vielleicht hatte es etwas mit der brodelnden Wut in ihrem Inneren zu tun, die sein Anblick in ihr auslöste. Wie konnte er sich jetzt nur in seine Arbeit vertiefen? Wie konnte er so tun, als habe er sie vergessen? Wie konnte er sich genauso verhalten, wie ihre Familie es noch vor Kurzem getan hatte?
Zehn Minuten später befanden sie sich in der Luft. Ein freundlicher Steward trat zu Natasha und fragte sie, ob sie etwas trinken oder essen wollte. Sie bat um eine Tasse Tee, die der Steward ihr mit einem Lächeln versprach.
Leo wandte sich zu ihr um. Missbilligend fiel sein Blick auf ihre wieder hochgeschlossene Jacke.
„Ab einem bestimmten Moment wird sie ausgezogen bleiben müssen“, sagte er.
Natasha hob nur trotzig das Kinn und schaute ihn an.
Die Herausforderung ließ seine Augen aufblitzen und raubte Natasha schier den Atem. Plötzlich piepte seine Satellitenverbindung, und der magische Moment war vorüber.
Die nächsten drei Stunden verbrachte Leo mit Arbeit. Natasha hingegen nippte an ihrem Tee und blätterte in der Zeitschrift, die der Steward ihr netterweise ebenfalls gebracht hatte. Immer wieder wandte Leo sich zu ihr um und schaute sie an, bis auch sie den Blick hob. Dann funkelten in seinen Augen süße Versprechen auf die Zukunft.
Einmal stand er sogar auf, kam zu ihr hinüber und küsste sie wild und leidenschaftlich. Als er sich wieder zurückzog, stand der oberste Knopf an ihrer Jacke offen.
Natürlich wusste Natasha, dass er sie provozieren wollte. Doch gegen die Reaktionen ihres Körpers war sie machtlos. Als er sich das nächste Mal umwandte, war der Knopf wieder geschlossen. Und diesmal weigerte sie sich standhaft, den Kopf zu heben.
Bei der Landung in Athen war es bereits Nacht geworden. Es herrschten feuchtwarme Temperaturen wie in einer Sauna.
Irgendwie schien Leo verändert. Natasha kam es vor, als ginge sie neben einem großen dunklen Fremden. Seine Miene wirkte viel härter, die Art, wie er mit anderen sprach, distanziert und steif. Wann immer er sich an sie wenden musste, wurde sein Tonfall sehr ruhig und sehr kühl.
Natasha schob seinen Stimmungswandel auf die Tatsache, dass auf ihrem Weg durch das Flughafengebäude beständig Menschen stehen blieben und sie ansahen. Erst als sie den Konvoi aus drei schwarzen Limousinen sah, der sie vom Flughafen abholen sollte, wurde ihr bewusst, wie groß die Macht und die Wichtigkeit sein mussten, die Leo Christakis in seiner Landeshauptstadt besaß.
„Was für ein Aufwand“, murmelte sie, als sie auf der mit schwarzem weichem Leder gepolsterten Rückbank des mittleren Wagens neben ihm Platz genommen hatte. Auf dem Beifahrersitz des Wagens, nun verborgen hinter einer getönten Glasscheibe, saß ein Mann, den Leo ihr als „Rasmus, mein Sicherheitschef“ vorgestellt hatte.
„Geld und Einfluss schaffen sich ihre eigenen Feinde“, erwiderte er, als sei all das ein akzeptierter Teil seines Lebens.
„Du meinst, du musst immer mit dieser Bewachung leben?“
„Hier in Athen und in anderen Großstädten.“
Kein Wunder, dass er so zynisch auf alle reagierte, mit denen er in Kontakt kam. Er reiste mit einem Privatjet, wurde von drei Limousinen gefahren und besaß ein Vermögen, das die meisten Menschen sich nicht einmal in ihren wildesten Träumen ausmalen konnten.
„In London ist mir nichts davon aufgefallen“, sagte sie, denn in London hatte er selbst hinter dem Steuer seines Wagens gesessen.
„Die Bewachung war immer da“, sagte er. „Du hast dir nur nicht die Mühe gemacht, richtig hinzuschauen.“
Vielleicht nicht, aber … „So offensichtlich wie hier kann es nicht gewesen sein“, beharrte Natasha. „Von Cindys Auftritten bin ich an Sicherheitsmaßnahmen gewohnt. Aber das war nicht einmal annähernd so viel wie hier. Und bei Rico gab es gar keine.“ Sie runzelte die Stirn. „Was mir im Nachhinein sehr seltsam vorkommt, wenn ich daran denke, wer Rico ist und …“
„Vergleiche mich niemals mit ihm“, fiel er ihr eisig ins Wort.
„Aber ich wollte nicht …“
„Ich bin Leo Christakis, und das ist mein Leben, zu dem du nun mit all seinen Beschränkungen und Privilegien Zutritt erhältst.
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