Julia Bestseller Band 146
Leibwächter schroff.
„Ich weiß.“ Freya ließ ihren Sohn keine Sekunde aus den Augen. Deshalb bemerkte sie auch Cindys erstaunten Blick nicht. Die Kindergärtnerin betrachtete Freyas wilde Mähne, die ihr bis zur Taille reichte, bevor sie den Blick zu dem großen Mann gleiten ließ, der jetzt direkt hinter Freya stand und Nicky ansah.
Das muss Enrico Ranieri sein, dachte Cindy sofort. Und Nicky hat seine Augen!
„Tut mir leid, Boss“, sagte Fredo leise. „Ich konnte ihn nicht mehr rechtzeitig auffangen.“
Erst jetzt wurde Freya sich Enricos Gegenwart bewusst und fing Cindys wissenden Blick auf. Verlegen wandte sie sich sofort wieder Nicky zu. Mit bebenden Händen griff sie nach ihm und löste ihn behutsam aus den Armen des Leibwächters. Nicky legte nun ihr die Arme um den Nacken und schmiegte sich an sie, als sie aufstand und sich in einer ruhigen Ecke mit dem Kleinen auf dem Schoß auf eine Bank setzte.
Ruhig überredete sie ihren Sohn, ihr zu zeigen, wo er sich verletzt hatte. Enrico sah ernst zu. Es schmerzte ihn, nicht richtig dazuzugehören und nur untätig dastehen zu können.
Mit Kindern kannte er sich überhaupt nicht aus, noch weniger mit bunten Spielzimmern. Seine Welt bestand aus eleganten, funktionellen Büros und einem gediegenen geschäftlichen Umfeld. Grelle Farben, Lärm und Unordnung waren nicht sein Ding.
Er war es gewohnt, dass junge blauäugige Blondinen ihn anstarrten, diese vor ihm brachte ihn allerdings in Verlegenheit, denn ihr wissender Blick sprach Bände. Nickys Ähnlichkeit mit ihm war ihr sofort aufgefallen, das spürte Enrico.
Und in der einen Ecke saß sein zweijähriger Sohn und wusste nichts von seinem Vater. Dort saß auch seine ehemalige Geliebte, die er nicht zurückhaben wollte und die er doch kurz zuvor wie ein Besessener geliebt hatte.
Sieh sie dir an, befahl er sich. Das feuerrote Haar ließ ihr Gesicht noch bleicher wirken. Zärtlich lächelnd untersuchte sie die Wange des Jungen, während der Kleine ihr wunderschönes Haar streichelte und genau zuhörte, was seine Mutter ihm zu sagen hatte.
Eben noch hat sie sich mir leidenschaftlich hingegeben, und nun spielt sie die perfekte Mutter, dachte Enrico. Wie ein Engel saß sie da und unterhielt sich mit seinem Sohn. Ja, der Kleine war sein Sohn. Darüber bestand kein Zweifel mehr. Zum ersten Mal, seit er den Jungen im Foyer gesehen hatte, wurde ihm richtig bewusst, dass er, Enrico Ranieri, Vater war!
Ich muss zu ihm gehen, dachte er. Diesen Moment durfte er nicht verstreichen lassen. Als Vater musste er den ersten Schritt tun, auch wenn alle Kinder und die Kindergärtnerin es verfolgen würden. Er ballte die Hände zu Fäusten und bemerkte erst jetzt, dass er etwas in der rechten Hand hielt.
Erstaunt betrachtete er den roten Ferrari. Es war eine Miniaturausgabe des Modells, das er gefahren hatte, als er noch mit Freya zusammen gewesen war. Ob bewusst oder unbewusst, das wollte er dahingestellt lassen, hatte sie die Verbindung zwischen ihm und dem Kleinen auf vielfältige Art und Weise hergestellt.
Enrico musste schlucken und sah Fredo an, der ihm einen aufmunternden Blick zuwarf. Dieser Mann, mit dem er praktisch zusammen aufgewachsen war, wusste genau, was in ihm vorging.
Vielsagend nickte Fredo in die Richtung, wo Freya und Nicky saßen. „Nun geh schon zu ihnen“, schien er zu sagen.
Enrico traute sich jedoch nicht. Er leitete ein Dutzend Firmen, die viele, viele Millionen Euro wert waren und deren unzählige Angestellte nach seiner Pfeife tanzten, doch die Vorstellung, auf diesen kleinen Jungen zuzugehen, war zu viel für ihn.
Wenn Nicky nun doch Lucas Sohn ist? überlegte Enrico verzweifelt. Dann hätte er sich den ganzen Nachmittag lang zum Narren gemacht. Er hatte Freya gedroht, sie erpresst und erniedrigt. Jede andere Frau in ihrer Situation hätte das Blaue vom Himmel gelogen, um mit heiler Haut davonzukommen.
Aber Freya hatte nicht gelogen.
Langsam, ganz langsam ging Enrico auf die beiden zu – er war unglaublich aufgewühlt. Die junge blonde Kindergärtnerin beobachtete ihn mit wissendem Blick – aber sie wusste nichts von Luca, oder? Enrico biss die Zähne zusammen.
Freya sah auf, bemerkte seinen Gesichtsausdruck und fragte sich, was in Enrico vorging.
Haben Sie es sich anders überlegt, Mr Ranieri? Beängstigt Sie die Vorstellung, plötzlich Vater eines zweijährigen Sohnes zu sein? Oder halten Sie immer noch Luca für den Vater? Sie wandte schnell den Blick ab, bevor irgendjemand
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