Julia Bestseller Band 146
zusammenkrampfte.
Wie hatte sie nur zulassen können, dass Enrico das mit ihr machte? Wie in Trance nahm sie wahr, wie Enrico nach ihrer großen Tasche griff und die Sachen einsammelte, mit ganz ruhiger Hand, mit der er noch eben …
Verzweifelt rang sie nach Luft. Obwohl er es hörte, fuhr er fort, ihre Utensilien in die Tasche zu packen. Schließlich hielt er einen roten Spielzeug-Ferrari in der Hand.
Nickys Ferrari. Das Spielzeug ihres Sohnes.
Enrico besaß mehrere Ferraris – die meisten von ihnen waren Liebhaberstücke, die er nur selten fuhr.
„Wartest du darauf, dass ich etwas sage?“, fragte er barsch.
„Nein.“ Sie war den Tränen nahe.
Während sie sich wie ein Flittchen aufgeführt hatte, wurde ihr Sohn sechs Stockwerke tiefer von geschultem Personal betreut. Und sie hatte nicht einmal mehr das Recht, in diesem Gebäude zu sein, ebenso wenig wie Nicky, denn sie waren beide von dem herzlosen, rücksichtslosen Verführer schwacher, williger Frauen an die Luft gesetzt worden.
Als jemand an die Tür klopfte, hatte Freya plötzlich die schreckliche Vorstellung, gleich vom Sicherheitspersonal aus dem Gebäude eskortiert zu werden.
Enrico richtete sich auf, warf die Tasche auf den Schreibtisch – auf dem sie eben noch …
„Moment“, rief er energisch, griff nach seinem Jackett und schlüpfte hinein. Mit seinen knapp ein Meter neunzig, dem südländischen Teint und den dunklen Augen sah er einfach viel zu gut aus. Obwohl er gerade ein wildes Liebesspiel hinter sich gebracht hatte, sah er trotzdem wie aus dem Ei gepellt aus, wie Freya feststellen musste. Ob er jetzt auch so weiche Knie hatte wie sie?
Jetzt wandte er sich ihr zu und ließ den Blick über ihr aschfahles Gesicht und das schlecht sitzende Kostüm gleiten. Freya war noch immer den Tränen nahe, drängte sie jedoch entschlossen zurück.
In diesem Augenblick klingelte ihr Handy. Freya schleppte sich zum Schreibtisch, um das Telefon aus der Tasche zu holen.
„Lass es klingeln“, forderte Enrico sie jedoch rau auf.
„Das geht nicht“, antwortete sie, denn ihr Handy klingelte nur im Notfall.
„Jetzt gerate bitte nicht gleich in Panik“, meldete sich Cindy, die Kindergärtnerin. „Nicky ist hingefallen. Er wollte dem Gorilla imponieren und …“
Freya hörte gar nicht mehr zu. Sie ließ das Handy fallen und rannte los.
„Was, um alles in der Welt, ist denn passiert?“, rief Enrico ihr nach.
Doch sie hatte schon die Tür aufgestoßen. Draußen stand Enricos Sekretär mit einem Karton in den Händen und versperrte ihr den Weg. Freya bemerkte, dass ihre Sachen sich in dem Karton befanden, doch das war ihr jetzt völlig gleichgültig. Sie stieß den jungen Mann zur Seite und eilte zu den Fahrstühlen – mit wehender roter Mähne und ohne Schuhe.
Wo sind denn nur ihre Schuhe? überlegte Enrico, der ihr folgte. Ihm war völlig klar, dass es nur um ihren Sohn gehen konnte, wenn Freya so panisch davonrannte.
Um ihren gemeinsamen Sohn!
Diese Erkenntnis nahm ihm den Atem. In diesem Moment erreichte er den Fahrstuhl, dessen Türen sich gerade hinter Freya geschlossen hatten. Wütend drückte er auf den Knopf des anderen Lifts, der innerhalb von Sekunden kam und ihn in den zweiten Stock beförderte.
Enrico sah gerade noch Freyas wehendes Haar, bevor sie ein großes, helles Zimmer betrat.
Hektisch blickte Freya sich in dem Raum um, und es dauerte einen Moment, bis sie ihren Sohn in der Kletterecke entdeckte. Wo sonst hätte er schon sein können? dachte sie verzweifelt. Nur dort hätte Nicky Fredo beeindrucken können.
Und wer hielt ihren Sohn tröstend in den Armen? Nicky hatte sich an die Schulter des muskulösen Mannes geschmiegt und ihm die Ärmchen um den Nacken gelegt.
Fredo sah auf, als sie näher kam. Er war blass um die Nase. Cindy hatte sich neben ihn gehockt und versuchte, Nicky zu überreden, ihr zu zeigen, wo er sich verletzt hatte.
„Alles halb so schlimm, ehrlich“, versicherte sie Freya schnell. „Er ist vom Bock gefallen und wäre eigentlich weich auf den Matten gelandet, aber im Flug hat er sich die Wange gestoßen, will mir aber jetzt nicht die Verletzung zeigen. Du weißt ja selbst, wie er ist.“
Das ist doch der Gipfel, dachte Freya hilflos, als sie sich neben Fredo kniete. „Komm schon, mein Großer“, sagte sie mit bebender Stimme, „lass Mummy mal sehen, wo es wehtut.“
„Nein.“ Nicky umklammerte Fredos Nacken noch fester.
„Er ist jetzt in seinem Stolz verletzt“, erklärte der
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