JULIA COLLECTION Band 10
Augen. „Ich habe deiner mamma gesagt, dass ich nichts Schlimmes habe. Aber sie ist nun einmal ein Sturkopf, und jetzt bin ich hier und muss diese blöden Untersuchungen über mich ergehen lassen. Dabei könnte ich zu Hause meine Lieblingssendung sehen.“
„Was für Untersuchungen haben sie denn gemacht, Mum?“, fragte Rico, und als sein Vater antworten wollte, fügte er hinzu: „Du bist ruhig und ruhst dich aus. Ich spreche mit Mum.“
„Wie redest du eigentlich mit mir?“,fragte sein Vater noch, war dann aber ruhig und schloss die Augen.
„Ich weiß nicht, welche Untersuchungen sie gemacht haben“, sagte Ricos Mutter besorgt. „Sie haben ganz viele Geräte an ihn angeschlossen, und überall waren Schläuche und so. Und er hat Medikamente bekommen. Welche, kann ich nicht sagen.“
Rico nahm das Krankenblatt. „Was für eine Klaue!“, rief er, während er versuchte, die Schrift zu entziffern. „Hm, sieht so aus, als hätten sie ein EKG und eine Ultraschalluntersuchung vorgenommen. Der Blutdruck ist sehr hoch, und ich bezweifle, dass du nur eine Magenverstimmung hast, Dad. Aber anscheinend liegst du nicht im Sterben.“
„Ein Mandretti stirbt nicht vor neunzig“, erwiderte sein Vater, „es sei denn, er wird ermordet.“
Als jemand leise lachte, zuckte Teresa Mandretti zusammen. Eine Frau hatte sich neben ihren Sohn ans Fußende des Bettes gestellt. Sie war groß, beeindruckend schön, hatte rabenschwarzes Haar und ein einnehmendes Lächeln. Teresa mochte sie sofort. Aber wer war sie?
„Hast du uns gefunden“, sagte da ihr Sohn lächelnd.
„Ich musste mich als deine Verlobte ausgeben, um reingelassen zu werden“, erwiderte die Fremde, wobei ihre hübschen grünen Augen glänzten. „Wie ich sehe, geht’s deinem Dad wieder besser. Sehr schön, dann hat es doch geholfen, dass ich ihm die Daumen gedrückt habe.“
Als Teresa Mandretti das hörte, mochte sie die Frau noch lieber.
„Mum, Dad, das ist Renée. Sie gehört zu unserer Eigentümergemeinschaft und nimmt an unserer Pokerrunde teil. Wir waren gerade zusammen essen, als du angerufen hast, Mum. Renée ist so nett gewesen, mich zu begleiten und davon abzuhalten, dass ich einen Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit kassiere.“
Das war Renée? Überraschter hätte Teresa nicht sein können. Die Frau sah aus wie fünfundzwanzig und war ganz anders als die Frauen, die Enrico sonst immer anschleppte. Nicht blond, kein Busenwunder und nicht so angeberisch. Und sie hatte mit ihrem Sohn zu Abend gegessen! „Wie schön, Sie endlich kennenzulernen, Renée!“ Teresa reichte Renée die Hand. „Enrico hat mir schon viel von Ihnen erzählt. Aber Sie sehen viel jünger aus, als ich dachte. Sie müssen uns unbedingt einmal zu Hause besuchen. Stimmt’s, papa?“
„Sí, wenn ich jemals wieder hier rauskomme.“
„Nun, heute Abend jedenfalls noch nicht, Mr. Mandretti“, mischte sich ein Arzt ein, der in diesem Augenblick hereinkam. „Wir werden Sie einige Tage zur Beobachtung hierbehalten. Und jetzt …“
Was immer er hatte sagen wollen, wurde vom Auftauchen Katrinas, Teresas jüngster Tochter, unterbrochen. Die anderen Kinder hatte Teresa nicht angerufen, um ihren Mann nicht zu überfordern. Aber Katrina war sein Liebling. Leider hatte sie ihre jüngste Tochter Gina mitgebracht, die wegen jeder Kleinigkeit zu schreien anfing. Als die Kleine ihren Großvater im Bett liegen sah, begann sie auch sofort, laut zu weinen.
„Pst, Liebes“, sagte Katrina gehetzt. „Tut mir leid, mam ma, aber Paulo arbeitet heute Abend, und ich konnte Gina nicht bei ihren Geschwistern lassen. Sie kommen einfach nicht mit ihr klar.“
Ricos Meinung nach gelang das niemandem und ganz bestimmt nicht seiner Schwester, die ihre Tochter total verwöhnt hatte.
„Ich kann auf sie aufpassen“, bot sich da Renée an und nahm der völlig verwunderten Katrina das schreiende Kind aus den Armen. „Ich bin Renée.“
„Meine Verlobte“, fügte Rico spöttisch hinzu und lachte über das erstaunte Gesicht seiner Schwester. „Ich erklär’s dir später.“
„Ich bin draußen im Wartezimmer“, sagte Renée, während Katrina zwischen den beiden hin- und hersah.
„Aber … aber …“, rief sie.
„Machen Sie sich keine Sorgen“, fiel ihr Renée ins Wort, „ich kann sehr gut mit Kindern umgehen.“
Offenbar entsprach das der Wahrheit, denn die Kleine hatte, wie Rico überrascht feststellte, sofort aufgehört zu schreien. Einmal mehr an diesem Abend war es
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