JULIA COLLECTION Band 11
einfach nur mit ausdrucksloser Miene da.
„Ich bin ja so glücklich für euch“, erklärte Avis sanft und umarmte zuerst Valerie und dann Sierra.
Sierra gelang es, den Blick von Sam zu lösen und vage zu lächeln, aber innerlich zitterte sie.
„Wann?“, wollte Gwyn wissen.
Valerie rieb sich den leicht gerundeten Bauch. „In fünf Monaten, zwei Wochen und vier Tagen.“
„Das hoffst du“, entgegnete Gwyn. „Molly ist elf Tage zu spät gekommen, und es ist mir vorgekommen wie elf Monate.“
Valerie verzog das Gesicht. „Ich will nicht, dass er zu spät kommt. Ich kann es jetzt schon kaum erwarten.“
„ Er?“
„Wir werden es erst in einigen Wochen erfahren“, entgegnete Ian.
„Aber ich weiß, dass es ein Junge wird“, beharrte Valerie.
Mit einem verstohlenen Blick zu Sam, der noch immer reglos und sprachlos in der Tür stand, wandte Gwyn sich fragend an Sierra.
Sierra schüttelte den Kopf und flüsterte: „Ich weiß es noch nicht.“ Sie fühlte sich elend im Magen, elend im Herzen, einfach überhaupt elendiglich.
„Tja, das müssen wir wirklich feiern“, erklärte Avis. „Ich schlage einen Toast vor. Wollen wir uns über den Punsch hermachen?“
„Unbedingt.“ Gwyn hakte sich bei Sierra unter und zog sie zum Esszimmer.
Avis eilte voraus und übernahm das Einschenken;Valerie und Ian folgten. Ellis Lorimer bedachte Sam mit einem seltsamen Blick und spazierte den anderen hinterher.
Gwyn drückte Sierra zwei gefüllte Gläser in die Hände und deutete mit dem Kopf zum Wohnzimmer.
Sierra holte tief Luft und nahm ihren Mut beisammen. Früher oder später musste sie sich Sam stellen, also lieber früher. Sie wünschte bei Gott, sie hätte die Neuigkeit nicht so unbedacht ausposaunt. Er hätte nicht auf diese Weise von seiner Vaterschaft erfahren dürfen. Sie hatte beabsichtigt, dass er es überhaupt nicht erfuhr, bevor er ihr nicht wie durch irgendein Wunder seine unsterbliche Liebe eingestand.
Wie sie es hätte geheim halten sollen, wusste sie selbst nicht so genau. Aber sie hatte mit dem Gedanken gespielt, mit Tyree auf Europareise zu gehen, von dort ihren Anteil an der Farm zu verkaufen und nicht wiederzukommen. Wirklich durchdacht hatte sie es aber nicht. Ihr Verstand hatte sich einfach geweigert, sich mit dem Problem zu beschäftigen.
Nun stand sie vor einem ganz anderen Problem. Was hatte sie Sam angetan? Wie sollte sie ihm erklären, was in ihr vorging?
Mit einer Entschuldigung auf der Zunge wandte sie sich dem Wohnzimmer zu. Doch der Raum war leer. Sie stellte die Punschgläser auf den Couchtisch und lief von Zimmer zu Zimmer, obwohl sie eigentlich schon wusste, dass Sam fort war.
Sam hielt den Truck in seiner Auffahrt an und schaltete den Motor aus. Er blieb hinter dem Lenkrad sitzen und starrte auf das bescheidene Fachwerkhaus, in dem er aufgewachsen war. Plötzlich kam ihm in den Sinn, dass dieses schäbige Gebäude mit dem kleinen Grundstück alles war, das er trotz all der harten Arbeit vorzuweisen hatte.
Dann wurde ihm bewusst, dass es so nicht stimmte. Er besaß Geräte im Wert von einer Viertelmillion Dollar, die größtenteils abbezahlt waren, und eine Partnerschaft an einem potenziell lukrativen Geschäft. Ihm gehörte die Hälfte der Pflanzen und der beiden Gewächshäuser. Seine Zukunft war relativ gesichert. Aber das war nicht alles.
Er hatte Kim und Keli. Er hatte Tyree. Sein Baby war unterwegs. Seine Brust schwoll, und ihm schwindelte ein wenig. Einen Moment lang konnte er nicht atmen, nicht denken.
Dann sah er im Geiste einen winzigen Rotschopf vor sich, mit Sommersprossen, störrischem Kinn und schelmisch funkelnden Augen, mit Sierras Temperament und seiner Willensstärke – ein entschlossenes und stolzes, aber auch sanftes und rücksichtsvolles Wesen.
Schließlich dachte er an Sierra, an seine Gefühle zu ihr. Er hätte ihr verübeln sollen, dass er auf diese Weise von der Schwangerschaft erfahren hatte – zufällig in einem Raum voller Leute. Irgendwie war er ihr auch böse. Sie hätte es ihm anvertrauen müssen, sobald sie es auch nur vermutet hatte. Vielleicht war sie sogar absichtlich schwanger geworden.
Ja, er hatte guten Grund, zornig zu sein, aber es gelang ihm nicht wirklich. Der Funken von Entrüstung, von Zweifel wurde überdeckt von anderen, warmen Gefühlen und praktischen Überlegungen.
Natürlich mussten sie auf der Farm leben. In seinem Haus fanden nicht alle Platz. Nun war er froh, dass Sierra ein so riesiges Haus gebaut hatte, auch
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