JULIA COLLECTION Band 12
dass Dylans Anwesenheit den Rest des Sommers auch ziemlich aufregend machen wird.“
„Er ist etwas attraktiver als dieser Elch, was?“ Abigail grinste ebenfalls. „Aber ich wäre überrascht, wenn er den ganzen Sommer bleiben würde. Männer wie er halten es gewöhnlich nicht lange an einem Ort aus.“
„Vielleicht überrascht er dich tatsächlich.“
„Darauf können Sie wetten“, erklang Dylans Stimme von der Tür her.
Abigail wirbelte herum und wurde knallrot, während sie überlegte, wie viel er wohl von ihrer Unterhaltung gehört haben mochte.
Sie fand das gleich heraus, als er spöttisch meinte: „Und es ist mir wirklich eine Ehre, dass Sie mich für attraktiver halten als diesen Elch.“
Zu Abigails Erleichterung erschienen in diesem Moment Shem Buskirk und seine beiden erwachsenen Söhne, Hondo und Randy. Shem hatte einige Sommer lang für Abigails Vater gearbeitet, als sie noch ein Kind gewesen war. Er hatte sich als Einziger beworben, als sie eine Anzeige in der Zeitung aufgegeben hatte, um eine Hilfskraft für die Ranch zu bekommen. In Anbetracht der Tatsache, dass Hoss der Besitzer der Zeitung der nächsten Stadt, Big Rock, war, hatte sie wohl Glück gehabt, dass ihre Anzeige überhaupt erschienen war. Hoss hatte ihr prophezeit, dass sich niemand melden würde. Damit hatte er sich geirrt.
Nicht, dass Hoss Shem als Bedrohung betrachtet hätte. Niemand wusste, wie alt Shem tatsächlich war, aber er erzählte Geschichten über seine Arbeit in den Minen in den dreißiger Jahren. Sein weißes Haar war fast so zerzaust wie das von Ziggy, und sein Gesicht war voller Runzeln. Er hatte Abigails Angebot, Verwalter der Ranch zu werden, mit der Begründung abgelehnt, dass es nicht seine Stärke war, Verantwortung zu übernehmen, aber er war damit einverstanden gewesen, für sie zu arbeiten.
Seine zwei Söhne waren zusammen mit ihm erschienen und verlangten als Entgelt für ihre Arbeit nur Unterkunft und Verpflegung. Da das für die Rancharbeiter bestimmte Haus sowieso leer stand, ließ Abigail sie dort wohnen. Keiner von ihnen hatte das Zeug zum Verwalter.
Randy war groß und dünn, Hondo kleiner und stämmig. Beide waren nicht gerade klug und erledigten zwar ihre Aufgaben, taten aber nichts, das man ihnen nicht ausdrücklich befohlen hatte. Abigail konnte es sich allerdings nicht leisten, wählerisch zu sein. Ihr Onkel hatte in den letzten Jahren alles vernachlässigt, und es gab eine Menge zu tun.
Während Shem und seine Söhne mit lautem Krach hereinkamen, flüsterte Raj Abigail zu: „Ich weiß nicht, wie schlau es war, Dylan einzustellen, nachdem du geschworen hast, dich von Cowboys fernzuhalten. Das ist irgendwie, als würdest du einem Schokoladensüchtigen, der gerade auf Diät ist, eine Schachtel erstklassige Pralinen vor die Nase stellen.“
Wie immer hatte Raj recht. Das war etwas, das Abigail an ihr weniger mochte.
„Wo ist denn Ihr jodelnder Freund?“, fragte Hondo Abigail ein paar Minuten später.
„Ziggy arbeitet. Manchmal kommt er rüber und nimmt Raj das Kochen ab“, erklärte Abigail Dylan. „Sein Fondue ist einfach fantastisch.“
Alle Männer wirkten total entsetzt.
Abigail musste lachen. „Keine Sorge“, spottete sie. „Ich werde keinen von euch großen, starken Männern zwingen, weibisches Essen wie Fondue zu euch zu nehmen. Wer kann schon wissen, was euch das antun würde?“
„Das sehen Sie ganz richtig“, erwiderte Randy. „Falsches Essen kann die Leistung eines Mannes beeinträchtigen. Er kann davon …“, er senkte die Stimme, „… Sie wissen schon … kompetent werden.“
„Es besteht kaum eine Chance, dass Sie je kompetent werden“, versicherte Raj Randy.
„Das Wort ist ‚impotent‘“, erklärte Shem seinem Sohn. „Du wüsstest das, wenn du das Wörterbuch lesen würdest, so wie ich.“
„Ich weiß bessere Dinge mit meiner Zeit anzufangen, als ein Buch zu lesen, das man lieber als Türstopper verwenden sollte“, meinte Randy.
„Nette Leute haben Sie hier“, flüsterte Dylan Abigail zu. Raj hatte für ihn genau neben ihr gedeckt. Typisch für sie, dachte Abigail nun.
Ihr war klar, dass Shem und seine Söhne auf ihn nicht gerade vielversprechend wirken mussten. Und sie wusste auch, dass er bloß auf der Ranch blieb, weil er sie für unfähig hielt, ohne ihn zurechtzukommen. Unglücklicherweise hatte er damit recht. Sie hatte seine Hilfe nötig. Aber sie musste sich ja nicht unbedingt darüber freuen.
„Hier, nehmen Sie noch Erbsen.“
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