JULIA COLLECTION Band 12
Ihre Welt drehte sich nur noch um ihn. Ihr wurde ganz heiß, und ihr Puls begann zu rasen. Hunter brachte sie völlig durcheinander, mit nichts weiter als einer flüchtigen Berührung.
Sie machte die Augen wieder auf und trat einen Schritt von ihm weg. „Hat Michael dich hergeschickt, damit du nach mir siehst?“
„Er hat mir gesagt, dass du kommst.“
„Ich werde ihn umbringen.“
„Jetzt halt mal den Atem an …“
Sie hätte sich lieber an ihm festgehalten, an seinen breiten Schultern, die Arme um ihn geschlungen und nie wieder losgelassen. Na toll, dachte sie. Dies war wirklich nicht die passende Zeit, um sich an die idiotische Schwärmerei von damals zu erinnern. Sie musste Hunter loswerden, bevor sie etwas Dummes sagte oder tat.
„Es geht mir gut. Du brauchst keine Zeit damit zu verschwenden, dich um die lästige Schwester deines Freundes zu kümmern.“
„Du bist nicht lästig.“
„Früher hast du das anders gesehen.“
„Da warst du fünf Jahre alt.“
„Neun.“ Sie dachte an den Tag, als seine Familie in das Nachbarhaus gezogen war. Zuerst hatte sie Hunter nur wie einen Helden verehrt, dann hatte sie sich in ihn verliebt. „Was genau hat dir mein Bruder erzählt, als er dich gebeten hat, nach mir zu sehen?“
„Es war nicht so. Er hat nur angekündigt, dass du die Hütte eine Weile benutzen würdest. Also habe ich mich ein bisschen darum gekümmert.“
„Du meinst doch nicht, dass du hier gewohnt hast, oder?“ Der Gedanke, den relativ kleinen Raum mit ihm teilen zu müssen, entsetzte sie.
„Nein, natürlich nicht.“
„Gut.“
„Ich habe meine eigene Hütte. Sie ist nur einen Steinwurf entfernt.“
„Einen Steinwurf?“
Er nickte. „Du kannst sie von hier nicht sehen, aber sie liegt gleich hinter dem Hügel da. Zu Fuß zwei Minuten von hier.“
„Na toll.“ Zwei Minuten entfernt von der Versuchung, dachte sie. Wundervoll.
„Hat Michael dir nicht erzählt, dass wir diesen Besitz gemeinsam gekauft und die zwei Hütten darauf errichtet haben, gleich nach unserer Zeit auf der Polizeiakademie?“
„Nein.“ Dieser Mistkerl, dachte sie.
„Was ist nun mit dir? Wirst du mir erzählen, was passiert ist?“
„Nichts ist passiert. Na ja, das stimmt nicht direkt. Michael und Brenda haben gestern geheiratet. Tatsächlich war es schon ihre zweite Hochzeit, aber das ist eine komplizierte Geschichte.“ Die hatte mit einem gewissen Kästchen zu tun, das in diesem Moment in einem Karton neben der Couch stand.
Zu dumm, dass Hunter nicht der erste Mann gewesen war, den sie nach dem Öffnen gesehen hatte. Im Gegensatz zu Michael, der eher praktisch veranlagt war, wollte Gaylynn gern daran glauben, dass es etwas Magie auf der Welt gab.
„Ja, ich weiß von der Hochzeit“, sagte Hunter. „Es tut mir leid, dass ich nicht kommen konnte, aber ich habe gearbeitet.“
Gaylynn wusste, dass er Polizist war. Er und Michael waren zusammen auf der Polizeiakademie gewesen, nur hatte ihr Bruder die Ausbildung abgebrochen. Aber Hunter hatte sie als einer der besten seines Jahrgangs abgeschlossen. Er hatte fantastisch ausgesehen in seiner Uniform. Damals war er ein begehrter Junggeselle gewesen und hatte sich einige Jahre lang mit unzähligen Frauen verabredet. Doch schließlich hatte er geheiratet.
„Wie geht es deiner Frau?“, fragte Gaylynn nun gezwungen fröhlich.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung. Wir sind seit fast fünf Jahren geschieden.“
Das überraschte Gaylynn völlig. „Michael hat mir nie von deiner Scheidung erzählt.“
Hunter zuckte mit den Schultern. Das zog Gaylynns Aufmerksamkeit auf eben diese breiten Schultern. Er trug ein Jeanshemd, das ein bisschen heller war als die Hose. Beide Stücke waren offensichtlich schon oft gewaschen worden und nun weich genug, um sich eng an seinen Körper zu schmiegen, auch an die schmalen Hüften.
„Lass das“, ermahnte Gaylynn sich selbst leise.
„Was hast du gesagt?“
„Nichts. Ich habe mit mir selber geredet.“
„Das kommt davon, wenn man zu viel allein ist.“
„Ich bin hergekommen, um allein zu sein. Das ist es, was ich im Moment brauche.“
Hunter beobachtete, wie sie sich nervös durchs Haar strich. Gaylynn war eigentlich immer mutig gewesen, schon als Kind. Furchtlos. Er erinnerte sich, wie sie in das Baumhaus eingedrungen war, das er und Michael in dem winzigen Garten der Familie Janos gebaut hatten. Damals war sie erst neun gewesen, geradezu ein Baby im Vergleich zu seinem eigenen fortgeschrittenen
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