JULIA COLLECTION Band 12
einen Block von hier entfernt, an der Ecke, auf der rechten Seite. Sie will mit dir über die Bücher sprechen.“
„Okay.“
Hunter starrte ihr nach und schüttelte den Kopf. „Frauen!“, murmelte er.
Ma Battles Haus war sehenswert. Im Wohnzimmer stand auf jeder verfügbaren Fläche Krimskrams herum. Zusätzlich gab es an einer Wand ein Regal, das mit Büchern und Sammeltellern gefüllt war. Über der Couchlehne lag eine kunstvolle Patchworkdecke, und auf dem Esstisch stapelten sich Papiere und Akten.
„Das ist nur ein Teil des Papierkrams des Frauenvereins“, erklärte Ma Battle. „Und natürlich sind da auch noch meine Preisausschreiben. Trotz allem, was Boone behauptet, habe ich doch im Laufe der Jahre einiges gewonnen. Immerhin findet auch ein blindes Huhn mal ein Korn, nicht wahr?“
„Wie bitte?“
„Kennen Sie den Spruch nicht? Jeder hat hin und wieder mal Glück. Sehen Sie die Lampe mit den Muscheln da drüben? Die habe ich gewonnen. Und auch viele andere Dinge, die Sie hier sehen, habe ich umsonst bekommen … wie das Glas, aus dem Sie trinken.“ Ma Battle hatte Gaylynn ein Glas Eistee gereicht, kaum dass sie durch die Tür getreten war. „Das ist echtes Kristall.“
„Ich habe die Decke bewundert, die dort auf der Couch liegt. Die ist wunderschön.“
„Vielen Dank. Ich habe schon eine ganze Reihe von Decken genäht. Mindestens eine für jedes meiner fünf Kinder und fünfzehn Enkelkinder. Sie wohnen inzwischen nicht mehr in dieser Gegend, aber alle haben ihre Decken noch. Es gibt einen alten Spruch, der besagt, dass ein junges Mädchen, wenn es unter einer neuen Decke schläft, von dem Jungen träumt, den es heiraten wird.“
Gaylynn dachte, dass das wesentlich weniger dramatisch war als die Legende in ihrer eigenen Familie, nach der man die Liebe fand, „wo man hinsah“, nachdem man den Zauberkasten geöffnet hatte.
„Wir haben früher noch öfter als heute gemeinsam Patchworkdecken angefertigt“, berichtete Ma Battle. „Das ist eigentlich nur eine Ausrede, um zusammenzukommen und über alles zu reden, was so passiert. Man näht und redet …“ Ihr Südstaatenakzent wurde ausgeprägter, während sie erzählte. „Am Ende haben wir eine wunderschöne Decke vorzuzeigen. Jede hat ihre eigene Geschichte. Aber ich habe Sie nicht hergebeten, um übers Nähen zu sprechen, sondern um Ihnen zu zeigen, wo die Bücher aus der Bibliothek verstaut sind. Bessie hat mich angerufen und mir erzählt, dass Sie die Bücherei wieder aufmachen werden.“
„Dazu brauche ich allerdings Hilfe.“ Gaylynn war nun zum ersten Mal in der Lage, auch mal was zu sagen.
„Ich kann es gar nicht erwarten, damit anzufangen. Was muss zuerst getan werden?“
„Das Innere des Gebäudes muss saubergemacht werden.“
„Da stimme ich zu. Wir könnten das am Wochenende tun. Ich sorge dafür, dass jeder mit Eimer und Mop erscheint. Der alte Katalog ist in meiner Abstellkammer. Es ist ein sehr schöner Eichenschrank mit sechs Schubladen voller Karten. Die Bücher selbst sind in drei Kellern untergebracht, den drei trockensten, die es in der Stadt gibt … in meinem, Hazel Rues und Lillie Montgomerys.“
„Sie haben tatsächlich sowohl die Rues als auch die Montgomerys in diese Sache reingezogen? Ich dachte, da gäbe es eine Fehde.“
„Das stimmt auch, in gewisser Weise. Es ist nicht so schlimm wie in den alten Zeiten, wo es wirklich blutig zuging. Nicht, dass es hier je so grausig gewesen wäre wie in Tennessee oder Kentucky“, behauptete sie. „Jedenfalls wollte ich nicht zwischen den beiden Familien wählen müssen. Da Lillie Bücher verstaut hat, musste Hazel auch welche kriegen.“
Gaylynn schloss daraus, dass es eine große Ehre gewesen war, einen Teil der Bibliothek beherbergen zu dürfen. „Von wie vielen Büchern reden wir eigentlich?“, fragte sie.
„Ich weiß es nicht genau. Wir sind nie dazu gekommen, sie zu zählen. Aber ich würde sagen, ich habe zwanzig bis dreißig volle Kartons und die beiden anderen jeweils ungefähr genauso viel.“
„Dann konzentrieren wir uns erst einmal darauf, das Haus sauberzumachen, und danach bringen wir die Bücher hin. Die Bibliothek wäre allerdings nur jeweils ein paar Stunden geöffnet. Ich könnte einen Teil des Tages dort sein, und dann kann vielleicht jemand anders einspringen.“ Gaylynn dachte einfach laut.
„Was immer Sie für das Beste halten.“
Die Frage, was geschehen würde, wenn Gaylynn nach Chicago zurückkehrte, blieb unausgesprochen.
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