JULIA COLLECTION Band 14
Geltung kamen.
Angie wünschte, sie hätte sich etwas Hübscheres angezogen als ihre Jeans und den schon verwaschenen weißen Baumwollsweater. Außerdem waren ihre Haare durcheinander und lösten sich bereits teilweise aus dem Pferdeschwanz.
Er ist ein Gangster, rief sie sich ins Gedächtnis. Was spielt es für eine Rolle, was er von deinem Aussehen hält? Sie erwiderte sein Lächeln und hoffte, dass es möglichst boshaft geraten war.
„Wo haben Sie sie gefunden?“, fragte Angies Vater interessiert.
„In meinem … Adressbuch“, erwiderte Ethan. „Das ich von der Handelskammer bekommen habe, damit ich die prominenten Leute der Stadt rasch finde.“
Angie war einen Moment lang verdutzt. „Ich stehe im Adressbuch der Prominenten der Stadt? Davon hatte ich ja gar keine Ahnung.“ Sie strahlte. „Das ist toll.“
Louis Ellisons Blick wanderte neugierig zwischen den beiden hin und her.
„Ja, Sie stehen drin“, bestätigte Ethan. „Unter der Rubrik ‚Presse‘.“
„Sieh mal an.“ Angie bemerkte einen riesigen Strauß bunter Chrysanthemen in seiner Hand und errötete wider Willen. Selbstverständlich war er verachtenswert. Aber wie süß von ihm, Blumen mitzubringen! Noch dazu in ihren Lieblingsfarben Gold und Orange. Wie hatte er das erraten? Sie lächelte schüchtern und wollte gerade die Hand danach ausstrecken, als er sich an ihre Mutter wandte.
„Mrs. Ellison“, sagte er und überreichte Angies Mutter den Strauß. „Das ist nur ein kleines Dankeschön für die großzügige Einladung zum Dinner.“
Diesmal errötete Angies Mutter. „Was für ein reizender junger Mann Sie sind.“ Sie warf ihrer Tochter einen bedeutungsvollen Blick zu. „Solche Manieren sind heutzutage bei jungen Menschen selten.“
Angie verkniff sich jeden Kommentar und ging zu dem Sessel neben dem Kamin, damit sie wenigstens nicht die Couch mit diesem Kerl teilen musste. Doch Ethan setzte sich auf den zweiten freien Sessel, und ihr Vater landete auf dem Sofa.
Die beiden Männer tauschten Freundlichkeiten aus und sprachen über das Geschäft. Ethan klang tatsächlich wie ein Vertreter. Aber das hat überhaupt nichts zu bedeuten, ermahnte Angie sich. Heutzutage konnten alle möglichen Leute kriminell werden.
„Mr. Zorn“, warf sie während einer Gesprächspause ein. „Ich hörte, Sie sind aus Philadelphia.“
Er nickte. „Absolut. Ich bin durch und durch ein Junge aus dem Süden Philadelphias.“
„Angeblich ist die Mafia dort sehr aktiv.“
„Angie“, warnte ihr Vater sie.
Doch Ethan lachte nur. „Meine Heimatstadt hat weit mehr als Kriminalität zu bieten, Miss Ellison. Selbstverständlich gibt es dort Probleme wie in jeder Großstadt. Aber man wird auch viele liebenswerte Seiten entdecken. Vielleicht möchten Sie sie einmal besuchen. Es ist eine sehr aufregende Stadt. Ich würde Sie Ihnen gerne zeigen.“
„Oh, das glaube ich Ihnen gern“, erwiderte Angie. Wahrscheinlich zuerst den Delaware River, dachte sie, und zwar mit einem Zementblock an den Füßen. Ethan wollte noch etwas hinzufügen, doch Angies Mutter rief, das Essen sei fertig.
Dummerweise saß Angie Ethan am Esstisch direkt gegenüber. Es war der Platz ihres älteren Bruders James, wann immer er zu Besuch kam. Er war Professor in Stanford und lehrte Fischkunde.
Das Dinner verlief ruhig, bis auf einen kleinen Zwischenfall, als Angie Ethan die Sauciere reichte und ihm – natürlich ganz aus Versehen – fast den gesamten Inhalt in den Schoß kippte. Nach dem Essen machte Angies Mutter den Vorschlag, Angie und Ethan sollten ihren Kaffee ruhig draußen im Mondschein auf der Veranda trinken.
„Es ist ein herrlicher Abend“, bemerkte Millie. „Und es stehen so viele Sterne am Himmel. Wenn ihr euch anstrengt, könnt ihr vielleicht sogar Bob sehen und den Preis für die erste Sichtung ohne technische Hilfsmittel gewinnen. Dieses Jahr gibt es ein Wochenende am Lake Modoc zu gewinnen.“
„Es ist noch zu früh, um den Kometen mit bloßem Auge zu erkennen“, meinte Angie. „Es wird noch ein paar Tage dauern.“
„Nun, ihr könnt doch trotzdem hinausgehen und Ausschau halten“, beharrte ihre Mutter.
Na fabelhaft, dachte Angie. Jetzt versuchte auch schon ihre Mutter, sie mit einem Kriminellen zu verkuppeln. Doch anstatt weiter zu protestieren, schenkte sie zwei Tassen Kaffee ein und reichte eine an Ethan weiter.
Nach dem Sonnenuntergang war es deutlich kühler geworden, und mit dem Einsetzen der Nacht wurde es richtig kalt. Angie
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