JULIA COLLECTION Band 15
sie über die zehn Pfund, die sie angeblich verlieren musste. Das Übergewicht hatte ihrem Privatleben jedoch nicht geschadet. Wenn sie einen Raum betrat, fielen den Männern beim Anblick ihrer üppigen Kurven fast die Augen aus dem Kopf.
„Komm schon, Mel, hab Erbarmen, und schaff dieses Zeug von hier weg“, flehte Becky jetzt. „Ich halte als Gegenleistung für den Rest des Tages hier die Stellung.“
Nun konnte Melanie keinen Rückzieher mehr machen. Sie hatte sich auf den verrückten Plan eingelassen und musste ihn durchhalten. Widerstrebend griff sie nach Mantel, Tasche und den PR-Unterlagen für Carlton Industries .
„Hilf mir, die Sachen zum Wagen zu tragen“, bat sie. „Destiny ist übers Ziel hinaus geschossen und hat nicht nur für ein Abendessen, sondern für das ganze Wochenende eingepackt.“
„Vielleicht setzt sie große Hoffnungen in dieses Essen“, mutmaßte Becky und schleppte zwei der schweren Körbe zu Melanies Wagen.
„Oder sie rechnet mit einem Schneesturm“, erwiderte Melanie. Bei ihrem Pech würde sie womöglich wirklich zusammen mit einem Mann einschneien, der sie eigentlich nicht wiedersehen wollte. „Hast du den Wetterbericht mitbekommen?“
„Das ist gar nicht nötig.“ Becky deutete zum Himmel in Richtung Westen. Das dunkle Grau war ein untrügliches Anzeichen für Schnee.
Melanie seufzte. „Sollte es schneien und ich am Montag nicht wieder hier sein, musst du kommen und mich freischaufeln. Notfalls kauf einen Schneepflug. Versprich mir das!“
„Damit warte ich lieber, bis du es am Montag ein weiteres Mal verlangst“, erwiderte Becky amüsiert. „Könnte ja sein, dass du dann nicht mehr gerettet werden willst.“
„Versprich es mir“, verlangte Melanie, „sonst kündige ich dir, selbst wenn ich den Auftrag bekomme und wir im Geld schwimmen.“
„Schön, schön“, wiegelte Becky ab. „Wenn du am Montag nicht auftauchst, rette ich dich.“Vergnügt fügte sie hinzu: „Oder ich erkläre wenigstens der Polizei, wo sie nach deiner Leiche suchen soll.“
„Keine Scherze“, bat Melanie. „Es könnte wirklich schlimm ausgehen.“
„Du machst dir tatsächlich Sorgen?“, stellte Becky fest.
„Nicht, dass er mich umbringen könnte“, gestand Melanie, „aber es ist durchaus möglich, dass er mich in den Schneesturm davonjagt und ich vor Scham sterbe.“
„Niemand stirbt vor Scham, zumindest nicht im PR-Geschäft. Schließlich sind wir Meister darin, die Meinung von Menschen zu manipulieren. Vergiss das nie.“
„Das wird mich alles bestimmt wärmen, wenn ich in einer Schneeverwehung festsitze und mir den Po abfriere“, erwiderte Melanie.
„Vergiss dein Handy nicht“, erinnerte Becky lachend. „Damit kannst du Hilfe holen. Meines Wissens nach lieben es Sanitäter, Frostbeulen an dieser bewussten Stelle zu behandeln.“
Nicht mal von ihrer Assistentin und besten Freundin konnte Melanie Mitgefühl erwarten! Sie startete den Motor, fuhr vorsichtig die vereiste Zufahrt bis zur geräumten und gestreuten Straße hinunter und warf keinen Blick zurück, weil sich die herzlose Verräterin Becky vermutlich vor Lachen bog.
Richard hatte keine Ahnung, warum er sich von seiner Tante dazu hatte überreden lassen, das Wochenende mit ihr im Landhaus zu verbringen. Und nun wartete er schon seit zwei Stunden auf ein Lebenszeichen von Destiny. Sie hatte nicht mal angerufen.
Allmählich machte er sich Sorgen. Natürlich wurde eine Frau, die um die ganze Welt gereist war, mit allem fertig, aber sie war schließlich seine Tante. Seit dem Tod seiner Eltern sorgte er sich ständig um die Menschen, die ihm noch geblieben waren. Er hatte kaum zusehen können, als Mack Football spielte. Ständig hatte er gefürchtet, ein besonders aggressiver Verteidiger könnte seinem jüngeren Bruder das Genick brechen. Als schließlich eine Knieverletzung Macks Karriere beendete, war Richard sehr erleichtert gewesen, Mack fortan im Verwaltungsbüro der Mannschaft zu wissen.
Endlich hörte er Schritte auf der Veranda und riss die Tür auf. „Höchste Zeit“, rief er gereizt, um seine Sorge zu überspielen. Dann erst sah er sich die vermummte Frau genauer an. „Sie?“
„Hallo“, entgegnete Melanie fröhlich. „Überraschung!“
Richard wurde flau im Magen. „Was hat Destiny sich dabei bloß gedacht?“, sagte er halblaut. Garantiert steckte seine Tante dahinter, es konnte gar nicht anders sein.
Diese Melanie war aber offenbar wesentlich härter im Nehmen, als er gedacht
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