JULIA COLLECTION Band 20
suchte immer noch nach einer Antwort, die nicht banal klang, als Sasha fortfuhr: „Entschuldigen Sie, meine Familiengeschichte interessiert Sie bestimmt nicht sonderlich. Ich weiß gar nicht, wieso mir das jetzt in den Sinn kam. Wahrscheinlich, weil ich hier so untätig herumliegen muss, obwohl ich so viel zu erledigen hätte.“
Das war nur eine dumme Ausrede, aber Sasha konnte ja schlecht zugeben, dass sie Jake am liebsten alles aus ihrem Leben erzählt hätte.
Sie zog sich den Rock über die Knie. Gleich nach Jakes Anruf war sie in ihr Schlafzimmer gehumpelt und hatte sich einen langen, geblümten gelben Rock und eine hellgrüne Seidenbluse angezogen. „Kennen Sie viele Leute in Muddy Landing?“ Sie wollte lieber das Thema wechseln.
Jake zögerte einen Moment, bevor er darauf einging. „Nur ein paar Deputys. Ich kannte mal einen Kerl, der unten am Fluss ein Angelgeschäft hat. Vor ein paar Jahren ist er aber weggezogen.“
„Und wie steht’s mit Ihren Steuern?“
„Wie bitte?“ Er musste sich wohl verhört haben.
„Mit den Steuern. Das ist das Geld, das jeder von uns abgeben muss, damit Schulen unterhalten, Straßen ausgebessert und Politiker bezahlt werden können.“
„Ach so. Diese Steuern.“ Lachend schlug er sich vor die Stirn und ließ sich seine Verwunderung nicht anmerken. „Klar, ich bezahle Steuern. Einkommenssteuer, Grundstückssteuer, den ganzen Kram. Die genauen Zahlen kann ich Ihnen durchgeben, wenn Sie wollen, aber da müsste ich erst selbst zu Hause nachsehen.“
Peinlich berührt senkte Sasha den Blick. „Entschuldigen Sie, so war das nicht gemeint. Aber zufällig kenne ich eine Steuerberaterin, die nicht weit von hier wohnt. Sie heißt Lily Sullivan, und …“
„Und?“
Sie zuckte mit den Schultern. Soweit sie wusste, hatte Lily mehr Mandanten, als sie beraten konnte. Vielleicht war sie nicht einmal daran interessiert, sich mit einem Mann zu treffen. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Trio einen Fehlschlag landete. „Zufällig weiß ich, dass sie exzellente Arbeit leistet, und da dachte ich …“ Sie schüttelte den Kopf. „Vergessen Sie es. Sie und Ihre Steuern gehen mich nichts an.“
Jake stand langsam auf. Er ragte hoch über Sasha auf, doch seltsamerweise fühlte sie sich dadurch in keiner Weise eingeschüchtert. „Reichen Sie mir die Packung Mais. Ich lege sie zurück ins Tiefkühlfach. Wenn Sie eine Kühltasche haben, dann könnte ich Ihnen das Tiefkühlgemüse, kalte Getränke und Kühlelemente gleich hier neben das Sofa stellen.“
Vor Verlegenheit wurde Sasha rot. „Nein danke, meine Kühltasche ist leuchtend blau. Die passt unmöglich in dieses Zimmer.“
Einen Moment schaute er ihr nur in die Augen, dann sah er sich im Raum um. „Ja, jetzt, wo Sie es sagen, verstehe ich es. Blau wäre hier in der Tat ein Problem.“
Anscheinend hielt er sie für komplett verrückt, und vielleicht lag er damit gar nicht mal so falsch. „Tut mir leid, ich bin es nicht gewöhnt, untätig zu sein. Das regt mich auf, und dann arbeitet mein Mund schneller als das Gehirn.“
Jake nickte nur. „Sie sollten das Bein in den nächsten zwei Tagen so wenig wie nötig belasten. Je eher die Schwellung abklingt, desto schneller haben Sie Ihr Auto wieder. Oder Sie geben mir die Autoschlüssel. Ich finde bestimmt jemanden, der Ihnen den Wagen herfährt. Hack, so heißt der Junge, der für mich arbeitet, der …“
„Nie im Leben lasse ich zu, dass ein Junge namens Hack mein Cabrio mit seinen schmierigen Fingern anfasst. Morgen werde ich mich von einer Freundin nach Kitty Hawk fahren lassen. Bis dahin wird mein Knöchel sicher wieder abgeschwollen sein.“
Ganz kurz überlegte Jake, ob er seinen jungen Angestellten verteidigen sollte, aber dann fiel ihm Hacks Wagen ein. Bestimmt gab es einen Grund, aus dem Hack sich nachträglich einen Überrollbügel in sein Auto hatte einbauen lassen.
Flüchtig sah er zu dem hautfarbenen Verband und überlegte, ob er ihn abwickeln sollte, damit er den Zustand von Sashas Knöchel begutachten konnte. Doch das ließ er dann doch lieber sein. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Sasha anstelle des Metallclips den Verband jetzt mit einer kleinen Brosche festgesteckt hatte. Jake konnte nur den Kopf schütteln. „Wie Sie wollen. Denken Sie aber daran, in einer verkehrsarmen Zeit zu fahren. Vielleicht zur Mittagszeit oder ganz früh am Morgen.“
Sie nickte und versprach es ganz ernsthaft, obwohl sie beide wussten, dass sie es so machen würde, wie sie
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