JULIA COLLECTION Band 20
keinen Sinn, aber ein Blick auf Jake Smith reichte, um alles zu vergessen, was sie jemals über Männer gelernt hatte. Im Grunde sah er nicht einmal sonderlich gut aus, doch gutes Aussehen, elegante Kleidung, schnelle Autos und geschliffene Manieren waren bei Männern nichts, worauf man sich verlassen konnte.
Jake Smith wirkte sehr verlässlich, auch wenn er in Sasha ständig Unruhe erzeugte.
Er hatte sie bereits in ihrer schwärzesten Stunde erlebt, als sie wie ein Waschbär mit verschmiertem Make-up in ihrem alten Kaftan herumgelaufen war. Und am Tag darauf hatte er einen Leistenbruch riskiert, um sie all diese Stufen hinunterzutragen.
War eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, dass Hilfsbereitschaft durchaus sexy sein konnte?
„Na ja, wenn Sie ohnehin hier in der Gegend sind, wäre ich Ihnen dankbar für den Schuh.“
„Dann bin ich in ungefähr einer Stunde bei Ihnen. Soll ich sonst noch etwas mitbringen? Ich komme an einer ganzen Reihe von Einkaufszentren vorbei.“
In Gedanken war Sasha bereits ganz woanders. Sie dachte an ihre Frisur, ihr Gesicht und das entsetzliche Ding, das sie trug.
„Nein? Also schön, bis dann. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, können Sie mich ja übers Handy erreichen. Die Nummer haben Sie doch noch, oder?“
Jake wartete auf eine Antwort, doch Sasha schwieg. „Wo sind Sie gerade? Liegen Sie?“
„Ich bin auf halbem Weg zwischen Küche und Wohnzimmer.“ Mühsam humpelte sie weiter in Richtung Sofa.
„Haben Sie den Knöchel auch gut gekühlt? Sie sollten lieber aufhören, Unsinn zu machen, dann können Sie auch eher wieder Auto fahren.“
Am liebsten hätte sie ihn gefragt, was er unter Unsinnmachen verstand, doch zum Glück setzte ihr Verstand rechtzeitig wieder ein, denn Unsinn mit Jake kam überhaupt nicht infrage. Dieser Mann war für Lily eingeplant!
Es dauerte fast zwei Stunden, bis Jake vor dem violett angestrichenen Haus mit den grünen Fenstersimsen anhielt. Flüchtig blickte er in den Rückspiegel und fuhr sich durchs Haar. Er musste unbedingt wieder zum Friseur, aber wenigstens hatte er sich rasiert. Um fünf Uhr früh war er aufgewacht und hatte nicht wieder einschlafen können. Deswegen war er hinüber ins Büro gegangen und hatte ein bisschen Ordnung in die Unterlagen und Akten gebracht, ehe die Dachdecker wieder mit der lärmenden Arbeit angefangen hatten.
Kurz darauf waren Hack und Miss Martha im Büro erschienen, und Jake hatte noch schnell geduscht und sich rasiert, bevor die Handwerker kamen, um die Malerarbeiten zu beenden. Nur noch ein paar Tage, hatte er sich auf der Fahrt nach Norden gesagt, dann sieht das ganze Haus wieder aus wie neu.
Zufällig trug er das neue Polohemd, das Timmy ihm zum letzten Geburtstag geschenkt hatte. Jake hatte es als Hinweis aufgefasst, sich neue Kleidung zuzulegen, aber wenigstens hatte der Junge ihm keine Krawatte geschenkt. Heute hatte er sogar sein gutes Rasierwasser benutzt, obwohl er sich den Grund dafür nicht ganz erklären konnte. Vielleicht wollte er nur verhindern, dass das Zeug in der Flasche schlecht wurde.
Er griff nach dem Blumenstrauß auf dem Rücksitz, den er zusammen mit ein paar Lebensmitteln im Supermarkt gekauft hatte. Bestimmt brauchte Sasha mehr gefrorenes Gemüse, etwas Saft, Doughnuts und vor allem Milch zur Stärkung der Knochen. Und Blumen, weil … ja, warum nicht?
Er klingelte und drehte probehalber am Türknauf. Die Tür ging auf. „Sasha? Stehen Sie nicht auf, bleiben Sie ja liegen.“ Als Experte für Gebäudeschutz wollte er darauf hinweisen, wie riskant es war, die Tür unverschlossen zu lassen, doch er verkniff sich die Bemerkung. Im Moment sollte Sasha lieber darauf verzichten, bei jedem Klingeln an der Tür aufzuspringen.
Mit zwei Plastiktüten in der einen und den Blumen in der anderen Hand schaute er ins Wohnzimmer. „Da sind Sie ja.“
Da lag sie und sah besser aus als in seiner Erinnerung.
Rothaarige Frauen waren nie sein besonderer Fall gewesen, aber eigentlich hatte er überhaupt keinen bevorzugten Frauentyp. Rosemary war groß, schlank, blond und athletisch gewesen. Sashas Haar dagegen schimmerte kupferfarben, und ihre Augen leuchteten smaragdgrün.
Grün? Gestern waren sie noch blau gewesen. Und am Tag zuvor grünbraun.
„Die sehen aber sehr hübsch aus.“ Sie strahlte ihn an.
Jake blickte auf den Blumenstrauß in seiner Hand, als sehe er ihn jetzt zum ersten Mal. „Ja, die … die fielen mir ins Auge, und da dachte ich …“ Er zuckte mit den Schultern.
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