Julia Collection Band 21
„Ich war verärgert, als Pete mich küsste, aber er hat mir erzählt, dass er schon so lange auf diese Chance gewartet hat. Mir hat er wirklich leidgetan, denn seien wir ehrlich – der einzige Mann auf der Welt ist für mich Christien.“
Am schwersten war es Pippa gefallen, Gleichgültigkeit über die Demütigung zu heucheln, die Pete ihr angetan hatte. Er hatte sie bloß benutzt, um an Informationen über Tabby heranzukommen, und als Ausrede für Besuche im Bauernhaus, das sie alle bewohnt hatten, weil er gehofft hatte, ihrer Freundin wieder zu begegnen. Das ohnehin geringe Vertrauen, das Pippa in ihre Menschenkenntnis hatte, war gründlich zerstört worden, denn Pete hatte deutlich gezeigt, dass er absolut nichts für sie empfand.
Das Räuspern des Büroboten riss sie aus ihren traurigen Grübeleien. Der junge Mann stand vor ihrem Schreibtisch und hielt ein gigantisches Blumenarrangement in den Händen.
„Wow!“ Jonelle machte große Augen. „Ist heute dein Geburtstag oder so?“
Pippa nahm den Umschlag aus den Blumen und öffnete ihn mit zittrigen Fingern.
Schick mir eine SMS mit Deiner Adresse. Wollen wir früher Feierabend machen?
Obwohl die Unterschrift fehlte und es auch nicht seine Handschrift war, wusste sie sofort, von wem das Gesteck stammte, denn sie kannte keinen anderen Menschen, der es sich leisten konnte, ein Vermögen für Blumen auszugeben. Sie sank auf ihren Stuhl zurück. Es wäre zwar würdevoller, die Geste und die Botschaft zu ignorieren, aber sie sehnte sich danach, ihr Handy herauszuholen und Andreo die gewünschten Informationen zu übermitteln.
„Ein Anruf für dich, Pippa“, verkündete Jonelle, die den Nebenanschluss auf Cheryls Tisch abgenommen hatte.
Pippa meldete sich.
„Müssen wir Versteck spielen?“, beschwerte Andreo sich. „Meine englische Großmutter pflegte immer zu sagen: ‚Wer die Wahrheit spricht, braucht den Teufel nicht zu fürchten.‘“
„Schade, dass ihre Lebensweisheit nicht auf dich abgefärbt hat“, flüsterte sie und wickelte sich eine lange Locke um den Finger, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte.
„Ich musste alle meine Mitarbeiter hinausschicken, um mit dir telefonieren zu können.“
„Ich habe dich nicht darum gebeten.“ Ein Lächeln umspielte ihre Lippen.
„Ich brauche mein Telefon!“ Ohne weitere Vorwarnung schnappte Cheryl sich den Hörer und unterbrach das Gespräch.
Erstaunt sah Pippa sie an. „Dazu gab es gar keinen Grund …“
„So?“ Cheryl war offenbar außer sich vor Wut. „Ihretwegen habe ich soeben die größte Blamage meines Lebens erlitten!“
„Wie bitte?“ Erst jetzt merkte Pippa, dass die Brünette den Tränen nahe war.
„Ich habe meinen Vortrag gehalten, und dieses zynische Scheusal D’Alessio hat mich geradezu mit Fragen überschüttet. Als ich sie nicht beantworten konnte, hat er mich wie eine Schwachsinnige behandelt. Es ist Ihre Schuld, dass ich nicht gut genug vorbereitet war!“ Cheryl schluchzte laut auf.
Mitten in das betretene Schweigen hinein, das plötzlich in der Abteilung herrschte, erschien Ricky Brownlow. Sein Unbehagen über Cheryls Ausbruch war unverkennbar. „Miss Long ist durcheinander und weiß nicht, was sie sagt, Pippa. Es tut mir leid. Ich bin sicher, Cheryl wird sich später bei Ihnen entschuldigen, sobald sie sich wieder gefangen hat.“
Während er die weinende Brünette in sein Büro schob, protestierte Cheryl lauthals, dass sie nicht die Absicht habe, sich für irgendetwas bei Pippa zu entschuldigen.
„Seit wann macht Ricky so viel Wirbel um Cheryl?“, fragte jemand.
„Offenbar hat sie auf die harte Tour gelernt, dass sie für Pippas Job ungeeignet ist. Geschieht ihr recht“, meinte Jonelle verächtlich. „Am meisten wundert mich, dass sie so dreist war, sich dafür überhaupt zu bewerben!“
Pippas Handy summte. Statt sich jedoch zu melden, schaltete sie es ab. Es war sicher Andreo. Sie steckte das Telefon in die Tasche und machte sich wieder an die Arbeit. Als sie eine Stunde später nach Hause gehen wollte, kam Cheryl zu ihr. Augen und Nase waren noch immer gerötet, ihre Abneigung war kaum verhohlen, trotzdem rang sie sich mürrisch ein paar entschuldigende Worte ab.
Pippa zeigte sich großzügig, doch das Benehmen der Brünetten bestätigte sie in der Überzeugung, dass ihre Tage bei Venstar gezählt waren. Als sie in dem kleinen Haus eintraf, das sie früher mit ihrem Vater bewohnt hatte, bestellte sie sich telefonisch eine Pizza. Dann befreite
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