Julia Collection Band 23
nicht. An dem Wochenende bin ich in Irland.“
Sie ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. Seine Arbeit ging vor, und später würden sie noch genügend Gelegenheit haben, zusammen zu sein. Carson hatte vor Kurzem eine alte Villa in Savannah im Süden Amerikas gekauft, die er jetzt restaurieren ließ. Bedeutete das nicht, dass er sich mit Heiratsgedanken trug? Wahrscheinlich machte sie sich ganz umsonst Sorgen.
Carson war nicht besonders mitteilsam. Er sprach nicht von seinen Plänen, er handelte – und hatte es auf diese Weise in zwölf Jahren vom armen Fischersohn zum Multimillionär geschafft.
Vielleicht steckte er ihr bei seinem nächsten Besuch ohne große Vorankündigung den Trauring an die Hand – oder erst in zehn Jahren. Bei ihm konnte man das nicht wissen.
Das Telefon klingelte. Molly ließ es klingeln, ihre Hände waren voller Motoröl. Wozu gab es Anrufbeantworter? Dann vernahm sie seine Stimme aus dem Lautsprecher.
„Hallo, Molly. Ich bin’s, ich wollte dir nur sagen …“
Sie stürzte ans Telefon und riss den Hörer von der Gabel. „Carson! Wie geht es dir? Wo bist du?“
„In Miami, in einer Besprechung. Wir haben gerade Kaffeepause. Und da dachte ich, ich rufe kurz an.“ Pause. „Du fehlst mir.“
Sie lächelte. „Wirklich?“
„Wirklich.“ Seine Stimme klang ein wenig rau. „Gott, diese ewige Hektik! Die Geschäfte, das neue Haus … Na ja, du weißt schon. Bei meinem letzten Besuch hatten wir auch kaum Zeit füreinander.“
Mollys Herz schlug höher. „Nein“, sagte sie. „Ich wusste, dass du beschäftigt warst.“
„Das bin ich immer. Aber manche Dinge sind wichtiger als andere.“
„Das stimmt.“
„Was ich dir sagen wollte – ich komme doch zum Festival. Ich habe den Termin in Irland verschoben.“
„Super!“
„Ja. Wir müssen miteinander reden und … Was? Moment, Molly.“ Ein paar Sekunden war es still, dann war er wieder am Apparat. „Ich muss gehen, wir sehen uns Samstag.“
„Carson …“
„Bis Samstag.“ Er legte auf.
Molly blickte gedankenverloren auf den Hörer in ihrer Hand. Ihr Herz klopfte stürmisch. Er kam! Sie würden miteinander reden und … Dann seufzte sie.
Natürlich freute sie sich, dass er reden wollte. Sie wollte es auch. Aber das war alles, was sie bisher getan hatten, von ein paar Küssen abgesehen.
Für mehr hatte Carson keine Zeit.
Keine Zeit – oder keine Lust?
Lag es an ihr? Weil sie nach Motoröl roch und in Arbeitsstiefeln herumlief?
Dem ließ sich abhelfen. Sie konnte sich neue Schuhe und eine teure Seife kaufen. Aber wie ging es dann weiter?
Joaquin Santiago kann es dir sagen, flüsterte die innere Stimme ihr zu.
Höchstwahrscheinlich – aber sie konnte und wollte ihn nicht fragen.
Joaquin Santiago saß auf dem Balkon seines Hotelzimmers und starrte aufs Meer.
Von allem, was er bisher von der Welt gesehen hatte – und in den zwölf Jahren als Fußballprofi hatte er eine ganze Menge gesehen – war ihm Pelican Cay am liebsten.
Er war neunzehn, als er die kleine Insel mit seinem Freund und Teamkameraden Lachlan zum ersten Mal besuchte, um bei dessen Bruder Hugh ein paar Urlaubstage zu verbringen. Für jemanden, der die meiste Zeit in Barcelona und anderen Großstädten verbrachte, war Pelican Cay das Paradies auf Erden, und er kam, wann immer er eine Ruhepause brauchte.
Aber er vergaß nie, dass sein wirkliches Leben in Europa war. Wenn er an dem weißen Sandstrand saß und auf das Meer blickte, dachte er an das, was auf der anderen Seite des Atlantiks auf ihn wartete: Karriere, Ruhm, Reichtum. Er war einer der begehrtesten Stürmer weltweit – der „Mann mit den goldenen Füßen“.
Oder vielmehr, er war es gewesen.
Jetzt hielt der Horizont kein Versprechen mehr, leer und trostlos lag die Zukunft vor ihm.
Es gab keine Zukunft – sie endete vor fünf Monaten mit einem Kopfball.
Genauer gesagt, vor fünf Monaten, einer Woche und fünf Tagen, als er und Yevgeny Pomasanov gleichzeitig nach dem Ball köpften. Er traf den Ball, Yevgeny seinen Kopf – und Joaquins Karriere war zu Ende.
Es war einfach lächerlich, und er konnte es immer noch nicht glauben. Tausendmal, wenn nicht öfter, war er mit anderen Spielern zusammengestoßen, niemals hatte das Folgen gehabt. Dergleichen gehörte zu seinen Berufsrisiken.
Diesmal war es anders. Als Joaquin nach dem Sturz aufstehen wollte, entdeckte er, dass seine Arme und Beine taub waren und er sich nicht bewegen konnte. Er war gelähmt. Unvorstellbar!
Er
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