Julia Collection Band 23
es nicht eilig, in den Ruhestand zu treten.“
Joaquin war nicht dumm. Er wusste, dass er nicht ewig spielen konnte. Früher oder später begann auch für ihn das, was sein Vater den „Ernst des Lebens“ nannte. Aber dieser Tag lag noch in weiter Ferne.
Jetzt war er gekommen; aus der fernen Zukunft war mit einem Schlag die unerbittliche Gegenwart geworden. Sein Vater und die Firma warteten, ebenso wie seine Mutter mit einer Reihe von Heiratskandidatinnen. Auch das gehörte zum „Ernst des Lebens“.
Er konnte es noch nicht und teilte es seinen Eltern mit.
„Ich brauche mehr Zeit“, sagte er. „Die Umstellung ist zu groß, ich muss mich erst darauf vorbereiten.“
„Du bereitest dich seit vier Monaten vor“, protestierte Martin ungeduldig.
Seine Mutter zeigte mehr Verständnis. „Dränge ihn nicht“, sagte Ana zu ihrem Mann, während sie Joaquins Hand tätschelte. „Wir haben so viele Jahre gewartet, welchen Unterschied macht es da, ob er jetzt oder erst in ein oder zwei Monaten anfängt? Für ihn ist es nicht einfach.“
Widerstrebend gab Martin schließlich nach. „Also gut. Aber vergiss nicht, dass wir auf dich warten.“ Er maß seinen Sohn mit einem strengen Blick.
Joaquin nickte. „Das weiß ich. Ihr könnt euch auf mich verlassen.“
„Natürlich können wir das“, sagte seine Mutter und gab ihm einen Kuss. „Und wenn du kommst, dann wirst du auch an die Enkel denken, auf die ich mich schon so lange freue.“
Der Fortbestand der Familie gehörte natürlich mit zu seinen Pflichten. Joaquin wusste, dass seine sorgenfreien Junggesellentage – und -nächte – gezählt waren. Seine Mutter würde mit Sicherheit dafür sorgen, dass er standesgemäß heiratete.
Wahrscheinlich wartet sie mit ihrer Kandidatin schon hinter den Kulissen, dachte er jetzt missmutig. Er griff nach dem Buch, das Lachlans Frau ihm geliehen hatte, legte es jedoch nach ein paar Minuten wieder zur Seite. Fiona hatte versichert, dass es unheimlich spannend sei, aber er war immer noch auf der ersten Seite. Die Worte ergaben einfach keinen Sinn.
„Sie lesen ?“, Joaquin vernahm eine weibliche Stimme neben sich.
Überrascht drehte er sich um und erblickte Lachlans Schwester Molly auf dem Nachbarbalkon.
„Was tun Sie hier?“, fragte er und zog eine Augenbraue hoch. „Soviel ich weiß, gehören Motoren nicht zur Zimmereinrichtung.“
Sie war eine ungewöhnliche junge Frau, Hughs Mechanikerin und Kopilotin. Wie üblich trug sie ein ölverschmiertes T-Shirt und Männershorts. Bisher hatte er sie erst einmal in einem Kleid gesehen – und das war geborgt, wie er später erfuhr. Anlass für dieses außergewöhnliche Ereignis war Lachlans Hochzeit gewesen.
Er hatte sie nicht einmal wiedererkannt, aber das frische hübsche Gesicht unter den Gästen war ihm aufgefallen. Sie sah sexy aus, und sie interessierte ihn auf einmal. Als er sie zum Tanzen aufforderte, sah sie ihn ungläubig an.
„Ich soll mit Ihnen tanzen?“
„Im Allgemeinen lade ich eine Frau nicht dazu ein, mit jemand anderem zu tanzen“, erwiderte er.
Sie lachte etwas gezwungen. „Danke, ich verzichte. Bemühen Sie sich nicht.“ Damit drehte sie sich um und ließ ihn stehen.
Für ihn war es eine neue Erfahrung: Bisher hatte ihm noch keine Frau einen Korb gegeben. Nicht, dass ihre Weigerung ihm etwas ausgemacht hätte, es gab genügend andere Frauen. Fünf Minuten später dachte er nicht mehr daran.
Danach waren sie sich, wenn er nach Pelican Cay kam, zwangsläufig ein paarmal über den Weg gelaufen. Sie war schließlich Lachlans Schwester und die Insel nicht groß. Bei diesen Gelegenheiten ignorierten sie sich gegenseitig, und auch jetzt verspürte er kein sonderliches Verlangen nach ihrer Gesellschaft. Andererseits war es immer noch besser, als seinen eigenen trüben Gedanken nachzuhängen.
„Was machen Sie hier?“, wiederholte er.
„Suzette hat mich gebeten, Blumen ins Zimmer zu stellen.“
Joaquin musterte sie kritisch. So, wie sie vor ihm stand, schmuddelig und ungekämmt, fiel es ihm schwer, zu glauben, dass Lachlans effiziente und tadellos zurechtgemachte Assistentin Molly in eins der makellosen Zimmer schickte. „Nur gut, dass sie Ihnen nicht aufgetragen hat, saubere Handtücher zu bringen“, sagte er und lächelte vielsagend. Im nächsten Moment ärgerte er sich: Das war unhöflich und verletzend. „ Lo siento. Bitte entschuldigen Sie die dumme Bemerkung. Ich dachte nur …“ Er sprach den Satz nicht zu Ende und wandte sich ab, in
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