Julia Collection Band 25
geschworen, dass sie nie wieder irgendjemandem für Almosen dankbar sein würde. Dass sie ab sofort selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen würde. Und genau das hatte sie getan.
Sie hatte ihr Studium mit verschiedenen schlecht bezahlten und körperlich anstrengenden Jobs vollkommen selbstständig finanziert: als Bardame, Putzfrau, Hilfspflegerin in einem Altenheim. Das Geld, das monatlich von ihrem Adoptivvater auf ihr Konto überwiesen worden war, hatte sie nicht angerührt, sondern es ihren Adoptiveltern zurückgegeben, sobald sie von deren finanziellem Ruin erfahren hatte.
„Dolores, ich muss mit Ricardo sprechen. Können Sie mir sagen, wo ich ihn finde?“
„Er ist in seinem Arbeitszimmer. Aber er mag nicht gestört werden, wenn er arbeitet.“
Doch das interessierte Carly herzlich wenig. Sie war jetzt richtig wütend! Und weil sie darauf bestand, zeigte Dolores ihr nach einigem Zögern, wo das Arbeitszimmer lag.
Nach einem flüchtigen Klopfen stürmte Carly in das Zimmer, ohne auf eine Antwort zu warten. Ricardo saß an einem Schreibtisch auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Durch die beiden hohen Fenster schien die Abendsonne herein und blendete Carly, während Ricardos Gesicht im Schatten lag.
„Was sollen all die Sachen, die Dolores in die Schränke in meiner Suite gehängt hat? Deine Haushälterin glaubt, sie gehören mir.“
„Ach ja, gut, dass du mich daran erinnerst. Das hätte ich fast vergessen. Ich habe mit dem Geschäftsführer von ‚Barneys‘ gesprochen und dort ein Konto für dich eingerichtet, damit du dir etwas Passendes für die Party in Frankreich aussuchen kannst. Ich wollte es nicht riskieren, dafür schon etwas zu besorgen. Du hast morgen Vormittag Zeit genug, um dorthin zu gehen. Es ist direkt hinter dem Hotel ‚The Pierre‘, und du …“
„Nein!“, unterbrach Carly ihn wütend.
„Nein was?“ Ricardo stand auf und kam auf sie zu.
Um sich zu beruhigen, atmete sie tief durch. Er hatte sich umgezogen und trug jetzt Jeans und ein T-Shirt. Manchen Männern standen Jeans, anderen nicht. Ricardo sah umwerfend darin aus. Reines körperliches Verlangen breitete sich in Carly aus.
„Nein, ich werde keine Sachen anziehen, die du bezahlt hast.“
„Warum nicht? Du isst Lebensmittel, die mit meinem Geld bezahlt worden sind. Du schläfst in einem Bett, das ich bezahlt habe. Warum solltest du nicht auch Kleider tragen, die ich gekauft habe?“
„Du weißt warum. Du hast mir vorgeworfen, ich würde versuchen …“
„Ich hatte unrecht, und ich habe mich entschuldigt“, sagte Ricardo kurz angebunden.
Zweifellos gefiel es ihm nicht, daran erinnert zu werden, dass er sich geirrt hatte. „Ja, das hast du“, räumte Carly ein. „Aber …“
„Aber was? Magst du die Farben nicht, die ich ausgewählt habe? Den Stil?“
„ Du hast die Sachen ausgewählt? Wie denn? Du hast doch überhaupt keine Zeit gehabt!“
Er zuckte die Schultern. „Ich habe mir die Zeit dafür genommen.“
„Wann?“
„Ich bin heute Morgen nach St. Tropez hineingefahren, bevor wir abgereist sind.“
Vollkommen starr schaute Carly ihn an. Erfand er das? Machte er sich vielleicht über sie lustig? „Woher wusstest du meine Kleidergröße?“, fragte sie atemlos.
„Nun ja, ich bin ein Mann“, erwiderte Ricardo trocken. „Und ich habe dich in den Armen gehalten und dich berührt. Du hast üppige Brüste, aber eine sehr schmale Taille. Deine Hüften sind so gerundet, wie es die Hüften einer Frau sein sollten. Willst du noch mehr hören?“
„Nein“, flüsterte Carly heiser. „Ich werde die Sachen nicht tragen“, sagte sie im gleichen Atemzug. „Ich nehme keine Almosen an.“
„Almosen!“ Ricardo wunderte sich über die Verwendung dieses Worts. „Und ich gehe nicht mit einer Frau aus, die außer Jeans nichts anzuziehen hat!“
„Du gehst ja auch nicht mit mir aus. Ich bin hier, um zu arbeiten“, fuhr sie ihn an.
„Wir könnten von jemandem zusammen fotografiert werden, der das nicht weiß“, warf er ein.
„Du bist ein Snob.“
„Nein, ich bin Realist. Außerdem dachte ich, du hättest eine hundertprozentig professionelle Einstellung zu deiner Arbeit. Anscheinend habe ich mich geirrt.“
„Was willst du damit sagen?“, fauchte sie.
„Das ist doch wohl klar. Wenn du ein Profi wärst, würdest du akzeptieren, dass du dich für deinen Job angemessen kleiden musst. Stattdessen führst du dich hier auf wie eine Jungfrau. Obwohl wir beide wissen, dass du das ganz
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