Julia Collection Band 26
danach.
„Hast du keine Lust dazu?“, fragte Reid.
„Doch, natürlich, ich …“ Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre sie gern nach Schottland geflogen. Sie vermisste ihre Mutter schrecklich und sehnte sich sehr nach ihr.
Aber der Gedanke, so weit weg von Theo zu sein, erschreckte sie. Selbst wenn sie nicht ein Teil seines Lebens sein konnte, war es tröstlich zu wissen, dass sie im selben Land lebten. Schottland war auf der anderen Seite der Erde. „Was ist mit dir? Du wärst dann ganz allein hier.“
„Das macht nichts. In ein oder zwei Tagen kommt ein neuer Koch aus Richmond, den ich engagiert habe.“
„Was ist mit der Buchhaltung? Da gibt es doch bestimmt eine Menge aufzuholen.“
„Das kriege ich schon hin. Wenn nicht, kann Sarah Rossiter mir ja helfen.“
Annie drohte ihm mit dem Finger. „Du darfst Sarah nicht zu sehr einspannen, Reid. Als einzige Lehrerin im Ort hat sie mit der Schule genug zu tun.“
Er lief rot an, ein Muskel zuckte in seinem Gesicht. „Wie kannst du es wagen, mir vorzuwerfen, ich würde Sarah zu sehr einspannen?“
Oh nein, was war denn jetzt los? Seit wann war Reid so empfindlich, was Sarah betraf? „Bitte, entschuldige.“
Aber er beruhigte sich schnell wieder. „Hör zu“, sagte er, „im Moment gibt es auf der Farm nicht so viel zu tun. Kane braucht dringend Urlaub, und dir würde eine Ablenkung auch guttun.“
Reid hatte offensichtlich alles genau durchdacht.
„Können wir uns denn zwei Flüge nach Europa leisten? Ich habe meine Kreditkarte in Brisbane ziemlich beansprucht.“
Er sah lächelnd auf ihre neuen Jeans. „Das schaffen wir schon.“
Annie trat ans Fenster. Sie betrachtete den endlos weiten blauen Himmel und die staubige Koppel, die sich bis zum Fluss hinunterzog.
Ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass es eigentlich egal war, wo sie war. Schließlich konnte sie Theo weder sehen noch mit ihm sprechen. Ob sie sich hier im Outback oder auf der anderen Seite der Erdkugel befand, war daher ziemlich nebensächlich.
Ihre schreckliche Aufgabe bestand darin, ihn zu vergessen. Wenn sie hier in Queensland bliebe, würde das vielleicht schwierig werden.
Möglicherweise war es doch keine so schlechte Idee, nach Schottland zu fahren.
Sie holte tief Luft und wandte sich wieder Reid zu. „Danke für dein Angebot. Ich werde darüber nachdenken.“
„Du solltest dich möglichst rasch entscheiden. Kane brennt darauf, zu fahren.“
Theo legte den Kugelschreiber aus der Hand und stand auf. Vor ihm lagen die Examensarbeiten, aber er konnte sich einfach nicht auf die Arbeit konzentrieren. Alles, woran er denken konnte, war Annie.
Wo war sie nur?
Wenn er versuchte, sie über ihr Handy zu erreichen, erwischte er nur die Mailbox. Er hatte schon mehrmals auf den Anrufbeantworter in Southern Cross gesprochen, aber nie eine Antwort erhalten. Seine E-Mails waren ebenfalls unerwidert geblieben, und am Tag zuvor hatte er nicht einmal mehr Mel erreichen können.
Am liebsten wäre er nach Townsville geflogen, hätte dort einen Wagen gemietet und wäre auf direktem Weg zur Ranch der McKinnons ins Star Valley gefahren. Wenn Annie nicht dort wäre, würde er erst wieder fahren, wenn er jemanden gefunden hätte, der ihm sagen konnte, wo sie sich aufhielt. Aber leider ging das nicht, denn er musste zuerst die Examensarbeiten korrigieren. Die Abgabetermine mussten nun einmal eingehalten werden.
Bis jetzt war er mit Nackenschlägen immer gut umgegangen. Schließlich war er Philosoph und hatte sich selbst beigebracht, auf Enttäuschungen mit einem gewissen Stoizismus zu reagieren. Aber Annies Abreise hatte ihm einen Schlag versetzt, den er weder mit Vernunft noch mit Logik heilen konnte.
Er hatte ihr einmal gesagt, dass Philosophen sich nur ungern mit der Liebe beschäftigten, weil die Gefühle, die damit verbunden waren, anderen, ernsthafteren Themen im Weg standen.
Verdammt richtig. Er war ein Wrack. Der berühmte Gleichmut des Theo Grainger war nur noch ein Scherbenhaufen.
Sein Untergang hatte von dem Moment an eingesetzt, als er Annie in der Lobby des Pinnacle Hotels gesehen hatte. An diesem Abend hatte ihn die Vitalität, die sie ausstrahlte, beinahe umgehauen.
Dabei hatte er sie damals noch gar nicht gekannt.
Sprühend vor Lebendigkeit, für jeden Spaß zu haben, mutig, neugierig, sinnlich – Annie McKinnon war ein Bündel von Eigenschaften, die einen Mann aus der Bahn werfen konnten. Sie ging ihm unter die Haut und berührte sein Herz. Jetzt war sie fort. Und
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