Julia Collection Band 26
freute sich sehr für ihn.
Trotzdem erfasste sie im Auto plötzlich eine Woge der Verzweiflung. Gegen ihren Willen musste sie erkennen, in welch scharfem Kontrast Kanes Glück zu ihrem eigenen Elend stand. Ihr war völlig hoffnungslos zumute, es war, als wäre sie in ein tiefes Loch gefallen, ohne Aussicht auf Rettung.
Sie brauchte Theo mehr denn je. Jetzt. In diesem Moment. Ihr wurde klar, dass sie Kontakt mit ihm aufnehmen musste. Sie konnte keinen weiteren Tag, keine weitere Stunde mehr ertragen, ohne mit ihm gesprochen zu haben.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie sich vorstellte, wie sie den Mut aufbrachte, ihn anzurufen. In Australien war es jetzt spät am Abend, aber noch nicht so spät, dass er schon schlafen würde. Ja, sie würde es tun. Sie konnte den Anruf immer dadurch rechtfertigen, dass sie sichergehen wollte, dass er seinen Job zurückbekommen und ihr Opfer einen Sinn gehabt hatte.
Annie stieg aus, lehnte sich ans Auto und wählte Theos Nummer auf dem Handy.
Was sollte sie sagen? Ich musste einfach nur deine Stimme hören?
Das Atmen fiel ihr schwer. Wenn Theo ihr jetzt antwortete, würde sie wahrscheinlich kein Wort herausbekommen. Aber wenigstens würde sie sich besser fühlen, sobald sie wusste, dass es ihm gut ging.
Sie schloss die Augen und atmete noch einmal tief ein, während sie dem Klingeln lauschte.
Dann hörte es plötzlich auf, und Annie zuckte zusammen.
„Hallo, hier spricht Theo Grainger.“
Sie war geradezu überglücklich, seine Stimme zu hören. „Hallo, Theo.“
„Leider kann ich Ihren Anruf nicht entgegennehmen. Ich bin für längere Zeit verreist. Bitte hinterlassen Sie Ihre Nachricht nach dem …“
„Oh nein, nein!“
Für längere Zeit verreist? Bitte nicht!
Das konnte nur bedeuten, dass das Schlimmste passiert war – das Allerschlimmste. Er hatte seinen Job nicht wiederbekommen. Ihr Opfer war umsonst gewesen.
Und jetzt war er fort – unerreichbar für sie.
Annie stöhnte verzweifelt. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie konnte das Handy nicht abstellen, und es war ihr auch egal, dass ihr haltloses Schluchzen auf Theos Band aufgezeichnet wurde.
Sie hatte alles verpatzt. Alles! Und ans andere Ende der Welt zu fahren, was sie für das Beste, das Klügste gehalten hatte, war ein schrecklicher Fehler gewesen.
Als er auf der untersten Stufe der Terrasse von Southern Cross stand, kam Theo sich sehr im Nachteil vor. Besonders, weil Annies Bruder von der obersten Stufe zornig auf ihn herabblickte. Sein warmes Willkommenslächeln war sofort verschwunden, als Theo Annies Namen erwähnt hatte.
„Sie sind den ganzen Weg von Brisbane hierher gekommen, nur um mit meiner kleinen Schwester zu sprechen?“
„Ja, das stimmt.“ Theo stieg langsam die Treppen hoch und fühlte sich schon besser, als er merkte, dass er etwa die gleiche Größe wie Annies Bruder hatte. Er streckte die Hand aus und sagte: „Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Theo Grainger.“
Annies Bruder nickte. Obwohl sie sich die Hand gaben, verschwand der wachsame Ausdruck nicht aus seinen Augen. „Reid McKinnon“, sagte er und presste die Lippen zusammen.
„Ich hatte gehofft, Annie hier zu finden. Ist sie zu Hause?“
„Ich weiß nicht, ob Sie das etwas angeht.“
Diese Begegnung würde also genauso unangenehm werden, wie er befürchtet hatte. Er richtete sich auf. „Ihre Schwester sieht das vielleicht anders.“
„Das bezweifle ich. Sie sind doch bestimmt der Kerl, der sie hier angerufen hat, stimmt’s? Sie hat sich geweigert, Ihre Anrufe zu beantworten.“
„Ja, das stimmt leider.“
„Können Sie oder wollen Sie das nicht verstehen?“
„Glauben Sie mir, ich kann Ihre Besorgnis gut nachvollziehen.“
Reid sah ihn überrascht an. „Sie haben recht, ich mache mir wirklich Sorgen um Annie. Und wenn Sie für ihren Zustand verantwortlich sind, sollten Sie sich schämen, Grainger.“
„Für ihren Zustand? Wovon sprechen Sie überhaupt?“ Theos Stimme überschlug sich. Obwohl er sich vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben, schrie er plötzlich. „Welcher Zustand? Was meinen Sie damit?“
Reid antwortete nicht.
Theo hatte mit einem Mal einen schrecklichen Kloß im Hals. „Wo ist Annie? Was ist mit ihr geschehen?“
Jetzt wirkte Reid einen Moment lang so, als würde er doch etwas sagen wollen, zögerte aber erneut.
Theo seufzte, ballte eine Hand zur Faust und schlug mit der anderen dagegen. „Bitte, Sie müssen verstehen, was ich für Ihre Schwester empfinde. Glauben
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