Julia Collection Band 26
Theo war so fertig, dass er nicht mehr klar denken konnte.
Hätte er ihrer Bemerkung, sie sei schuld an seiner Entlassung, nur mehr Aufmerksamkeit geschenkt! Damals waren ihm ihre Befürchtungen in Bezug auf Claudia so lächerlich vorgekommen, dass er sie nicht hatte ernst nehmen können. Aber Annie war davon überzeugt gewesen, und jetzt …
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, und Rex Bradley, ein Kollege von ihm, steckte den Kopf ins Zimmer.
„Hier bist du also“, sagte Rex. „Ich habe geklopft, aber es hat niemand geantwortet.“
„Tut mir leid. Ich habe dich nicht gehört.“ Theo hob die Hand und winkte ihm zu. „Komm rein! Du wirkst ja sehr erfreut“, stellte Theo fest.
„Das bin ich auch. Ich komme gerade aus Claudias Büro und bringe gute Nachrichten.“
„Hat man dich befördert?“ Theo hoffte, dass er die angemessene Begeisterung in seine Stimme legen konnte.
„Du liebe Güte, bitte gesteh mir zu, dass ich Taktgefühl besitze. Ich bin nicht zu dir gekommen, um dir etwas über mich zu erzählen. Nein, es sind gute Nachrichten für dich, Theo. Für uns alle, um genau zu sein. Ihre Königliche Hoheit hat gerade verkündet, dass die finanziellen Mittel nun doch reichen, damit du deine Vorlesungen fortsetzen kannst.“
„Sie hat was?“
„Claudia hat ihre Meinung geändert. Sie wird deinen Vertrag verlängern.“
„Das … das ist ja unglaublich. Warum?“
„Wer weiß? Claudias Wege sind unergründlich. Ich nehme an, sie ist einfach wieder zur Vernunft gekommen, hat sich daran erinnert, was für ein fabelhafter Dozent du bist, und dass sie einen Fehler bei der Kalkulation gemacht hat. Aber eigentlich sind mir ihre Gründe auch egal. Das Warum und Wieso ist längst nicht so wichtig wie die Tatsache, dass wir dich nicht verlieren werden.“
„Außer mir ist doch keiner entlassen worden, oder?“
„Nein, Theo. Das ist wieder einmal typisch: Du denkst immer zuerst an die anderen.“ Rex machte eine kleine Pause. „Komischerweise scheint Claudia eine Möglichkeit gefunden zu haben, wie man das Problem mit den Kürzungen umgehen kann.“
Theo sah Rex an. Ihm wurde eiskalt. Annie hatte recht gehabt. Er hatte es nicht für möglich gehalten, aber Claudias plötzlicher Meinungsumschwung war so unwahrscheinlich, dass es dafür gar keine andere Erklärung gab.
„Warum hat Claudia mir das nicht selbst gesagt?“, fragte er.
Rex räusperte sich. „Sie hatte eine Entschuldigung parat. Sie sagte, sie habe ein Meeting in Sydney und müsse sich beeilen, um das Flugzeug zu erwischen. Ich nehme an, der plötzliche Meinungsumschwung ist ihr selbst ein wenig peinlich. Aber ich verspreche dir, Theo, es ist ganz ernst gemeint. Sie bat mich, dir die Neuigkeiten mitzuteilen.“
Er reichte ihm ein Memo. Theo nahm es in Empfang und legte es zu den anderen Papieren, ohne es sich anzuschauen. Er war entsetzt darüber, dass Annie sich für ihn geopfert hatte. Sie hatte Claudias Spiel durchschaut.
Es war alles so offensichtlich. Erst gestern war Claudia in sein Büro gekommen, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Sie hatte ihm einige beiläufige Fragen nach Annie gestellt. Und er armer, unwissender Idiot hatte ihr ehrlich geantwortet, dass sie verschwunden war. Als Claudia nachgehakt hatte, hatte er zugeben müssen, dass er den Grund dafür nicht kannte.
Doch jetzt war es ganz klar, dass diese hinterhältige, manipulative Frau tatsächlich eifersüchtig auf Annie gewesen war. Sie hatte mit seinem Leben, mit seinem Glück gespielt. Und genau wie Annie es vorausgesagt hatte, hatte er nur wenige Tage nach ihrem Verschwinden seinen Job zurückbekommen.
„Du wirkst nicht sehr glücklich, Theo.“
Rex machte wohl Witze. Wie, zum Teufel, konnte er unter diesen Umständen glücklich sein?
11. KAPITEL
Die Woche vor Weihnachten schien nicht die beste Zeit für ein Mädchen aus dem tropischen North Queensland zu sein, um Schottland zu besuchen. Während Annie am Lake of Menteith spazieren ging, versuchte sie, sich die Szene im Sommer vorzustellen, wenn die Sonne schien und die Wälder grün waren, wenn Busse voller Touristen kamen und die Fischer in ihren Booten über den See fuhren. Aber jetzt waren die Ufer des Sees, der im Herzen der Trossachs lag, ausgebleicht und kahl. Und so kalt!
Andererseits passte die einsame, kalte Uferlandschaft, über die der Wind fegte, zu Annies Stimmung. Hier konnte sie sich so trostlos fühlen, wie ihr zumute war, und niemand konnte sie mit Fragen
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