Julia Collection Band 51
und Sam sein Leben weiterlebte. Was sie hier versprach, war echt und galt für immer. Nie würde sie einen anderen Mann lieben, ehren und ihm die Treue halten können, in guten und in schlechten Tagen …
Sie würde immer seine Frau bleiben, auch nachdem die Scheidung längst ausgesprochen war. Für jeden wäre es dann zu Ende, nur nicht für sie.
Sam stand steif an Patricias Seite. Natürlich war er öfter bei Hochzeiten von Freunden oder Arbeitskollegen gewesen, aber noch nie hatte er richtig auf die Bedeutung der Worte geachtet.
Liebe. Respekt. Treue. Den Anderen ehren. In guten und in schlechten Zeiten. Bis dass der Tod euch scheidet …
Sams Eltern hatten nie geheiratet. Sein Vater hatte es nicht für nötig befunden, seinem Sohn seinen Namen zu geben. Und seine Mutter war zu schwach gewesen, um sich gegen die vielen anderen Frauen im Leben des Vaters ihres Sohnes zur Wehr zu setzen. Schon als kleiner Junge hatte Sam beschlossen, zu heiraten. Aber das war schon damals ein sehr kopflastiger Entschluss gewesen: Er war entschlossen, nach den Regeln derjenigen zu leben, die etwas in ihrem Leben erreicht hatten. Er wollte um jeden Preis vermeiden, für einen Taugenichts, für einen Verlierer gehalten zu werden.
Aber das hier hatte ja nichts mit einer Ehe zu tun? Oder doch?
Er drehte sich zu Rex um. Rex strahlte vor lauter Glück über das ganze Gesicht. Mildred stand zu seiner Rechten und hatte ihren Arm unter seinen geschoben, auf der anderen Seite stand Mike.
Sam wusste nicht viel darüber, wie und warum Rex Mike persönlich eingestellt hatte, aber er dachte sich, dass Mike ein ähnlicher Fall sein musste wie er selbst: jemand, den Rex von der Straße aufgelesen und dem er eine Chance in der Barrington Corporation gegeben hatte. Patricia hatte ihn nach Mike gefragt, und er hatte zugeben müssen, dass er kaum etwas wusste.
Er drückte Patricias Hand. Sie tat ihm mehr als einen Gefallen, sie rettete seine gesamte Existenz, die er sich so hart erkämpft hatte. Ein wahrer Freund würde das immer tun, dachte er, aber diese Worte, die sie jetzt sprach, gingen weit über den Rahmen einer Freundschaft hinaus.
Sie gab ein Versprechen vor Gott, dass sie auf immer zu ihm gehören würde. Und er tat das Gleiche. Es war falsch, mit diesem heiligen Schwur solches Schindluder zu treiben. Zutiefst falsch.
Er sollte es aufhalten. Jetzt. Sofort. Sollte jedem der hier Anwesenden sagen, dass das alles nur ein Bluff war, dass er ein Betrüger war, ein Außenseiter. Einer der Tunichtgute von der Straße, der sich in die höchste Firmenetage emporgearbeitet hatte. Aber vielleicht gehörte er da ja gar nicht hin. Vielleicht war jetzt die Zeit gekommen, es zuzugeben.
Er konnte keine Frau lieben. Nicht wirklich und von ganzem Herzen. Er hatte es nicht bei Melissa gekonnt, er konnte es nicht bei Patricia. Er nutzte seine beste Freundin aus, der beste Freund überhaupt, den er je gehabt hatte.
Aber es gab keinen Ausweg, keine Möglichkeit der Flucht, ohne nicht seine beste Freundin bloßzustellen und in Grund und Boden zu blamieren.
Er bewunderte sie. Bewunderte ihre Schönheit und ihre Kraft, für einen Freund alles zu geben. Eines Tages würde sie einem Mann eine wunderbare Ehefrau sein. Sie verdiente alles Glück dieser Welt …
Aber was will sie dafür, dass sie hier mitmacht? meldete sich die misstrauische Stimme des Straßenjungen, der die raue Seite des Lebens nur zu gut kannte. Eine Beförderung? Eine Gehaltserhöhung? Einen anderen, besseren Job? Weil sie in der Firma in meine Fußstapfen treten will?
Nein, meldete sich eine andere Stimme, sie tut es, weil sie das für einen Freund tut. Er fragte sich, ob er es überhaupt verdiente, von ihr als Freund bezeichnet zu werden. Doch er konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn der Priester erteilte ihm jetzt schon zum zweiten Mal die Erlaubnis, die Braut zu küssen.
Er drehte sich zu Patricia, und sie sah zu ihm auf. Mit einem geheimnisvollen Strahlen in den Augen und dem Lächeln der Mona Lisa. Sie legte eine Hand auf seinen Arm, und mit dieser Berührung breitete sich eine wundersame Ruhe in ihm aus, sodass er jeden Gedanken an sich selbst vergaß.
Er legte die Hand an ihren Rücken und küsste sie. Der Kuss war wie ein Versprechen, dass er von nun an ihr Mann sei. Für immer.
Sie lehnte den Kopf zurück und öffnete willig die Lippen für ihn. Das Gefühl war nicht mehr unbekannt, nach all den Küssen, die sie für ihr Publikum getauscht hatten. Aber trotzdem
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