Julia Collection Band 55 (German Edition)
auf ihren Schoß und knuddelte das Tier. „Du sollst doch nicht auf den Tisch gehen.“
„Bei dem Tonfall lernt sie es bestimmt nicht“, bemerkte Jake verdrießlich.
„Wie meinst du das?“
„Nein, Miezi“, ahmte er sie nach. „Wenn du in dieser Babysprache mit ihr redest, fühlt sie sich nur noch angespornt. Für sie bedeutet dann ‚nein‘ immer ‚herzlich willkommen‘.“
Cheri setzte die Katze auf den Boden. „Ich halte nichts davon, Tiere anzuschreien oder mit der Zeitung zu schlagen.“
„Das ist auch nicht nötig. Es reicht, wenn du deine Verbote mit fester Stimme vorträgst. Du wirst jedenfalls nicht erleben, dass Dude auf einen Tisch springt.“
Sie blickte Jake zweifelnd an. „Weil er dazu viel zu fett ist. Wenn du dich über Erziehung unterhalten willst, wie wäre es dann mit einer Diät für Dude?“
„Gut, die Runde geht an dich.“
„Ich bin doch mit dir nicht im Boxring.“
„Männer und Frauen befinden sich seit Urzeiten im Kampf der Geschlechter, oder?“
Cheri sah ihn direkt an. „Kampf der Geschlechter? Wir sprechen gerade über Katzen!“
„Natürlich“, stimmte er schnell zu, als wenn ihm das Thema unangenehm wäre. „Tranchierst du das Hähnchen jetzt, oder soll ich mir einfach eine Keule herausreißen?“
Sie griff nach dem Tranchiermesser und fragte sich, wieso er so miserabel gelaunt war.
Jake nahm seine Brille ab und legte sie neben sich auf den Tisch, wie er das bei jeder Mahlzeit zu tun pflegte. Bislang hatte sie sich nicht nach dem Sinn dieser Aktion zu fragen gewagt, aber nun war sie in der richtigen Stimmung.
„Wieso nimmst du deine Brille vor dem Essen ab? Sieht es so unappetitlich aus?“
Er blickte sie erstaunt an. „Nein, dein Essen ist ausgezeichnet. Ich werde bestimmt so dick wie Dude sein, wenn ich die Insel wieder verlasse.“
„Dazu werde ich es nicht kommen lassen“, beruhigte sie ihn lächelnd. „Ich möchte doch dein gutes Aussehen nicht ruinieren. Notfalls stelle ich auf fettfreie Ernährung um.“
Seine schlechte Laune schien auf einmal wie weggewischt. „Ich nehme meine Brille beim Essen ab, weil ich kurzsichtig bin. Und der Teller ist nah genug, dass ich ihn bestens ohne Brille sehen kann. Sie scheint mir sogar im Weg zu sein.“
Cheri musste sich eingestehen, dass er wirklich ein umwerfender Mann war. Aber ihr ehemaliger Verlobter war auch äußerst charmant gewesen. Nun war Jake jedoch ein Wissenschaftler und kein Betrüger. Und als Sohn eines Millionärs würde er sich auch kaum für ihr weniges Geld interessieren. Außerdem ließ er keine Gelegenheit aus, zu betonen, dass er nichts von ihr wollte. Welch eine Ironie des Schicksals! Sie schien endlich den perfekten Mann gefunden zu haben, aber was sollte sie bloß mit ihm anfangen? Eine unsichtbare Mauer schien zwischen ihnen zu stehen.
„Wie weit kannst du denn ohne die Brille sehen? Siehst du mich am Tischende?“
Er blickte zu ihr hinüber und kniff ein bisschen die Augen zusammen. „Ja, auf die Entfernung geht es gerade noch. Aber was macht eigentlich dein Fernkurs? Sagtest du nicht, dass du die ersten Unterlagen bekommen hättest?“ Er schob sich eine Gabel voll Erbsen in den Mund.
„Ich habe das erste Kapitel gelesen und mit den Übungsaufgaben angefangen. Aber ich fürchte, dass selbst die Grundlagen der Buchführung noch zu schwierig für mich sind.“
„Geh einfach Schritt für Schritt vor und mach dich nicht im Vorhinein verrückt.“
„Kennst du dich in mathematischen Dingen aus?“
„Ich war immer gut in Mathe.“
„Würdest du mir dann helfen, wenn ich nicht mehr weiter weiß? Vielleicht brauche ich einen Privatlehrer.“
Fast hätte er sich verschluckt. „Nur, wenn es unbedingt nötig ist. Du solltest es wirklich selbst lernen, denn ich werde nicht immer da sein, um dir bei deinen Problemen zu helfen.“
„Okay.“ Hätte sie doch erst gar nicht gefragt! „Tut mir leid.“
Jake aß schweigend zu Ende. Eine eigenartige Spannung lag auf einmal in der Luft.
Schließlich hielt Cheri die Stille nicht mehr aus. „Mir ist noch immer kein Name für meine Katze eingefallen. Hast du einen Vorschlag?“
Er entspannte sich etwas. „Wie wär’s mit Truffels?“
„Klingt gut. Ihr Fell ist von einem ähnlichen Braun wie Trüffel.“ Urplötzlich presste sie ihre Finger vor den Mund. „Wie, wie wäre es mit Tiramisu? Ich könnte sie dann Tira rufen.“
„Ist das Japanisch?“
„Italienisch. Tiramisu ist eine italienische Nachspeise. Es besteht
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