Julia Collection Band 55 (German Edition)
Leben trat. Durch sie wurde ihm bewusst, was er als Teenager alles verpasst hatte. Cheri weckte in ihm dieses brennende, unkontrollierbare Verlangen, das er seine ganze unglückliche Jugendzeit hindurch verspürt hatte. Nun war er fast dreißig, und man erwartete von ihm, seine Hormone unter Kontrolle halten zu können. Was geschah nur mit ihm?
Sie hatte ihn gefragt, ob sich keine gut aussehenden Studentinnen an ihn herangemacht hätten. Und ob. Mehr als einmal. Und er hatte natürlich Schwierigkeiten gehabt, sie nicht andauernd anzustarren. Aber es waren seine Studentinnen und daher für ihn tabu. Er hatte sich erfolgreich eingeredet, dass sie zu unreif für ihn seien. Damit hatte sich das Thema für ihn erledigt, zumal er sie immer nur im Unterricht gesehen hatte.
Mit Cheri war es etwas völlig anderes. Sie lebten im gleichen Haus zusammen. Auf einer einsamen Insel. Sie begegneten sich morgens, mittags und abends, und obwohl Cheri ihm etwas naiv vorkam, konnte er ihr doch eine gewisse Reife nicht absprechen. Sie hatte ihr Leben selbst in die Hand genommen und verdiente seinen Respekt dafür. Sie war zwar jünger als er, aber nicht zu jung. Und sie war seine gesetzlich angetraute Ehefrau, auch wenn sie daran nicht denken mochten.
Bislang hatte er Erfolg damit gehabt, sie wie eine seiner Studentinnen zu behandeln. Jedenfalls so lange, wie er sie nicht in ihrem T-Shirt herumlaufen sah.
Er zwang sich, an etwas anderes zu denken, und verstaute den Spaten im Geräteschuppen. Es wartete genug Forschungsarbeit auf ihn. Also schloss er die Tür des Schuppens und machte sich zur nächstgelegenen Klippe auf.
Während der Kuchen auf dem Küchentisch abkühlte, gestattete sich Cheri einen Blick aus dem Fenster. Doch zu ihrer Enttäuschung schien Jake schon gegangen zu sein. Eine Stunde zuvor hatte sie einen kurzen Blick von ihm erhaschen können, als er mit nacktem Oberkörper im Garten gearbeitet hatte. Sie war überrascht gewesen, wie muskulös und männlich er ausgesehen hatte. So gar nicht wie ein kopflastiger Universitätsprofessor. Dann besann sie sich, solche Gedanken am besten überhaupt nicht aufkommen zu lassen. Aber es war dennoch faszinierend, Jake auf einmal als eine völlig andere Person zu erleben. Er sah so kraftvoll aus, wie er den Garten umgrub. Seine breiten Schultern bildeten mit seiner schlanken Taille ein perfektes Dreieck, die Behaarung seiner Brust reichte bis zum Nabel, und das Spiel seiner Armmuskeln war beeindruckend. Wie konnte ein Wissenschaftler nur dermaßen attraktiv sein? Lediglich seine Brille passte nicht so recht zu diesem Bild, aber sie störte auch nicht sonderlich. Cheri fand, dass er wie Superman aussah, der vergessen hatte, seine Brille abzunehmen.
Sie riss sich zusammen. Nur weil er ihr Ehemann war, musste sie ihn nicht anschmachten. Weder ihn noch sonst irgendeinen Mann. Sie hatte sich zu oft vom schönen Schein blenden lassen.
Jake tat allerdings auch nichts, um sie zu blenden. Er hatte sich diese erste Woche auf der Insel so zugeknöpft verhalten, dass es Cheri schon fast wieder zu viel war. Wehmütig erinnerte sie sich daran, wie nett sie auf dem Flugplatz miteinander gescherzt hatten. Aber wie immer hatte der Anblick ihres Körpers alles verändert. Nur dass sich Jake immer mehr zurückzog, anstatt ihr nachzustellen.
Zumindest konnte sie sich sicher fühlen. Sie mochte sich nicht vorstellen, was ein Kerl wie Pulse getan hätte, wenn er hier allein mit ihr leben würde. Jake hingegen war ein wahrer Gentleman – der erste, den sie je getroffen hatte.
Vielleicht war er ein wenig zu sehr Gentleman. Er wirkte kühl und beherrscht und schien in einem Elfenbeinturm zu leben. Cheri hatte so etwas noch nie erlebt. Manchmal hatte sie fast Lust, sich die Kleider vom Leib zu reißen, nur um zu sehen, was er tun würde.
Aber natürlich blieb es bei diesem Gedanken. Cheri hatte die Absicht, sich genauso ungebunden zu fühlen wie jetzt, wenn sie die Insel in einem Jahr verlassen würde. Sexuelle Begierde würde dem nur im Weg stehen. Sollte Jake doch ruhig weiterhin Mr Unnahbar spielen. Das konnte ihr nur recht sein!
Ihre kleine Katze sprang auf den Tisch am Fenster. Cheri nahm sie hoch und schmiegte die Wange in das weiche Fell. Das Kätzchen schnurrte munter los.
„Na, meine Süße, Mommy muss sich endlich einen Namen für dich ausdenken“, sagte Cheri leise. Sie hatte sich zwar schon einige Gedanken gemacht, aber die geläufigen Katzennamen waren ihr alle zu gewöhnlich
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