Julia Collection Band 61 (German Edition)
Wissenschaftlerin, die ihn unterstützte, hatte schon an mehreren internationalen Universitäten gearbeitet. Sie konnte sich in vielen Sprachen verständigen, und wie man munkelte, sogar mit den Delfinen.
Annie musste lächeln. Sie mochte die Delfine gern. Die wenigen Male, die sie mit den Tieren zu tun hatte, hatte sie sehr genossen. Delfine schienen Spaß daran zu haben, mit Menschen zu spielen.
Als sie aus der Tür trat, geriet sie ins Straucheln. Der Sturm war inzwischen so stark, dass er sie fast zu Boden geworfen hätte. Sie hielt ihr Gesicht dem Wind entgegen, schloss die Augen und atmete tief die feuchte, salzhaltige Luft ein. Es war aufregend, mit der wilden Natur konfrontiert zu sein. Allerdings musste sie sich mit beiden Händen das Haar aus der Stirn halten, um sehen zu können, wohin sie ging.
Sie hatte sich ihr lockiges Haar seit sechs Monaten nicht schneiden lassen, seit sie Nick Scoville betreute. Zuletzt hatte sie mit zehn so langes Haar gehabt.
Am Ende der großen Terrasse blieb sie stehen und blickte auf das Meer, dann suchte sie mit zusammengekniffenen Augen den Strand ab. Da war er. Nick stand dicht am Wasser und starrte hinaus auf das Meer. Er wirkte wie ein einsamer Prinz, der sein Königreich inspizierte.
Dabei sollte er unbedingt Schutz suchen, denn der Hurrikan konnte nicht mehr weit sein. Annie hatte seiner Mutter versprechen müssen, gut auf ihren Sohn aufzupassen. Und dieses Versprechen nahm sie sehr ernst.
Sie rief nach ihm, doch der Wind verschluckte ihre Worte. Jetzt zögerte sie nicht länger, sondern lief die Terrassenstufen und dann den Steilhang hinunter auf ihn zu. „Nick, kommen Sie endlich rein!“
Als würde er ihre Anwesenheit spüren, drehte er sich zu ihr um. „Was machen Sie denn hier? Sie sollten doch im Haus bleiben!“
Er klang aufgebracht und hatte seine dunklen Brauen sorgenvoll zusammengezogen. Wie er mit gespreizten Beinen dastand, die Arme vor der Brust verschränkt, wirkte er so kraftvoll und männlich, dass Annie der Atem stockte.
Auch ohne seinen ungewöhnlichen Wohnsitz, einem schlossartigen Gebäude hoch oben auf den Klippen, hätte er sie an einen verwunschenen Prinzen erinnert, der von einer bösen Hexe verzaubert war und hier auf der Insel leben musste, bis er durch die Liebe erlöst wurde.
Allerdings konnte er unglaublich zornig werden und wirkte dann keineswegs wie ein verwunschener Prinz. Er war dann herrisch und stellte Forderungen. Zu Anfang hatte Annie ihm manches nachgesehen, da sie wusste, dass er große Schmerzen hatte, aber in letzter Zeit war sie oft versucht gewesen, ihm ordentlich Kontra zu geben. Sie hatte sogar daran gedacht zu kündigen, denn seine Knieverletzung war inzwischen so gut wie verheilt.
Nur aus einem Grund war sie noch auf der Insel und ließ sich sein aufbrausendes Temperament gefallen. Sie hatte seiner Mutter versprochen, alles daranzusetzen, ihn aus seiner Vereinsamung zu erlösen. Doch bisher hatte er all ihren Bemühungen widerstanden, und sie hatte manchmal den Eindruck, dass er sein Elend genoss.
Außerdem musste sie sich eingestehen, dass sie sich sehr zu ihm hingezogen fühlte. Er sah unverschämt gut aus, und sie konnte sich noch so oft sagen, dass das vollkommen unwichtig war und keine Wirkung auf sie haben sollte, sie war dennoch beeindruckt. Er war fast eins neunzig groß und überragte sie damit um einen Kopf. Dabei war er schlank, aber kräftig gebaut. Sein blondes Haar war so hell, dass man es schon fast als silberblond bezeichnen konnte.
Normalerweise trug Nick langweilige graue Arbeitskleidung, dennoch ließen die tristen Farben seine blauen Augen erstrahlen. Und wenn er wütend war, wie jetzt, leuchteten sie besonders intensiv. Offenbar fühlte er sich von ihr gestört.
Annie konnte es nicht ändern. Auch wenn sie manchmal am liebsten alles hinwerfen würde, fühlte sie sich verpflichtet, bei ihm zu bleiben und darauf zu dringen, dass er auf sich Acht gab. Das wäre allerdings wesentlich einfacher, wenn er nicht so sexy wäre. Noch nie hatte ein Mann sie so durcheinandergebracht.
„Ich werde hineingehen, wenn Sie mitkommen“, sagte sie mit fester Stimme. „Es ist viel zu gefährlich, sich jetzt draußen aufzuhalten.“
Sie bemerkte, dass die Wellen an Höhe und Intensität gewonnen hatten. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Seit sie hier war, hatte sie sich über die sanft rollende Dünung gefreut, die den Körper beim Schwimmen umschmeichelte.
Heute donnerten die Wellen mit einer solchen
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