Julia Collection Band 61 (German Edition)
großgezogen. Ich war nie allein.“
Seine Worte ergaben Sinn, aber Merri konnte an seiner Stimme erkennen, dass dies ein schwieriges Thema für ihn war. Sie schwieg.
„Ich möchte Sie auch etwas fragen. Als Sie mit den kleinen Mädchen auf der Veranda spielten, hatten Sie da Tränen in den Augen, oder habe ich mich getäuscht?“, fragte Tyson.
Aha. Nun hatte er einen wunden Punkt bei ihr entdeckt. „Ich bin vielleicht etwas sentimental. Aber die Kleinen waren so zutraulich, sie schienen mich zu brauchen und wollten wirklich, dass ich bei ihnen bleibe.“
Sie wandte sich ab, starrte aus dem Fenster und flüsterte: „Bisher hat mich nie jemand gebraucht.“
„Niemand?“
Merri schüttelte unwillkürlich den Kopf, hoffte aber, dass Tyson es in der Dunkelheit nicht sah.
„Ich brauche dich, Merri“, sagte er leise.
Sie drehte sich überrascht zu ihm um und sah gerade noch, wie er sie sehnsüchtig ansah, bevor er den Blick wieder auf die Straße richtete. „Sicher brauchen Sie mich“, sagte sie mit gepresster Stimme. „Sie wollen schließlich, dass ich in meinem Bemühen, Spenden für Ihre Stiftung zu sammeln, erfolgreich bin.“
„Ja, das auch, aber das ist es nicht allein …“
Seine dunkle, sinnliche Stimme verzauberte sie geradezu, und ihr Herz schlug heftig, doch Merri riss sich zusammen. Als sie nun sprach, klang sie wie ihre Mutter, die verwöhnte Diva. „Nun sagen Sie bloß nicht, dass Sie mit mir schlafen wollen. Wenn Sie das vorhaben, dann muss ich Sie bitten, sich diesen Gedanken aus dem Kopf zu schlagen. So etwas kommt überhaupt nicht infrage.“
Sie konnte selbst in der Dämmerung sehen, wie Ty die Zähne zusammenbiss und sich seine Augen verengten. „Keine Sorge.“ Er klang kühl und distanziert. „Machen Sie sich doch nichts vor. Ich weiß, dass Sie genau wie ich das Knistern fühlen, das zwischen uns herrscht. Aber ich bin nicht der Mann, der sich jemandem aufdrängt. Ich mag in vielerlei Hinsicht ein unmöglicher Chef sein, aber ich belästige meine Angestellten nicht. Das kann ich Ihnen versichern, Miss Davis.“
Merri wusste nicht, was sie erwidern sollte. Ihre Handflächen waren feucht, und sie spürte, dass sie rot geworden war. Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, malte sie sich aus, wie es wäre, wenn sie und Ty sich liebten …
Unwillkürlich stöhnte sie leise auf. Es durfte nicht sein. Sie durfte sich nicht gehen lassen, sie musste gegen ihre Gefühle ankämpfen.
Sie hatte sich in Merri Davis verwandelt und ihr bisheriges Leben hinter sich gelassen. Wenn sie nicht wieder fliehen wollte, dann musste sie für ihr neues Leben kämpfen, auch wenn das bedeutete, dass sie ihre Gefühle für Ty unterdrücken musste.
Tyson wartete nicht auf ihre Antwort, sondern sagte versöhnlich: „Ich wollte eigentlich sagen, dass ich jemanden brauche, der mich bei meinen Bemühungen um die Kinder unterstützt. Die Kinder bedeuten mir alles.“
Nach einer Weile fügte er hinzu: „Ich hatte eine Großtante. Sie ist gerade gestorben. Tante Lucille hat mir immer geholfen, wenn ich in Schwierigkeiten war. Sie hat mein Studium finanziert und gab mir auch das Startkapital, als niemand daran glaubte, dass ich durch den Verkauf alter Häuser, die ich wieder herrichten wollte, Geld verdienen könnte. Ich wusste nie, wie ich mich für all das erkenntlich zeigen konnte, was sie für mich getan hat. Und jetzt ist es zu spät.“
Merri konnte die Trauer aus seiner Stimme heraushören und schluckte. Dieser Mann ging ihr unter die Haut und das nicht nur, weil er so attraktiv war. Wenn sie doch bloß nichts gesagt hätte.
Tyson presste kurz die Lippen zusammen. „Ich hatte mir eingebildet, dass es leicht sein würde, Geld für einen guten Zweck zu beschaffen. Aber es ist sehr viel schwieriger, als ich gedacht habe. Natürlich kann es auch sein, dass ich mich einfach nicht besonders gut dafür eigne.“ Er sah Merri kurz von der Seite an. „Frank hat gemeint, dass Sie … dass Sie mir vielleicht ein paar Tipps geben können, wie man mit Sponsoren umgeht. Vielleicht können Sie mir sagen, wie ich mich ausdrücken soll und wie ich mich am besten kleide. Ob es besser ist, eher wie ein Banker aufzutreten, oder wann eher Fall Bescheidenheit angebracht wäre. Ich möchte selbstbewusst wirken, aber nicht unverschämt und fordernd.“
Wieder konnte sie sich nicht bremsen. „Da muss aber noch viel verändert …“ Sie sah, wie das Lächeln von seinem Gesicht verschwand, und biss sich auf die
Weitere Kostenlose Bücher