Julia Collection Band 61 (German Edition)
vielleicht schon mal anfangen, die Küche aufzuwischen.“
Merri sah ihn verwirrt an. „Aufwischen?“ Ihre Wangen waren vor Erregung gerötet, die Lippen wirkten leicht geschwollen. Sie sah so verführerisch aus, dass Tyson sie am liebsten wieder an sich gezogen hätte.
Stattdessen entfernte er sich Richtung Haustür. „Ja, mit einem Lappen oder Handtuch. Was du so findest.“
„Oh“, sagte sie leise und ein wenig verloren. „Ich verstehe.“
„Gut“, brachte Tyson mühsam heraus, „ich komme dann später und helfe dir.“ Offenbar war Merri von dem Kuss benommen. Aber sicher sehnte sie sich nicht so sehr nach ihm, wie er sich nach ihr.
Er ging auf die Tür zu, blieb dann aber doch stehen. Sollte er nicht irgendetwas sagen? Schließlich hatten sie sich eben leidenschaftlich geküsst. Da konnte er doch nicht einfach gehen, als ob nichts geschehen wäre. Er drehte sich um und sah, wie Merri sich am Küchentisch festhielt. „Merri …“
Sie hob eine Hand zum Zeichen, dass er nicht näher kommen sollte. Währenddessen holte sie tief Luft, schloss kurz die Augen und senkte den Kopf. „Ty, es ist okay. Aber so etwas darf nie wieder geschehen. Ich kann dich nicht küssen und dann so tun, als ob nichts gewesen wäre. Vor allen Dingen nicht, wenn ich für dich arbeiten soll, und auch nicht, wenn wir Freunde sein wollen. Lass mich also in Zukunft in Ruhe.“
Es war das erste Mal, dass eine Frau ihn abwies. Tyson war sprachlos und blieb wie festgenagelt stehen.
Merri verließ mit hängenden Schultern und tropfendem Haar den Raum. Sie wirkte mutlos und verletzlich.
Tyson fühlte sich plötzlich sehr einsam. Er musste sich dazu zwingen, einen Fuß vor den anderen zu setzen, um sein Versprechen wahr zu machen und die Dachpappe zu überprüfen. Er wurde mit jedem Schritt langsamer und mitten auf der Leiter hielt er inne und starrte blicklos vor sich hin. Hatte er sie verloren? Bedeutete das, dass er die Chance verpasst hatte, etwas sehr Wichtiges in seinem Leben festzuhalten?
Aber was wusste er schon von Merri? Schließlich waren ein Kuss und körperliches Begehren keine Grundlage für eine dauerhafte Beziehung.
Zuletzt hatte er so etwas Diane gegenüber empfunden, und diese Frau hatte ihm mit ihren Lügen und ihrem Betrug nicht nur fast das Herz gebrochen, sondern auch sein Selbstbewusstsein untergraben. Manche Frauen konnten eben fantastisch lügen.
Allerdings hatte Merri keinen Grund, ihn zu belügen. Sie war nur schüchtern und gern allein. Das war sicher auch der Grund, weshalb sie in diese Kleinstadt gezogen war, fern von Freunden und Familie.
Er würde nichts lieber tun, als sie mit der Liebe vertraut zu machen und die Leidenschaft in ihr zu wecken, die zweifellos vorhanden war. Aber er konnte Verwicklungen momentan nicht gebrauchen. Er brauchte nur eine gute Freundin, keine Geliebte.
5. KAPITEL
Ein Wischlappen. Wo, zum Teufel, war hier ein Wischlappen? Ob es auch einen Schrubber dazu gab, oder würde sie auf Knien herumrutschen müssen?
Merri starrte in die Besenkammer und atmete tief durch. Sie musste sich unbedingt zusammenreißen. Der Kuss war so erregend gewesen, dass ihr noch jetzt die Knie zitterten. Sie lehnte sich gegen den Türrahmen und schloss die Augen. Ihr Herzschlag beruhigte sich nur langsam.
Sie sah Tyson vor sich, wie er sie am Schluss angesehen hatte. Er hatte sie mit einem solchen Verlangen gemustert, dass ihr fast die Luft weggeblieben wäre. Sie konnte nur zu gut nachempfinden, was in ihm vorging. Sie hatten beide nicht nur sexuelle Lust empfunden, sondern auch Verwirrung und beinahe so etwas wie Verzweiflung. Das hatte sie deutlich in seinen Augen lesen können.
Dieser Blick ging Merri nicht mehr aus dem Sinn. Am liebsten hätte sie Tyson in die Arme genommen, hätte ihm die Haare aus der Stirn gestrichen und ihn getröstet. Sie stellte sich vor, mit ihm in der Dunkelheit der Nacht zusammenzusitzen, ihm die Sorgenfalten zu glätten und ihm zuzuhören. Sie wollte die Freundin sein, der er seine leidenschaftlichen Wünsche und Geheimnisse anvertrauen konnte.
Geheimnisse? Aber es war ja nicht er, der Geheimnisse hatte. Nicht er täuschte seine Umwelt. Er hatte sich schließlich nicht bis zur Unkenntlichkeit verkleidet. Es waren ihre Geheimnisse, die sie zwangen, Abstand von ihm zu halten.
Merri stieß sich entschlossen vom Türrahmen ab und griff nach einem Gerät, das am ehesten wie ein Schrubber aussah. Sie ging in die Küche zurück und begann, den Boden trocken zu
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