Julia Collection Band 62
Richtung abrupt ändernd, steuerte sie direkt auf den vollkommen Fremden zu. Das Glas Mirabeau-Champagner in der Hand und ein betörendes Lächeln auf den Lippen.
Doch in diesem Moment trafen sie die Blicke des Mannes. Ihre Hand begann zu zittern, und sie vergoss ein paar Tropfen Champagner. Der Fremde beobachtete sie schon jetzt, und das hatte sie nicht eingeplant. Es lenkte sie fast von ihrem bisherigen Fokus ab. Sein muskulöser Körper ruhte entspannt im Stuhl, und da war ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht, geradeso um seine Mundwinkel. Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich verwirrt und unsicher und …
Denk nicht weiter über ihn nach, ermahnte sie sich. Er ist nicht im Mindesten wichtig. Er ist nur ein Teil deiner Taktik für die allererste Minute, mehr nicht.
„Alasdair!“, zwitscherte sie ihm in ihrem wohlgesetzten britischen Akzent entgegen. Auf keinen Fall ließ sie sich von diesen gefährlichen blauen Augen in Bann ziehen. „Wie wunderbar, dich hier zu treffen! Wie reizend, absolut reizend!“
„Oh … ja“, antwortete Patrick Callahan, Präsident von Callahan Systems Software und widerwilliger Gast des Balls an diesem Abend. „Reizend.“
Angenehm überrascht beobachtete er, wie sich die schlanke, in schimmerndem Schwarz gekleidete Dame auf den freien Platz neben ihm setzte.
An seinem Tisch musste er sich mit zwei oder drei absolut uninteressanten Leuten befassen, die er in Zukunft aber vielleicht als wertvolle Kunden seiner Firma gewinnen könnte, und daher gab er sich alle Mühe, nicht gelangweilt zu wirken.
Außerdem versuchte er herauszufinden, warum er den Gedanken an den vor ihm liegenden Abend so schrecklich fand. Die meisten Leute hätten sich gefreut.
Man gelangte nämlich nur mit spezieller Einladung hier rein, und die Gästeliste bestand aus einer exklusiven Mischung der Reichen, Wichtigen, Berühmten und Schönen.
Patrick war sich nicht ganz klar, wie Callahan Systems zu den Karten gekommen war. Die Tatsache, dass er selbst im vergangenen Jahr von einem lokalen Magazin zu „Philadelphias begehrtestem Junggesellen“ gewählt worden war, mochte geholfen haben. Und dass er sich noch dazu vor Kurzem sowohl mit der Erbin der Wentworth-Hotelkette als auch der glamourösen Exgattin eines Senators in der Öffentlichkeit gezeigt hatte, schien auch nicht gerade geschadet zu haben.
Er hätte die Einladung jedoch ausgeschlagen, wenn sein Bruder Tom ihn nicht daran erinnert hätte, dass sich bei einer solchen Gelegenheit gute Kontakte schließen ließen. Aber er hatte sich strikt geweigert, eine Begleitung mitzunehmen. Er ging zurzeit sowieso mit niemandem aus, und seine Affären waren nie von langer Dauer. Außerdem lag ihm nichts ferner, als einer Frau durch eine solche Einladung große Hoffnungen auf eine ernste Beziehung zu machen.
Nein, wenn Tom wollte, dass er Kontakte knüpfte, dann war es besser, allein zu diesem Ball zu gehen.
Irgendwie war ihm seit der Hochzeit seines Bruders diese Aufgabe immer öfter zugefallen. Und wenn sein jüngerer Bruder Connor im September auch noch heiratete, würde die Situation noch schlimmer werden. Dabei machte ihm diese Art von Veranstaltungen überhaupt keine Freude mehr. Tom und Connor hatten nicht die geringste Ahnung, dass er sich in letzter Zeit unzufrieden gefühlt und einen nicht unbeträchtlichen Neid auf das private Glück seiner Brüder verspürt hatte.
Also saß er jetzt hier und machte Small Talk, während er in Gedanken ganz woanders war.
Kein Wunder, dass er die Ablenkung in Gestalt dieser sich nähernden Erscheinung in Schwarz und Silber schon begrüßte, bevor er auch nur die leiseste Idee hatte, dass sie an seinem Tisch halten würde. Doch als sich ihre Blicke eben begegnet waren, hatte er etwas empfunden – ein eigenartiges Aufflackern von Interesse. Nichts, dem er für gewöhnlich nachgab, und das verwirrte ihn.
„Ich fürchte, Sie verwechseln mich“, begann er. Warum fiel es ihm nur so schwer, ihr das zu sagen?
Da sah er, dass sie ihrerseits den Fehler bemerkt hatte.
Dramatisch schlug sie die Hände vor den Mund und ließ sie dann wieder sinken. „Oh, das tut mir furchtbar leid. Ich habe sie für Alasdair Corliss-Bryant gehalten, einen alten Freund von mir aus Gloucestershire Hunt. Natürlich sehe ich nun, dass ich mich geirrt habe.“
„Ich enttäusche Sie nur ungern …“, gab Patrick zurück. Er zögerte.
Die junge Frau schien kein weiteres Interesse an ihm zu haben. Charmant lächelte sie Stadtrat Earl
Weitere Kostenlose Bücher