Julia Collection Band 62
gemacht werden.
Zu seinem Erstaunen stellte er nun fest, dass er dem von ganzem Herzen zustimmte. Wenn eine Frau so auf ein Vermögen aus war, wenn sie sich die Mühe machte, ein solch atemberaubendes, perfekt sitzendes Kleid zu tragen, sich auf diesen Ball zu mogeln, eine adlige Identität zu erfinden, den Akzent zu perfektionieren und eine offizielle Vorstellung zu erzwingen, dann sollte sie dabei wenigstens gut sein. Sie sollte hoch hinauswollen. Sie sollte den richtigen Mann wählen.
Ihn.
Alle anderen Aspekte wie Optik und Temperament beiseitelassend, befand er sich meilenweit vor Wainwright in dem Punkt, auf den es bei einer solchen Frau ankam.
Dem Bankkonto.
Es war nicht so, dass er seine Männlichkeit in finanzieller Hinsicht bemaß. Er kam auch gar nicht aus einer reichen Familie, sondern aus einem Mittelklasse-Umfeld, in dem andere Werte zählten: Ehre, Liebe und Hilfsbereitschaft.
Manchmal zeigte er sich diesen Dingen gegenüber zynisch, aber tief drinnen glaubte er an sie. Vor Kurzem erst war ihm klar geworden, dass einer der Gründe, weshalb er noch nicht glücklich verheiratet war wie seine Brüder Tom, Adam und bald auch Connor, darin bestand, dass er eine Frau weder respektieren noch lieben konnte, für die Geld und Besitztümer und das regelmäßige Auftauchen in Klatschkolumnen das Ein und Alles waren.
Dummerweise zog man aber genau solche Frauen an, wenn man überall als reicher junger Geschäftsmann bekannt war. Die zweifelhafte Lady Catrina gehörte jedenfalls mit Sicherheit zu dieser Sorte. Punkt eins gegen sie. Punkt zwei gegen sie bestand darin, dass sie alles falsch machte.
Daher gab es absolut keine Entschuldigung für seine nächsten Worte.
„Würden Sie gerne tanzen?“ Seine abrupte Frage unterbrach die honigsüße Unterhaltung zwischen Earl Wainwright und Lady Catrina.
Letztere wandte sich daher mit ärgerlichem Gesichtsausdruck ihm zu. Na ja, seine Unterbrechung war wirklich sehr unhöflich gewesen.
Trotzdem erstaunte Patrick die Tatsache, dass er sich entschuldigte. Er fühlte, wie er heiße Wangen bekam. „Entschuldigen Sie. Natürlich erst, wenn Sie Ihr Gespräch beendet haben.“
„Nein, nein …!“ Wainwright winkte großzügig ab. „Nehmen Sie sie, mein Freund.“
„Bitte, Sir Wainwright, erzählen Sie Ihre Geschichte zu Ende“, forderte Lady Catrina ihn auf.
Sie hatte noch nicht einmal in Patricks Richtung geschaut, der sich nun ganz zurücksetzen musste, da sie sich immer noch über ihn hinweglehnte. Ihre nackte, überaus reizvolle Schulter war ihm zugewandt, und zwar so nah, dass er seine Lippen darauf hätte pressen können.
Nicht, dass er das wollte.
„Guter Gott, nein, Earl! Die Geschichte ist wirklich nicht sehr interessant“, protestierte eine der Frauen auf der anderen Seite des Tisches. Sie warf Catrina einen misstrauischen Blick zu. „Macht schon. Tanzt, ihr beiden!“
Die Frau war elegant gekleidet in nachtblauem Satin, und ihre Wangen glänzten rosig vom Champagner. Sie schien so um die fünfundfünfzig, und plötzlich war Catrina alles klar. Um Gottes willen, das war Darlene, Earl Wainwrights Frau!
Patrick hätte dieser pseudobritischen Möchtegern-Adeligen am liebsten zugeraunt: „Komm schon, Mädchen. Du kannst den Mann nicht vor seiner eigenen Gattin angraben!“
Vielleicht hatte Lady Catrina das selbst eingesehen. Jedenfalls stand sie, wenn auch widerwillig, auf.
„Tanzen! Was für eine zauberhafte Idee!“, rief sie wenig überzeugend aus, dann ergab sie sich in das Unvermeidbare und machte einen Schritt in Richtung der Tanzfläche auf dem Eis.
Als sie am Teppich ankam, wurde sie von einem aufmerksamen Kellner eskortiert. Ein Eis-Bunny nahm Patricks Arm und half ihm zu dem sicheren hölzernen Tanzboden hinüber. Sie standen sich gegenüber, während langsame Musik einsetzte. Behutsam zog er sie in die Arme.
Innerlich verfluchte Cat den Fremden noch immer. Wie war sein Name doch gleich? Patrick irgendwas. Callahan, richtig. Generaldirektor von Callahan Systems Software hatte jemand gesagt.
Letztlich vollkommen unwichtig. Der einzige Grund, weshalb sie seine Aufforderung zum Tanzen angenommen hatte, war der, dass sie zu viel Aufsehen erregt hätte, wenn sie es nicht getan hätte. Sie wollte die arme Mrs Wainwright keinesfalls noch mehr verärgern.
Sie begutachtete Patrick Callahans gutes Aussehen mit deutlich weniger Interesse, als sie das getan hätte, wenn sie die Größe und Form eines Christbaums hätte beurteilen müssen.
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