Julia Exklusiv 0180
recht beunruhigende Begegnung mit Martina gestört.
Als Lois nach dem Essen – die übrige Mannschaft saß noch beim Kaffee und eventuell auch einem Glas Whisky in der großen Küche – langsam die breite Treppe in der Halle hinaufging, kam ihr von oben Martina entgegen.
„Sie haben ja heute gar nicht mit uns gegessen“, meinte Lois, weniger aus Interesse, als um irgendetwas zu sagen.
„Nein, ich hatte Besseres zu tun“, entgegnete Martina spitz, blieb stehen und musterte sie mit ihren kalten grünen Augen böse.
Diese Frau wird mit jedem Tag arroganter und sieht sich offenbar schon als künftige Schlossherrin, dachte Lois, da legte Martina ihr unversehens eine Hand auf den Arm.
„Schon von Anfang an hatte ich das komische Gefühl, dass zwischen Ihnen und Rob etwas ist“, zischte sie, und in ihrer Stimme schwang neben Wut sonderbarerweise auch so etwas wie Triumph mit.
„Machen Sie sich doch nicht lächerlich!“ Lois versuchte ihren Arm aus Martinas klauenhaftem Griff zu befreien. „Im Übrigen wüsste ich nicht, was Sie das angeht. Sie sind von Lord Ratcliffe seit Langem geschieden.“ Sofort bereute sie, dass sie sich von dieser unangenehmen Person überhaupt in ein solches Streitgespräch hatte verwickeln lassen.
Martina lachte schrill. „Keine Angst“, höhnte sie. „Ich kann jederzeit zu Rob zurück. Vor allem, da ich nun weiß, wie ich Ihnen die Suppe gründlich versalzen kann!“, fügte sie mit schadenfrohem Gelächter hinzu, ließ Lois’ Arm los und rannte die Treppe hinunter.
Bestürzt von der unterschwelligen Drohung, die aus allem herauszuhören gewesen war, blickte Lois ihr einen Moment nach, ehe sie die Schultern zuckte und weiterging.
Sie hatte ein absolut reines Gewissen, was Rob und seine Exfrau betraf. Er hatte ihr sein Wort gegeben, dass er seit ihrer ersten Begegnung auf den Philippinen keine andere Frau mehr angesehen habe, und ihr zudem mehrmals versichert, dass seine Exfrau ihm gestohlen bleiben könne.
Aber was Rob auch sagen mochte, Martina hatte in Bezug auf ihn ihre eigenen Pläne und es sich in den Kopf gesetzt, Herrin auf Ratcliffe Hall zu werden. Da sie vorgab, es ginge ihr bei alledem nur um Emily, war es keineswegs so unwahrscheinlich, dass sie letztendlich doch ihr Ziel erreichte.
Rob hatte nie einen Zweifel daran gelassen, wie sehr ihm das Wohl seiner Tochter am Herzen lag. Und vielleicht kam auch er zu dem Schluss, dass Emily in diesem schwierigen Alter in einer kompletten Familie mehr Halt fand.
Wenn es wirklich darauf ankam, würde Rob sich um Emilys willen auch wieder mit seiner Exfrau zusammentun, dessen war Lois sich sicher. Und deshalb hatte sie stets versucht, ihm ihre wahren Gefühle zu verbergen, und nicht zu zeigen, wie sehr sie ihn liebte.
Nicht umsonst hatte sie sich schon einmal wegen eines Mannes schrecklich gedemütigt gefühlt. Es gab leider nur allzu viele Parallelen zwischen jener Romanze und der jetzigen Situation. Denn damals hatte sie sich ebenfalls Hals über Kopf in einen großen, dunkelhaarigen und gut aussehenden Engländer verliebt, bei dem plötzlich die Exfrau aus der Versenkung aufgetaucht war.
Das heißt, Ross Whitney war gar nicht geschieden gewesen, hatte aber seit Jahren von seiner Frau getrennt gelebt. Und was war passiert? Genau wie Martina auf Ratcliffe Hall, war auch Ross’ Frau unerwartet auf der Bildfläche erschienen, und ehe sie, Lois, es sich versah, hatten die beiden sich ihr Hand in Hand als frisch versöhntes, glückliches Paar präsentiert.
„Wie kannst du mich nur so quälen, Reginald?“, rief Lois und blickte über ihren Fächer kokett Reginald de Courcy alias Neil Gray an, der ihr gegenüber auf der anderen Seite des großen Kamins in der Halle stand. „Wie kannst du sagen, dein Herz und deine Seele gehörten mir, wenn du doch eine andere gern hast?“
Endlich scheint es zu klappen, dachte Lois erleichtert, nachdem die Szene an diesem Morgen wegen diverser Schnitzer nun zum x-ten Male wiederholt wurde. Doch als Neil vor ihr niederkniete und die schöne Lady Susan seiner unsterblichen Liebe versicherte, waren plötzlich entfernte Zornesschreie zu vernehmen, gefolgt vom Krach zuschlagender Türen.
„Aus!“, rief der Regisseur, als der Lärm immer lauter wurde. Jemand schien mit den Füßen aufzustampfen, dann hörte man einen explosionsartigen Knall und das Klirren von Glas, als wäre oben etwas durch das geschlossene Fenster geworfen worden.
„Was, zum Teufel, ist da oben los?“, fragte Neil und
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