Julia Exklusiv 0180
ungebetenen Gast hinauszubringen.
„Ja, danke“, erwiderte Yorke und sagte höflich: „Jetzt würde ich gern den Ring sehen, wenn ich darf.“
Zum Kuckuck mit Yorke Mackinnon! Jetzt erst erkannte Sabina, dass seine charmante Art nur Mittel zum Zweck gewesen war, sie zu besänftigen, bevor er zum eigentlichen Grund seines Besuchs kam: ihr den Ring wegzunehmen.
Sie stand auf. „Ich schicke Ihnen demnächst ein Foto von dem Schmuckstück“, versprach sie.
Das gefiel Yorke offensichtlich nicht. Gereizt stand er ebenfalls auf. „Hören Sie, ich bin ein viel beschäftigter Mann“, begann er.
„Meine Zeit ist auch kostbar“, warf Sabina ein.
„Dann stimmen Sie mir sicher zu, dass wir unsere Zeit nicht weiter damit vergeuden sollten, über einen Gegenstand zu streiten, den ich erst sehen muss, bevor ich mir sicher sein kann, ob er derselbe ist, den meine Großmutter mir zur Verwahrung gegeben hat.“
Da hatte Yorke natürlich recht. Und das ärgerte Sabina. „Niemand hat Sie gebeten, darum zu streiten“, sagte sie herausfordernd.
Seine Lippen zuckten leicht, aber er lächelte nicht. Vielmehr schien er sofort wieder wütend zu werden. Dennoch zügelte er seine Gereiztheit und atmete tief durch, statt Sabina scharf abzukanzeln. Er ließ sich sogar zu einer Erklärung herab.
„Ich sagte Ihnen schon, dass der Ring meiner Großmutter gehört“, begann Yorke. „Was ich nicht erwähnte …“ Er zögerte, „… ist, dass sie mir den Ring – ihr liebstes Schmuckstück, das sie sonst ständig trägt – nur deshalb zur Verwahrung gab, weil sie ins Krankenhaus musste, um sich einer ziemlich komplizierten Herzoperation zu unterziehen.“
„Oh, die Ärmste“, meinte Sabina leise und vergaß kurz ihren Ärger über Yorke. Dann fiel ihr allerdings ein, dass er – wenn er so kaltblütig war, wie sie vermutete – ihr sonst was erzählen würde, nur um Natalies Verlobungsring zu bekommen. Sie wappnete sich gegen Yorke und weitere herzzerreißende Geschichten, die er auf Lager haben mochte. „Das haben Sie sich doch ausgedacht!“, warf sie ihm feindselig vor.
„Nein, das habe ich nicht“, widersprach er ihr.
Sie sah ihn an und versuchte herauszufinden, ob er die Wahrheit sagte. „Warum gab sie den Ring Ihnen?“, fragte Sabina. „Weshalb nicht Rod? Er ist doch ebenfalls ihr Enkel, oder nicht?“
„Doch, Rod ist ihr Enkel.“ Yorke zuckte die Schultern. „Überlegen Sie sich einen Grund“, schlug er vor.
„Mag Ihre Großmutter Sie lieber als Rod?“, fragte sie und fügte halblaut hinzu: „Na ja, über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.“
Dass Yorke das gehört hatte, wurde ihr klar, als seine Lippen wieder leicht zuckten. Hatte die Bemerkung ihn amüsiert?
Seine Miene verriet jedenfalls keine Belustigung. „Nein“, erwiderte er einsilbig.
„Warum dann?“ Sabina fiel einfach kein stichhaltiger Grund ein, bis sie sich plötzlich an Yorkes Frage erinnerte, ob Rod den Ring verkauft habe. „Oh … Sie meinen, Ihre Großmutter befürchtete, Rod könne den Ring verkaufen?“, fragte sie bestürzt.
Yorke sah sie unverwandt an. „Es sind schon andere Dinge verschwunden.“
„Rod hat seiner Großmutter Schmuck gestohlen?“, hakte Sabina nach, und ihr wurde beim Gedanken an die arme Natalie ganz elend zumute.
„Nein, nicht gestohlen“, berichtigte Yorke sie. „Meine Großmutter gab ihm Großvaters goldene Uhr und Manschettenknöpfe.“
„Und Rod hat sie verkauft?“
„Ja. Da sie ihm gehörten, durfte er das“, bestätigte er.
„Aber Ihrer Großmutter gefiel das nicht, deshalb hat sie Rod nicht den Ring anvertraut, der ihr Lieblingsstück und noch dazu seit Generationen im Familienbesitz ist“, fasste Sabina zusammen.
„Das trifft es ziemlich genau“, stimmte Yorke zu. „Rod hatte keinerlei Ansprüche auf den Ring, den er Ihrer Freundin zur Verlobung schenkte.“
Starr und schweigend sah Sabina ihn an und fragte sich, seit wann sie Yorke mehr glaubte als Rod. Natalies Verlobter war also doch ein Gauner. Oh nein, was für ein Schlamassel!
„Ihr Wort steht gegen Rods“, behauptete Sabina schließlich – aus Loyalität gegenüber ihrer Freundin und dem Mann, den diese liebte. Dass Yorke das nicht gefiel, war offensichtlich.
„Jedenfalls händige ich den Ring nicht einfach so aus“, fügte Sabina hinzu und achtete nicht auf Yorkes wütenden Blick. „Außerdem, wenn Ihre Großmutter Ihnen so sehr vertraut, dass sie Ihnen den Ring gegeben hat, wird sie Ihnen
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