Julia Exklusiv 0180
doch sicher weiterhin vertrauen, bis Natalie und Rod von der Weltreise zurückkommen. Oder?“
Das schien Yorke auch nicht zu gefallen, aber Sabina gab nicht nach. Sie wollte ihrer Freundin unverbrüchlich zur Seite stehen. Deshalb konnte sie den Ring nicht herausrücken, nur weil Yorke Mackinnon es wollte.
Wie Ritter vor einem Turnier sahen sie einander starr an. Endlich sagte Yorke: „Vielleicht sollte ich Ihnen genauer erläutern, warum meine Großmutter mir den Ring überhaupt zur Verwahrung gegeben hat.“
Sabina würde sich davon in ihrer Entscheidung zwar nicht beeinflussen lassen, trotzdem antwortete sie höflich: „Das sollten Sie vielleicht wirklich tun.“
Misstrauisch sah er sie an. Ihre nette Art täuschte ihn sicher nicht. Dennoch begann Yorke zu berichten. „Sonntag vor einer Woche – am Tag vor der Operation – besuchte ich meine Großmutter im Krankenhaus. Rod kam ebenfalls.“
„Das war sicher Sonntag vormittags“, warf Sabina ein. Rod war nämlich am Nachmittag und Abend mit Natalie zusammen gewesen.
Yorke nickte. „Kurz bevor Rod auftauchte, hatte meine Großmutter mir gestanden, dass sie befürchte, die Operation nicht zu überleben.“ Sabina vergaß ihre Feindseligkeit, aber bevor sie etwas Mitfühlendes sagen konnte, fügte er hinzu: „Natürlich versuchte ich, sie zu überzeugen, dass sie bald wieder gesund sein würde, aber sie wollte nicht auf mich hören. Und dann zog sie den Ring vom Finger, reichte ihn mir und sagte, ich solle ihn der Frau geben, die ich zu heiraten gedenke.“
Sabina empfand tiefes Mitleid mit seiner Großmutter, die nicht Angst vor Einbrechern, sondern vor der Operation gehabt hatte. „Ich …“, begann sie hilflos.
Yorke ließ sie nicht zu Wort kommen. „Meine Großmutter war so verstört, dass ich sie nur beruhigen konnte, indem ich den Ring annahm. Zugleich gab ich ihr mein Wort, dass ich ihn ihr zurückgeben werde, sobald die Ärzte sagen, sie sei außer Gefahr und auf dem Weg der Besserung. Meine Großmutter bestand darauf, dass ich ihn ausschließlich unter dieser Bedingung zurückgeben solle.“
„Sie sollten …“, bat Sabina.
Er achtete nicht auf ihren Einwand und fuhr fort: „Wenn ich meiner Großmutter den Ring nicht gebe, wird sie glauben, sie sei dem Tod …“
„Schweigen Sie“, flehte Sabina, denn sie wollte nichts mehr davon hören.
„In den ersten Tagen nach der Operation war sie zu benommen, um viel zu registrieren. Aber seit Freitag nimmt sie wieder ihre Umgebung wahr. Vor der Operation war meine Großmutter eine lebensbejahende und optimistische Frau, aber jetzt ist sie oft niedergeschlagen, weint und …“
„Das sind die Nachwirkungen der Narkose“, warf Sabina ein, obwohl sie sich damit überhaupt nicht auskannte. Dennoch musste sie sich ja irgendwie gegen Yorkes Strategie wehren, denn er schlug eine Bresche nach der anderen in ihre Verteidigungslinien. Aber was wurde aus Natalie, wenn sie, Sabina, jetzt nachgab?
„Jedenfalls …“ Mühsam verdrängte sie den Gedanken an seine bedauernswerte Großmutter. „Wie kam es, dass Rod Ihnen den Ring gestohlen hat? Und wer garantiert mir, dass Ihre Großmutter den Ring nicht Rod überlassen hat, damit er ihn seiner Verlobten gibt? So hätte …“
„So hätte es sich abspielen können, aber so war es nun einmal nicht“, unterbrach Yorke sie schroff. „Rod sah den Ring in meiner Hand, als er unsere Großmutter besuchen kam, kurz nachdem sie mir das Schmuckstück anvertraut hatte. Deshalb steckte ich es in die Jacketttasche, verabschiedete mich und ging aus dem Zimmer. Dann sprach ich noch mit der Oberschwester, und als ich zu meinem Auto ging, holte Rod mich ein. Er bat mich, ihn mitzunehmen, da sein Auto in der Werkstatt sei. Ich …“
„Rod hat …“, begann Sabina und zögerte.
„Ja?“, hakte Yorke nach.
Nun wurde Sabina wieder trotzig. „Wenn Sie’s unbedingt wissen wollen: Rods Auto war nicht in der Werkstatt. Er hat es verkauft, um die Reise mit Natalie zu finanzieren. Und ihr den Ring zu kaufen“, fügte sie triumphierend hinzu.
„Eine sehr glaubwürdige Geschichte“, spottete Yorke. „Eins ist jedenfalls klar: Rod hat entweder mich oder Sie belogen.“
„Und woher weiß ich, dass nicht Sie derjenige sind, der lügt, Mr. Mackinnon?“
„Sie glauben mir also noch immer nicht?“
„Nennen Sie mir nur einen stichhaltigen Grund, warum ich es tun sollte.“
„Wie wäre es damit: Weil meine Großmutter ernsthaft krank und sehr deprimiert im
Weitere Kostenlose Bücher