Julia Exklusiv 0180
Drehort wohnen.“
„Vermutlich haben Sie recht.“ Lois seufzte, da allein ihretwegen der Drehbeginn kurzfristig hatte vorverlegt werden müssen.
Als sie zwei Wochen zuvor in der Harley Street einen Arzt aufgesucht hatte, hatte sie bereits einen gewissen Verdacht gehegt. Trotzdem fiel sie aus allen Wolken, als der Doktor ihre Befürchtungen bestätigte.
Sie fühlte sich plötzlich in der Falle, denn die amerikanischen Geldgeber ihres neuen Films hatten ihr bei Vertragsabschluss vor zwei Monaten klar zu verstehen gegeben, dass sie das Projekt nur finanzierten, weil sie die Titelrolle spielte.
„Wir wissen, dass Sie unsere Erwartungen nicht enttäuschen werden“, sagte Sol Weiser bei Unterzeichnung des Vertrags und lächelte sie strahlend an, ohne dass dieses Lächeln jedoch seine Schweinsäuglein erreichte. „Ich sage Ihnen ganz offen, normalerweise stecken wir unser Geld nicht in Literaturverfilmungen, aber mit Ihnen als Zugpferd wird der Film sicher ein Erfolg.“
„An mir soll es jedenfalls nicht liegen, wenn die Kinokassen leer bleiben“, erwiderte sie zuversichtlich lächelnd.
Bereits beim Verlassen des Büros kamen ihr dann doch leise Zweifel, aber so ging es wohl fast allen Schauspielern. Und natürlich war es ihr äußerst peinlich, Sol Weiser letzte Woche anrufen und ihm mitteilen zu müssen, dass sie ein Baby erwartete.
Er hüllte sich drei Tage lang in unheilvolles Schweigen, ehe schließlich das Okay zum Weitermachen kam. Allerdings musste der Drehplan wegen ihres Zustands drastisch gekürzt werden.
„Ich hätte lieber alles abgeblasen“, teilte Sol ihr am Telefon mit und verhehlte nicht seine Verärgerung. „Aber meine Mitfinanziers haben mich überstimmt und gemeint, Madonna sei während der Dreharbeiten zu Evita auch schwanger gewesen. Trotzdem wurde der Film ein Riesenerfolg. Hoffen wir, dass es bei Ihnen ebenso ist. Aber bitte kein Wort über Ihren Zustand an die Medien. Ist das klar?“, fügte er mit drohender Stimme hinzu.
„Völlig klar. Mir ist es auch lieber …“ Sol hatte sie den Satz nicht mehr beenden lassen, sondern einfach aufgelegt.
Lois war keineswegs erpicht darauf, ihr Geheimnis herumzuposaunen, und so wussten bisher nur der Regisseur, der Aufnahmeleiter und Peggy Bescheid.
Es war unumgänglich gewesen, Peggy einzuweihen. Man hatte sie ursprünglich nur als Kostümbildnerin engagiert, sie dann aber gebeten, auch als Lois’ persönliche Assistentin zu fungieren, um den Kreis der Personen, die Bescheid wussten, möglichst einzuschränken.
Zum Glück spielte der Film zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. „Die damalige Mode kommt uns sehr entgegen“, hatte Peggy Lois bei den Anproben beruhigt. „Unter der hohen Taille lässt sich Ihr Zustand prima verbergen. Ich denke nicht, dass wir mit den Kostümen irgendwelche Probleme haben werden.“
Hoffen wir, dass sie recht hat, dachte Lois nun und wandte den Kopf, um wieder aus dem Fenster zu sehen. Sie wünschte sich so sehr, dass dieser Film ein Erfolg wurde.
Es handelte sich um die Verfilmung einer Erzählung der englischen Schriftstellerin Jane Austen. Für Lois bedeutete die Rolle der Titelheldin eine seit Langem ersehnte Chance, sich als Charakterdarstellerin zu profilieren. Bisher hatte sie immer nur moderne und schlagfertige junge Heldinnen gespielt, doch als Lady Susan verkörperte sie eine gefährlich schöne und äußerst intrigante Frau.
Gerade weil die Rolle so vielschichtig war, hätte Lois mehr Zeit gebraucht, als ihr nun wegen der Schwangerschaft zur Verfügung stand.
Unwillkürlich legte sie sich die Hand auf den Bauch. Sie war jetzt im dritten Monat, doch noch konnte man ihr nichts ansehen. Nur die Brüste waren etwas voller geworden. Vielleicht gelang es ihr ja, bis zum Ende der Dreharbeiten ihr Geheimnis zu bewahren. Und wenn Madonna es geschafft hatte, als Schwangere einen Film zu drehen, wieso sollte es dann nicht auch ihr gelingen?
An allem ist diese Magenverstimmung in Indien schuld, dachte Lois grimmig, als sie mit dem Wagen von der Autobahn auf eine Landstraße abbogen, die durch die südostenglische Grafschaft Sussex führte.
Obwohl Lois keine Frau war, die heute mit dem und morgen mit jenem schlief, hatte sie regelmäßig die Pille genommen, um sich vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen. Nur als ihr in Indien so sterbenselend gewesen war, hatte sie die Pille zwei oder drei Tage abgesetzt, und schon war ihr Hormonhaushalt durcheinandergeraten. Zumindest hatte der Arzt in
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