Julia Exklusiv 0227
sich.
Sekundenlang blieb sie stehen und fuhr sich mit den Händen über die vom heißen Kaffee feuchte Hose. Dann schrie sie leise auf und eilte ins Badezimmer, wo sie sich übergeben musste.
Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, zog sie sich aus und stellte sich unter die Dusche. Das Wasser, das sie über ihren Körper laufen ließ, war so heiß, dass sie das Gefühl hatte, es würde ihre Haut verbrennen. Aber sie ertrug es, als könnte sie damit einfach alles abwaschen.
Dann trocknete sie sich ab und zog sich Leggings und ein langes T-Shirt an. Mit dem blassen Gesicht sehe ich aus wie ein Gespenst, sagte sie sich, als sie das feuchte Haar kämmte.
Unten im Wohnzimmer fing sie an, den verschütteten Kaffee aufzuwischen. Sie war beinah froh über die Anstrengung, die es sie kostete, die Flecken zu entfernen. Auch der cremefarbene Teppich war nicht verschont geblieben, wie Kate stirnrunzelnd feststellte. Sie würde ihn in die Spezialreinigung geben müssen.
Auf einmal hielt sie inne. Meine Ehe ist ruiniert, und ich rege mich über diesen verdammten Teppich auf, sagte sie sich und blickte ins Leere. Sie zitterte vor Angst, aber auch vor Ärger.
„Es ist nicht wahr, es kann einfach nicht wahr sein, sonst wüsste ich es doch. Bestimmt hätte ich irgendetwas gemerkt. Das hat sich jemand ausgedacht, der uns hasst und eifersüchtig auf unser Glück ist“, sagte Kate mit heiserer Stimme laut vor sich hin.
Bei dem Gedanken schauderte ihr, und sie verzog das Gesicht. Aber es wäre auf jeden Fall die bessere Alternative.
Sie brachte die Porzellanscherben in die Küche, um sie wegzuwerfen. Als sie die leere Champagnerflasche im Mülleimer erblickte, kam ihr plötzlich eine Idee. Sie nahm die Sektkelche in die Hand, hielt sie in die Sonne und untersuchte sie minutenlang auf Spuren von Lippenstift.
Du liebe Zeit, ich darf mich von einem offenbar missgünstigen, boshaften Menschen nicht verrückt machen lassen, schalt sie sich schließlich und stellte die Gläser weg. Dann leerte sie den Mülleimer und reinigte ihn sorgfältig. Als sie damit fertig war, goss sie sich einen neuen Kaffee auf und nahm ihn mit ins Wohnzimmer. Sie setzte sich auf eins der Sofas.
Normalerweise war Kate immer wieder fasziniert von dem Blick auf den Fluss mit den Schiffen, auf die vielen Gebäude, die dicht gedrängt das Ufer säumten, und von dem Spiel des Lichts, das auf dem Wasser glitzerte. Doch jetzt nahm sie davon nichts wahr. Zu viele Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf. Geistesabwesend trank sie den heißen Kaffee, der ihr beinah die Kehle verbrannte. Aber die innere Kälte wollte nicht verschwinden.
Ich wünschte, es wäre nicht passiert und es wäre alles noch so wie zuvor, überlegte sie. Es tat ihr sogar in gewisser Weise leid, dass sie früher nach Hause gekommen und nicht in Gloucestershire geblieben war. Hätte ich doch Peter Hendersons Einladung zum Dinner angenommen, sagte sie sich.
Aber was hätte sich dadurch geändert? Nichts. Den Brief hätte sie trotzdem nach ihrer Rückkehr vorgefunden.
Sie musste unbedingt einen Weg finden, mit der Situation zurechtzukommen. Und sie musste sich entscheiden, wie sie sich verhalten wollte. Sie könnte zum Beispiel Ryan den Brief zeigen und abwarten, wie er darauf reagierte.
Nachdem sie die leere Tasse auf den Tisch gestellt hatte, hob sie den zusammengeknüllten Briefbogen auf und versuchte ihn glatt zu streichen.
Sie konnte nicht mehr mit einem Scherz darüber hinweggehen und so tun, als wäre es ihr egal. Denn wenn Ryan sah, was sie mit dem Brief gemacht hatte, wäre ihm sogleich klar, dass sie sich aufgeregt hatte. Und das sollte er nicht wissen, jedenfalls jetzt noch nicht. Erst wollte sie sicher sein, dass die Anschuldigung stimmte.
Überrascht hielt Kate inne. Ihr wurde bewusst, wie rasch sie ihre anfängliche Überzeugung, es sei eine Lüge, aufgegeben hatte.
Ein Artikel fiel ihr ein, den sie kürzlich in einer Zeitschrift beim Friseur gelesen hatte. Darin hatte gestanden, woran man erkennen könne, ob der Ehemann untreu sei. Ein deutliches Anzeichen für Untreue seien längere Abwesenheiten, für die es keine einleuchtenden Erklärungen gab.
„Ryan, wo zum Teufel bist du?“, fragte sie laut und beinah verzweifelt.
Nein, ich darf solche Gedanken einfach nicht zulassen, sagte sie sich dann. Fünf Jahre voller Liebe und Vertrauen konnten nicht innerhalb weniger Sekunden durch eine so boshafte Unterstellung zerstört werden. Sie beschloss, den Brief nicht zu erwähnen
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