Julia Exklusiv 0227
der Schreibtisch war leer.
Natürlich erwartet er mich erst morgen zurück, sagte sie sich. Dennoch war sie enttäuscht und fühlte sich irgendwie hintergangen. Sie hatte sich beeilt, zu ihm nach Hause zu kommen, aber er war einfach nicht da. Und er hatte auch keinen Tisch im Restaurant reserviert.
Na gut, dann muss ich eben selbst kochen, am besten eine Pasta mit Thunfisch und Anschovis, überlegte sie und seufzte. In der Gefriertruhe war noch Knoblauchbrot, das würde dazu passen. Am besten fing sie gleich an. Es dauerte bestimmt nicht mehr lange, bis Ryan zurückkam, er war ja ohne Auto unterwegs.
Andererseits sah die Wohnung unnatürlich ordentlich und aufgeräumt aus, als hätte sich den ganzen Tag niemand darin aufgehalten. Doch rasch verdrängte Kate den Gedanken wieder. Ich bin enttäuscht, aber deshalb brauche ich noch lange keine Wahnvorstellungen zu haben, wies sie sich zurecht.
Sie ging in die Küche, um sich einen Kaffee zu kochen. Auf einmal fielen ihr die beiden Sektkelche aus Kristall auf, die auf dem Spültisch standen. Champagner? fragte sie sich und zog die Augenbrauen hoch. Seltsam, Ryan trank eigentlich nicht gern Champagner, sondern lieber Rotwein.
Nachdem sie den Wasserkessel aufgesetzt hatte, öffnete sie in einer plötzlichen Eingebung den Mülleimer und entdeckte die leere Flasche. Ryan hatte wirklich Champagner getrunken – und nicht allein.
Sekundenlang stand sie reglos da. Dann machte sie den Mülleimer wieder zu und drehte sich um. Was war schon dabei? Wahrscheinlich hatte Ryan etwas zu feiern gehabt. Vielleicht war Quentin, sein Agent, mit der guten Nachricht vorbeigekommen, dass man Ryan die Filmrechte an seinem letzten Buch abkaufen wolle.
Sie konnte es immer noch nicht so richtig glauben, wie erfolgreich er als Autor war. Damals hatte sie geglaubt, er sei glücklich und zufrieden und würde seine Arbeit in der City lieben. Sie war entsetzt gewesen, als er eines Tages verkündete, er würde seinen Job als Börsenmakler aufgeben und Romane schreiben. Kate hatte sich gerade erst mit ihrer Freundin Louise selbstständig gemacht. Sie wies ihn auf die Risiken hin und versuchte, ihn umzustimmen.
„Es gefällt mir nicht, wie ich lebe“, antwortete er. „Ich sehe mir die Menschen um mich her an und stelle immer wieder fest, dass ich nie so werden möchte wie sie. Dies ist meine Chance, mich von allem zu befreien, und ich will sie wahrnehmen.“ Etwas sanfter fügte er hinzu: „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Kate. Ich habe genug Geld gespart, um die erste, vielleicht schwierige Zeit zu überbrücken. Ich lasse dich nicht verhungern.“
„An mich habe ich gar nicht gedacht“, erwiderte sie. „Wenn du deinen Job aufgibst, kannst du nicht mehr zurück. Schriftsteller zu werden ist ein Schritt ins Ungewisse. Woher willst du wissen, dass du überhaupt Talent hast?“
„Wenn ich es nicht versuche, werde ich es nie erfahren.“
„Ja, stimmt.“ Sie seufzte. „Dann tu es. Im Notfall müssen wir mit dem auskommen, was ich verdiene.“
Sekundenlang schwieg er. „Ah ja, daran habe ich gar nicht gedacht“, antwortete er dann.
Es kam jedoch ganz anders. Ryans erstes Manuskript wurde gelesen und sogleich angenommen. Der Betrag, den Quentin Roscoe ihm dafür bot, war viel höher, als Kate jemals zu hoffen gewagt hätte.
„Du bist ein Genie!“ Sie legte ihm die Arme um den Nacken und küsste Ryan stürmisch. „Jetzt kann uns nichts mehr aufhalten.“
Doch die Zeit danach war nicht immer leicht gewesen. Kate erinnerte sich noch an den Tag, als Ryan ihr erzählt hatte, er würde durch die USA reisen, um sein Buch Justified Risk vorzustellen.
„In jeder größeren Stadt muss ich Bücher signieren und Radio- und TV-Interviews geben“, erklärte er voller Vorfreude. „Und während ich beschäftigt bin, kannst du einkaufen oder dir Sehenswürdigkeiten ansehen.“
„Ach ja?“ Kate biss sich auf die Lippe. „Liebling, ich kann nicht mit dir fahren.“
„Was redest du da? Natürlich kommst du mit, die ganze Reise ist für zwei Personen gebucht.“
„Dann muss man eben die Buchungen für mich annullieren“, erwiderte sie unnachgiebig. „Man hat mich noch nicht einmal gefragt.“
„Mich auch nicht, jedenfalls hat man mich nicht in die Vorbereitungen einbezogen. Man erwartet von mir, dass ich für solche Werbeveranstaltungen dankbar bin. So eine Chance lasse ich mir bestimmt nicht entgehen.“
„Nein, natürlich nicht. Ich bin sicher, du wirst großartig sein.“
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