Julia Exklusiv 0227
Ihre Stimme klang seltsam spröde. „Aber ich habe viel zu viel zu tun, um so lange wegzubleiben.“
„Louise würde es verstehen, wenn du es ihr erklärtest.“
„Es gibt nichts zu erklären.“ Kate hob das Kinn. „Ich habe auch einen Beruf, Ryan, und ein eigenes Leben, genau wie du. Ich bin nicht dein Anhängsel, das du überallhin mitnehmen kannst.“
„Da hast du recht“, antwortete er eine Spur zu liebenswürdig. „Du bist meine Frau, und ich wünsche mir von dir nur etwas Unterstützung.“
„Du meinst, ich soll alles liegen und stehen lassen und dich begleiten?“ Sie schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, Ryan, aber so geht es nicht.“ Nach kurzem Zögern fügte sie hinzu: „Wenn ich es früher gewusst hätte …“
„Ich habe es selbst gerade erst erfahren.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Kate, ich brauche dich an meiner Seite – bitte.“
„Es ist unmöglich“, weigerte sie sich beharrlich. Doch als er sich enttäuscht abwandte, sagte sie hastig und etwas versöhnlicher: „Vielleicht das nächste Mal …“
„Natürlich“, hatte er mit ausdrucksloser Miene geantwortet. „Es gibt ja immer ein nächstes Mal.“
In ihrem Fall jedoch nicht. Ryan hatte seitdem mehrere Promotionsreisen unternommen, aber er hatte Kate nie mehr gebeten, ihn zu begleiten, obwohl sie es bestimmt getan hätte.
„Ich verstehe dich nicht“, hatte Louise gesagt, als Kate ihr berichtete, was geschehen war. „Wenn Ryan mein Mann wäre, würde ich ihn nicht allein herumreisen lassen.“
„Er ist nicht allein“, erwiderte Kate. „Mehrere Leute begleiten ihn – ein Publizist zum Beispiel.“
„Wirklich ein Mann? Kann es nicht auch eine Frau sein?“, fragte Louise.
„Ich weiß es nicht.“
„Dann solltest du dich darum kümmern. Ich meine, als seine Ehefrau müsstest du so etwas wissen.“ Louise, die größer war als Kate und üppige Rundungen und wunderschöne dunkle Locken hatte, schob die Brille mit dem roten Gestell höher.
„Ach, das ist doch lächerlich“, erwiderte Kate ungeduldig. „Ich vertraue Ryan voll und ganz.“
Dennoch fragte sie Ryan, als er zurückkam: „Wie bist du eigentlich mit dem Publizisten zurechtgekommen?“
„Mit Grant?“ Ryan schüttelte den Kopf. „Er ist ein netter Kerl, aber ich glaube, ich war der erste Autor, den er betreut hat. Wir haben uns gegenseitig geholfen.“
„Oh“, hatte Kate nur gesagt und sich geärgert, weil sie irgendwie erleichtert gewesen war.
Plötzlich fing der Kessel an zu pfeifen und riss Kate unsanft aus den Gedanken. Eigentlich wollte ich gar keine Reise in die Vergangenheit unternehmen, aber die Begegnung mit Peter Henderson hat mich wahrscheinlich dazu animiert, überlegte sie, während sie den Kaffee aufgoss. Durch seine Fragen war sie an Dinge erinnert worden, von denen sie geglaubt hatte, sie gehörten endgültig der Vergangenheit an. Irgendwie fand sie es beunruhigend.
Sie war dagegen gewesen, dass Ryan seinen Beruf aufgab, aber das konnte ihr niemand vorwerfen. Als Ryan dann schon mit seinem ersten Buch der große Durchbruch gelang, hatte sie sich mehr gefreut als er selbst.
Wir tun beide das, was uns Spaß macht, wir haben ein wunderbares Leben und führen eine gute Ehe, sagte sie sich, während sie in den Wohnbereich ging. Besser könnte es gar nicht sein.
Plötzlich entdeckte sie die Post neben dem Telefon. Wahrscheinlich nur Werbung und Rechnungen, dachte Kate und sah die Briefe durch. Eines der Couverts erregte ihre Aufmerksamkeit. Ihre Adresse auf dem cremefarbenen Briefumschlag war mit Maschine geschrieben, der Brief in London abgestempelt.
Kate öffnete ihn und zog den Briefbogen hervor. Und während sie die Kaffeetasse in die Hand nahm, las sie:
Ihr Mann liebt eine andere Frau.
Ein Freund
2. KAPITEL
Kate fühlte sich wie betäubt. In ihren Ohren dröhnte es, und wie aus weiter Ferne hörte sie Porzellan zerbrechen. Sie zuckte zusammen, als heiße Flüssigkeit ihre Beine und Füße zu verbrennen schien.
Ich habe die Kaffeetasse fallen lassen, ich muss einen Lappen holen und alles aufwischen, sonst bekomme ich die Flecken nicht mehr weg, dachte sie, war aber unfähig, sich zu bewegen. Immer wieder las sie die Worte, bis die Buchstaben vor ihren Augen zu tanzen schienen, sich auflösten und sich in sinnloser Reihenfolge wieder aneinanderreihten.
Geistesabwesend zerknüllte sie den Briefbogen in der Hand. Den kleinen Papierball, der daraus entstand, warf sie heftig und mit aller Kraft von
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