Julia Exklusiv Band 0194
oder?“
„Ja, genau so.“
Sie lachten beide.
„Ann Destry ist besonders hübsch. Das Bühnenlicht fängt sich so in ihrem Haar, dass es einen magischen Schein hat. Die Szene in ‚Othello‘, in der Sie ihren Hals mit ihrem langen Haar bedecken, als wollten sie die Würgemale ihrer Finger dahinter verstecken, war überwältigend“, schwärmte Anita.
„Ah, das haben Sie bemerkt?“, rief er erfreut. „Ja, Ann ist sehr hübsch und eine exzellente Schauspielerin. Der rotblonde junge Mann, den Sie in der Mühle bei uns sahen, ist ihr Verlobter. Er macht sich gerade als Bühnenarchitekt einen Namen. Für den ‚Hamlet‘ hat er außerordentliche Dekorationen entworfen. Ich freue mich auf das Stück. Ich werde zum ersten Mal den ‚Hamlet‘ spielen.“
„Sie werden einmalig sein, Tarquin.“
„Das will ich auch“, gestand er ernst. „Einmal im Leben möchte jeder Schauspieler eine Vorstellung geben, mit der er sich ein Denkmal setzt. Können Sie das verstehen? Er möchte, dass die Leute sagen, in dieser Rolle habe ich ihn gesehen. Er war unvergesslich.“
Er sah ihr blasses Gesicht. „Soll ich Sie jetzt nach Hause bringen?“, fragte er und legte einen Arm um ihre Schultern.
„Ja bitte, ich möchte jetzt gehen.“
„Und ich sollte Ihnen gute Nacht und Adieu sagen, endgültig Abschied nehmen“, murmelte er. „Aber das will ich nicht. Ich möchte Sie wiedersehen, Anita.“ Es klang drängend. „Am Sonntag vielleicht. Wir könnten ein Boot mieten und den Fluss hinunterfahren, einen Picknick-Korb mitnehmen und draußen an einem hübschen Platz essen. Ist das ein Vorschlag, kleine Nymphe?“
„Ja. O ja.“ Anitas Augen strahlen. „Wo wollen wir uns treffen, und soll ich das Picknick mitbringen?“
„Sagen wir gegen Mittag an der Mühle. Da gibt es Boote. Das Essen bekomme ich bei Lemons. Putenschenkel, Käsepasteten und eine Flasche Wein.“
„Großartig!“ Anita freute sich wie ein Kind.
„Ich hoffe, es wartet kein Freund“, murmelte er, halb im Scherz, „irgendein junger Romeo?“
„Nein!“, rief sie schnell und konnte ihre Freude und ihren Wunsch, mit ihm zusammen zu sein, nicht verbergen. „Es gibt keinen Freund. Ich möchte mit Ihnen den Fluss hinunterfahren.“
„Also abgemacht. Wir lassen uns treiben im wahrsten Sinne des Wortes, Anita, und lassen geschehen, was geschehen soll.“ Bevor sie reagieren konnte, hatte er sich über sie geneigt und das Grübchen auf ihrer Wange geküsst. „Sie wissen, nicht wahr, und sind doch noch so jung“, flüsterte er.
„Was soll ich wissen, Tarquin?“
Ihr Herz klopfte laut. Sie wusste genau, sie würde leiden, wenn sie sich erlaubte, diesen Mann zu lieben.
„Dass mein Leben sehr einsam ist, Anita, selbst in den schönsten Augenblicken des Erfolges.“ Er lächelte und hob ihr Gesicht zu sich empor. „Sie denken mit Ihrem Herzen.“
Minutenlang blickten sie sich an. Sie sprachen nur mit ihren Augen. Der Mond segelte hinter eine Wolke.
„Ich muss Sie nach Hause bringen.“ Es klang bedauernd. „Es wird gleich wieder regnen.“
Der Regen überfiel sie, als sie lachend zum Haus liefen. Ein großer Teil der Wagen hatte den Parkplatz bereits verlassen. Einige bunte Lichter waren verloschen. Von drinnen hörte man Schallplatten, auch die Musiker waren schon gegangen.
Tarquin ergriff Anitas Hand und drückte sie fest.
„Nicht vergessen“, drängte er.
„Wie könnte ich.“
Anita nahm den Umhang ab und gab ihn zurück. In diesem Augenblick kamen Ann Destry und ihr Verlobter aus dem Haus.
„Quin, da bist du ja. Komm, wir bringen dich ins Hotel.“
„Ich bin entzückt, Madame!“ Tarquin verneigte sich.
Noch einmal wandte er sich zu Anita um, warf ihr einen zärtlichen Blick zu. Sie verstand. Dies war ein Geheimnis zwischen ihnen. Keiner brauchte zu wissen, dass Tarquin Powers sich am Sonntag mit einem jungen Mädchen treffen würde. Die Neugier und Spottlust anderer Menschen konnte dieses zauberhafte aufkeimende Gefühl, das sie verband, nur stören.
„Gute Nacht“, rief Anita schnell und eilte ins Haus.
Charme stand in der Halle und verabschiedete sich von einem der Gäste, der sich groß und dunkel über ihre Hand neigte.
„Anita!“, rief sie.
„Wunderschöne Party, Charme!“ Anita lächelte fröhlich. Sie war allen wohlgesonnen in diesem Augenblick, ihre Augen strahlten.
„Haben Sie sich gut amüsiert, Mister Talgarth?“, rief sie dem Mann beinahe übermütig zu. Ihr Haar war zerzaust von Wind und Regen, das
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