Julia Exklusiv Band 0194
strenger anziehen sollen, doch sie hatte Kim gefallen wollen.
„Entschuldigen Sie mein Misstrauen.“
Schwester Grace blickte ihre Schülerin liebevoll an.
„Kim war in letzter Zeit viel krank. Wir haben uns Sorgen gemacht. Und ich weiß, Mister Strathern ist ein beschäftigter Mann.“
„Er hat doch an die Schule geschrieben“, nützte Anita das Zögern der Nonne aus. „Ein so berühmter Arzt wie Mr. Strathern wird schon wissen, wem er sein Vertrauen schenkt.“ Anita lächelte gewinnend.
„Ich bin auf diesen Job angewiesen, Schwester Grace“, versuchte sie es einmal anders herum, „und ich bin zwanzig Jahre alt. Vielleicht halten Sie mich für jünger.“
„Sie haben gemerkt, dass ich misstrauisch bin, nicht wahr?“ Zum ersten Mal lächelte Schwester Grace. „Vielleicht nehme ich meine Pflichten zu ernst. Wie Sie sagten, Mr. Strathern ist ein wichtiger Mann und wird die Menschen und Charaktere besser kennen als ich. Sind Sie Krankenschwester, Miss Perry?“
„Nein. Ich beschäftige mich mit Antiquitäten.“
Schließlich drehte sich die Nonne zu Kim um.
„Du wirst ein braves Mädchen sein, Kim. Behalte in der Sonne immer deinen Strohhut auf und sei vorsichtig beim Baden im Meer. Versprichst du es mir?“
„Ach, Schwester Grace, seien Sie nicht so verdrießlich.“ Das Mädchen lachte, und ihr blasses Gesicht wurde plötzlich schön. „Ich finde Anita schrecklich nett und fröhlich. Ich liebe meinen Vater, dass er sie mir für die Ferien geschickt hat.“
Die Nonne tätschelte dem jungen Mädchen die Wange. Die Schuluniform ließ Kim jünger als sechzehn erscheinen. Ihre Augen waren die ihres Vaters und ebenso das volle rote Haar, das unter dem Panamahut hervorquoll.
Sie kümmerten sich um das Gepäck und gingen dann durch die Hafengassen zum Marktplatz.
„Wollen Sie mit uns essen, Schwester?“, fragte Anita freundlich.
Schwester Grace bedauerte, doch sie wollte sofort weiter zu ihrer Schwester. Sie suchten ein Taxi, und Anita war erleichtert, als die Nonne nach weiteren guten Ratschlägen endlich davonfuhr.
„Sie ist eine gute Seele“, sagte Kim, „aber warum müssen gute Menschen immer so schrecklich ernst sein?“
„Sie sehen nur ihre Pflicht und haben Angst vor ein bisschen Spaß. Allerdings wäre die Welt ohne solche Typen böse.“
Anita nahm ihr den Koffer ab und trug ihn.
„Ich denke, wir werden erst einmal essen gehen. Ich habe ein Restaurant entdeckt, das sah recht nett aus. Camelot nannte es sich.“
„Die sogenannten boshaften Leute sind mir lieber.“ Kim grinste und nahm ihren komischen Hut ab. Sie hatte herrliches Haar wie irisches Gold, und ihr Gesicht wirkte apart durch die großen grünen Augen und ein paar Sommersprossen auf der Nase.
„Nett-boshaft, wenn Sie wissen, was ich meine. Ein bisschen frech, doch nicht teuflisch. Es gibt solche Menschen. Sir Lancelot war ein solcher Mann. Diese Gegend ist voller Legenden über König Arthur und seine Ritter.“
„Sir Lancelot ist ein Liebling von dir, nicht wahr? Übrigens wäre es schön, wenn wir dieses Sie vergessen, sag du und Anita zu mir, ja?“
„Sehr, sehr gern, danke“, beteuerte Kim überschwänglich. Sie strahlte.„Wie hast du meinen Vater getroffen, Anita? Es war eine wunderbare Überraschung, als er mir schrieb, er habe eine liebenswerte junge Dame kennengelernt, die bereit sei, mit mir die Ferien zu verbringen. Ist Vater in dich verliebt? Das wäre ja fantastisch! Weißt du, Männer werden komisch, wenn sie immer ohne Frauen sind, die ihr Leben aktiv machen.“
„Also wirklich, Kim!“
Anita musste lachen.
„Dein Vater hat einen Freund von mir erfolgreich operiert. Er hat ihm das Leben gerettet. So haben wir uns getroffen. Ich brauchte einen Job, und er bot mir an, deine Gesellschafterin in den Sommerferien zu sein.“
„Vielleicht hat er gedacht, wir könnten gegenseitig auf uns aufpassen!“ Kims Augen funkelten vor Vergnügen. „Papa ist schrecklich nett, nicht wahr? Ein bisschen rau manchmal. Ich liebe Männer, die so wirken, als wären sie verantwortlich für die ganze Welt. Männer, die Autorität besitzen. Nur so einen könnte ich heiraten. Wenn ich einen finde, den mein rotes Haar nicht stört“, setzte sie bekümmert hinzu.
„Du hast rotgoldenes Haar, Kim, das ist sehr apart.“
„Die Mädchen in der Schule nennen mich Rotfuchs.“
„Daraus würde ich mir nichts machen. Füchslein sind schlau. Und Männer mit Autorität lieben intelligente Frauen.“
„Du bist ein
Weitere Kostenlose Bücher