Julia Exklusiv Band 0194
Schatz, Anita. Du redest mit mir, als wäre ich erwachsen.“
„Du bist auf dem besten Wege dazu, oder?“
„Ich bin erst sechzehn, ein verzwicktes Alter, das kann ich dir sagen. Kein richtiges Schulmädchen mehr und doch noch keine Frau. Zuerst habe ich mit Wonne Geschichten der Ritter der Tafelrunde gelesen, es waren Märchen für mich. Jetzt lese ich sie wieder und stelle fest, es sind lauter Liebesgeschichten.“
„Macht das das Leben nicht viel schöner und aufregender?“ Anita lächelte über ihren Eifer.
Kim nickte, dann jauchzte sie plötzlich vor Freude und machte einen Luftsprung.
„Hurra! Das werden Superferien, Anita. Cousine Val hat mich immer wie ein kleines Kind behandelt. Sie hatte sogar Angst, wenn ich mit Jem im Boot unterwegs war.“
„Wir werden unser Bestes tun, diese Ferien zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen“, versprach Anita. „Ich bin zum ersten Mal in Cornwall und sehr beeindruckt von den Klippen und den herrlichen Sandbuchten. Es ist hier wie in einer anderen Welt.“
„Auch die Menschen sind hier anders“, erklärte Kim, „das wirst du noch merken. Manche sehen aus wie Südländer. Ein aufregendes Land, sage ich dir. Ich bin überzeugt, hier könnte alles Mögliche geschehen.“
„Davon bin ich überzeugt.“
Anita blickte um sich. Dieser kleine Ort mit seinen Fachwerkbauten, schon schief vom Alter, den winkligen Straßen, dem Kopfsteinpflaster und dem Hafen war unendlich malerisch. An der Kaimauer waren Fischernetze gespannt, die sich im Wind leise bewegten. Schreiende Möwen, umherstreunende Hunde und singende Fischer gaben ihm die besondere Atmosphäre.
Das Mittagessen im „Camelot“ war ein voller Erfolg. Als Anita für Kim einen Aperitif mitbestellte, schrie sie vor Vergnügen.
„Du bist wirklich einfach klasse, Anita!“
Bei der Nachspeise wollte sie wissen, woher Anita kam und ob sie ihren Vater in London getroffen habe. Anita berichtete von Avendon und versuchte, dabei nicht an Tarquin zu denken, der ihr diesen Ort zum Paradies gemacht hatte.
Sie erzählte vom Fluss Avon, von den Schwänen und vom Theater. Nur so weit entfernt konnte sie darüber sprechen.
Anschließend deponierten sie Kims Gepäck in dem Gasthaus und gingen bummeln. Sie promenierten durch die Straßen, betrachteten Auslagen und gingen in die kleinen Läden. Ein Geschäft mit Strandsachen fesselte Anita.
„Du musst einen anderen Sonnenhut haben, Kim, dein Panamahut ist zu komisch. Wie wäre es mit diesem flachen Breton-Strohhut mit grünem Band? Er passt zu deinen Augen“, schlug Anita vor.
„Nur, wenn du dir den gleichen mit einem violetten Band kaufst, der passt dann zu deinen Veilchenaugen“, forderte Kim.
Lachend betraten sie das Geschäft und kauften die hübschen flachen Hüte. Sie behielten sie gleich auf und bummelten zum Strand hinunter.
Dort saß ein Mann auf einem umgedrehten Boot und beobachtete die ausgelassenen jungen Damen von weitem. Er rauchte eine lange, dünne Zigarre.
Als sie durch den Sand stapften, blieb Kim plötzlich stehen.
„Der Mann dort ist ein guter Freund von Vater“, flüsterte sie Anita zu. „Ich möchte wissen, was er in Port Perryn macht?“
Anita war ebenfalls stehengeblieben und bekam einen gelinden Schreck. Sie hatte Eduard Talgarth erkannt.
„Er ist über alle Meere gefahren“, berichtete Kim flüsternd weiter. „Vor einigen Monaten ist er zurückgekehrt, um bei seiner großen Liebe sesshaft zu werden.“
„Sie muss ihn sehr lieben, wenn sie so lange auf ihn gewartet hat“, wisperte Anita spöttisch zurück.
„Ach, ich spreche doch nicht von einem Mädchen.“ Kim lachte laut. Der Mann musste es gehört haben. „Wenn der ein Cornwall-Mädchen liebte, hätte er es mit auf sein Schiff genommen, da bin ich ganz sicher. Er ist so ein Typ, Anita.“
„Worüber sprichst du dann?“, fragte Anita, gegen ihren Willen neugierig.
„Er wollte einmal Bildhauer werden, doch sein Vater ging bankrott. Er war ein Spieler und Trinker und ein sehr bekannter Frauenheld in dieser Gegend. Eduard Talgarth ging zur See und machte große Frachtgeschäfte, um den Familienbesitz zurückzugewinnen. Er hatte Erfolg und kaufte das Erbe zurück. Das Schloss St. Avrell ist seine große Liebe. Es ist voller Schätze, Anita. Kostbare Möbel, alte Gemälde, echte Teppiche. Talgarth ist eine große Persönlichkeit und ein sehr aufregender Mann.“
„Aufregend“, murmelte Anita und sah, dass der Mann aufstand und auf sie und Kim zukam. Er
Weitere Kostenlose Bücher