Julia Extra 0353
hineinzugehen.
Glücklicherweise war das Gebäude offen und keine Menschenseele zu erblicken. Jennie ließ sich auf einer der Bänke nahe der Kanzel nieder.
Es war angenehm kühl in dem Gotteshaus. Die Ruhe tat ihr gut, und nach einer Weile merkte sie, wie sie sich zu entspannen begann. Ganz ohne ihr Zutun entfaltete sich ein innerer Dialog.
Ich möchte dich um einen Gefallen bitten. Es geht nicht nur um mich, sondern vor allem auch um Mollie. Letztes Mal, als ich hier gesessen habe, habe ich mich für ihn entschieden. Ich wünsche mir so sehr, dass er sich jetzt auch für mich entscheidet. Bitte hilf mir.
Nichts passierte. Kein Sonnenstrahl fiel durch die bunten Kirchenfenster, keine Engelschöre ertönten. Aber dennoch kam etwas in Jennies tiefstem Inneren zur Ruhe. Sie blieb einfach sitzen, ohne auf die Zeit zu achten, und erfreute sich an dem Gefühl, das sie wie eine warme Welle umspülte.
Als sie genug von diesem inneren Frieden in sich aufgenommen hatte, stand sie langsam auf und ging zum Altar hinüber. Plötzlich musste sie an die Kapelle in Las Vegas denken, in der Alex und sie geheiratet hatten. Ein größerer Kontrast war kaum vorstellbar. Dort der bunte, glitzernde Ort, das reine Showbusiness. Doch hier, in dieser kleinen Kirche mitten im Herzen Englands, verstand Jennie auf einmal, was Ehe wirklich bedeutete.
Der Hochzeitstag war eine Sache – die tatsächliche Prüfung begann erst danach. Obwohl die Umgebung damals wenig feierlich gewesen war, hatte sie ihren Treueschwur durchaus ernst gemeint. Ja, sie wollte mit Alex durch dick und dünn gehen, wollte es immer noch, trotz aller Schwierigkeiten, mit denen sie nicht gerechnet hatte.
Plötzlich hörte sie eine der schweren Türen knarren und zuckte zusammen. Bestimmt war es einer dieser gut betuchten Städter, der mal einen Blick in die kleine Provinzkirche werfen wollte. Warum konnte man nicht mal allein sein?
Langsam drehte sie sich um und erstarrte.
Eine vertraute Silhouette kam ihr entgegen. Alex.
Wie hatte er sie gefunden? Er wollte doch erst morgen zurückkommen.
Im Halbdunkel der Kirche war es unmöglich, sein Gesicht zu sehen, geschweige denn seinen Ausdruck zu erkennen. Mit ängstlichem Blick erwartete sie ihn, bereit, dem Schicksal ins Auge zu sehen.
Der Raum schien zu schrumpfen, während Alex immer näher kam … Es waren nur einige Sekunden, bis er sie erreichte, doch es schien wie eine Ewigkeit. Erst als er dicht vor ihr stand, konnte sie seine Züge erkennen.
Sein Blick war nur auf sie gerichtet.
Seine ausdruckslose Maske war verschwunden, die Augen leuchteten voller Feuer und Entschlossenheit …
Tränen schossen ihr in die Augen, und sein Bild verschwamm. Das machte nichts. Nie im Leben würde sie diesen Blick von ihm vergessen. Es war der Alex, den sie liebte. Und er kam zurück zu ihr.
Im nächsten Moment lagen sie sich in den Armen. Er zog sie so fest an sich, dass Jennie kaum noch Luft bekam. Aber es war ihr egal. Auf diesen Augenblick hatte sie so lange gewartet. Wie aus der Ferne hörte sie ihr eigenes Lachen, bis es von seinen Lippen auf die wundervollste Art unterbrochen wurde.
Einige Zeit später flüsterte er ihr etwas ins Ohr, doch Jennie verstand es nicht. Sie war viel zu glücklich, um irgendwelche Laute zu interpretieren. Als sie nicht reagierte, versuchte er es noch einmal.
„Jennie …? Willst du mich heiraten?“
Verwirrt schaute sie ihn an. „Hm?“
Alex strahlte sie an. Oh, wie sehr hatte sie dieses Lächeln vermisst!
„Aber wir sind doch schon verheiratet!“
Alex lachte laut auf. „Ist das ein Ja?“
„Ich … aber … aber …“
Er nahm sie fest in den Arm. „Lass es uns noch einmal machen. Genau hier, wenn du willst.“
„Warum? Ich brauche das nicht, Alex.“ Zärtlich strich sie ihm über die Lippen. „Alles, was ich will, bist du.“
Sein Ausdruck wurde wieder ernst. „Deshalb möchte ich es diesmal richtig machen. Nicht aus einer Laune heraus, sondern mit dem Wissen, was wir wirklich wollen. Und ich will dich, Jennie. Für immer!“
Erneut verschwamm ihr alles vor Augen.
„Ich war ein solcher Idiot“, murmelte er.
Jennie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Aber du bist mein Idiot. Für mich musst du nicht perfekt sein. Nur menschlich – und dazu gehört es nun einmal, sich der eigenen Trauer zu stellen. Du hast so viel durchgemacht!“
Alex nickte. „Ja, aber mir war nicht bewusst, dass ich vor meinen Gefühlen davongelaufen bin. Du hattest vollkommen
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